Bevorratung in Zeiten von Engpässen |
Lukas Brockfeld |
05.12.2024 11:30 Uhr |
Gerade im Winter 2022/23 waren viele Medikamente knapp. / © IMAGO/Eibner Europa
Im Winter 2022/23 wurde Deutschland von einer heftigen Welle an Atemwegserkrankungen getroffen. Gleichzeitig waren viele Arzneimittel, vor allem Antibiotika und Fiebermittel, für Kinder knapp. Laut dem Infektionsreport der Techniker Krankenkasse (TK) und des aQua-Instituts waren dafür offenbar auch die Bevorratung der Apotheken und eine unzureichende Verteilung der verfügbaren Arzneimittel verantwortlich. TK-Chef Jens Baas fordert daher die Offenlegung der Arzneimittel-Lagerbestände, um einen Überblick über die Medikamentenbestände in Apotheken sowie im Großhandel zu bekommen.
Für den Infektionsreport wurden die eingekauften und abverkauften Tagesdosen von Antibiotika und Fiebermitteln miteinander verglichen. Demnach wurden von April 2021 bis einschließlich März 2022 bundesweit von Apotheken knapp 100 Millionen Tagesdosen kindgerechter Fiebermittel eingekauft und wieder verkauft. Die Bevorratungsquote, also die Differenz von eingekauften und verkauften Arzneimitteln, lag bei 1 Prozent.
Im darauffolgenden Winter, in dem ungewöhnlich viele Menschen an Atemwegserkrankungen litten, zeigt sich laut TK-Report ein anderes Bild: Von April 2022 bis März 2023 wurden 145 Millionen Tagesdosen eingekauft, aber nur 136 Millionen Tagesdosen abgegeben. Das entspricht einer Bevorratungsquote von 6,2 Prozent. Ähnlich sah es im Zeitraum von April 2023 bis März 2024 aus. Hier wurden 127 Millionen Tagesdosen eingekauft und 118 Millionen Tagesdosen an die Patientinnen und Patienten abgegeben. Die Bevorratungsquote lag mit 7,1 Prozent ähnlich hoch wie im Winter zuvor.
Die Autoren des Infektionsreports weisen darauf hin, dass diese zusammenfassende Darstellung nicht den zeitlichen Verlauf und die Verfügbarkeit einzelner Arzneimittel in den Apotheken vor Ort wiedergebe. Die Zahlen ließen also nicht den Schluss zu, dass Fiebermittel immer in ausreichender Zahl verfügbar waren. Man könne allerdings folgern, dass aufgrund einer Verteilungsproblematik Angebot und Nachfrage an kindgerechten Fiebermitteln nicht genügend aufeinander abgestimmt waren.
Die Daten des Reports zeigen außerdem deutliche regionale Unterschiede. Im dritten Quartal des Jahres 2022 – also noch vor Beginn der Erkältungssaison – lag die Bevorratungsquote in Hamburg beispielsweise bei 26 Prozent, in Baden-Württemberg waren es 94 Prozent. 2021 seien die Zahlen in allen untersuchten Bundesländern auf einem ähnlichen Niveau gewesen. Im Jahr 2024 hätten sich die Werte wieder allmählich angenähert.
Inzwischen hat sich die Verfügbarkeit von Fiebersäften und anderen Kinderarzneimitteln verbessert. Damit eine Mangelsituation in Zukunft vermieden werden kann, schlagen die Autoren des Infektionsreports neben verbesserten Lieferketten auch mehr Transparenz darüber vor, wo und in welcher Menge sich bestimmte Arzneimittel zu einem bestimmten Zeitpunkt befinden. »Idealerweise könnte dann eine kluge Steuerung eine übermäßige Bevorratung verhindern und eine ausgeglichene Verteilung begünstigen«, heißt es abschließend.