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Mögliches Exercise-Mimetikum

Betain vermittelt positive Effekte von Sport

Welche physiologischen und molekularen Veränderungen durch eine akute beziehungsweise  durch eine langfristige körperliche Betätigung im menschlichen Körper ausgelöst werden, war bisher im Detail nicht bekannt. Diese Erkenntnislücke schließt eine Publikation chinesischer Forschenden, die zusätzlich eine Überraschung für diejenigen bereithalten, die sich eine kleine pharmakologische Unterstützung beim Training wünschen.
AutorKontaktTheo Dingermann
Datum 30.06.2025  13:15 Uhr

Körperliche Betätigung führt je nach Dauer und Häufigkeit zu unterschiedlichen physiologischen Anpassungen. Eine akute körperliche Betätigung löst unmittelbare Stoffwechsel- und Immunreaktionen auf die physiologische Herausforderung aus, während ein regelmäßiges körperliches Training tiefgreifende Optimierungen verschiedener Systeme, darunter die Immunfunktion, die Vitalität der Stammzellen, die Regenerationsfähigkeit des Gewebes und die Neuroplastizität mit Verbesserungen der kognitiven Leistungsfähigkeit induziert. All diese Effekte beschreiben jetzt chinesische Forschende um Lingling Geng vom Aging Translational Medicine Center in Peking in molekularen Details in einer Publikation im Fachjournal »Cell«.

Für die Studie rekrutierten die Forschenden 13 gesunde männliche Probanden, die zunächst eine 45-tägige Baseline-Phase (BL) mit eingeschränkter Bewegung, gefolgt von einem einzelnen 5-km-Lauf (AE) und schließlich einem 25-tägigen Langzeittrainingsprotokoll (LE) mit täglichen 5-km-Läufen absolvierten. Von den Probanden wurden Blut- (prä- und post-AE sowie post-LE) und Stuhl-Proben analysiert. Zusätzlich untersuchten die Forschenden die Probanden auch umfassend körperlich.

Akute Reaktionen auf Bewegung

Nach einer einzigen Laufeinheit veränderten sich von 31 untersuchten biochemischen Blutparametern sowie Entzündungsmarkern 24 signifikant. Besonders markant war der Anstieg freier Fettsäuren (NEFA) um das 2,84-Fache und der Abfall der Gesamt-Gallensäuren auf 53 Prozent des Ausgangswerts. Auch bei den entzündlichen Faktoren zeigte sich eine starke Aktivierung, darunter vor allem von Interleukin-6 (IL-6) und von Calgranulin C, dem extrazellulären Rezeptor für fortgeschrittenes Verzuckerungs-Endprodukt (EN-RAGE). Calgranulin C ist ein zytosolisches Protein, das in Granulozyten, Monozyten und Keratinozyten vorkommt.

Eine Einzelzell-RNA-Sequenzierung ergab, dass sich auch die relative Häufigkeit bei etwa der Hälfte der peripheren Blutzelltypen ändert. Insbesondere stieg die Zahl natürlicher Killerzellen und CD8⁺-T-Zellen bei gleichzeitiger Reduktion unreifer Zellen. Dies deuten die Forschenden dahingehend, dass durch die Laufeinheit eine verstärkte Immunüberwachung induziert wurde. Das zeigt sich unter anderem daran, dass bestimmte Immunzellen vermehrt ins Blut mobilisiert wurden. Gleichzeitig wurden vermehrt Stresshormone wie Cortison ausgeschüttet und bestimmte Rezeptoren auf den Immunzellen (wie CXCR4) aktiviert. Dies deutet darauf hin, dass auch der durch Glukokortikoide gesteuerte Stoffwechsel aktiviert wurde.

Durch den Lauf wurden vermehrt anaerobe Glykolyseprodukte (Lactat, Pyruvat) gebildet, Lipolysemarker (Glycerin) und kurzkettiger Carnitinester, die auf eine vermehrte β-Oxidation hindeuten, traten vermehrt auf. Aminosäuren waren zudem nahezu vollständig verbraucht. Proteom-Analysen ließen zudem erkennen, dass eine kurzfristige körperliche Aktivität auch mit oxidativem Stress und Gewebeumbau assoziiert ist. 

Langfristige Anpassungen durch regelmäßiges Training

Im Gegensatz zur vorübergehenden Natur der Reaktionen auf eine akute körperliche Betätigung führte ein regelmäßiges Training zu stabilen, systemischen Verbesserungen. Insgesamt veränderten sich elf der 31 biochemischen Parameter dauerhaft. So sank der Wert des indirekten Bilirubins deutlich, was auf eine verbesserte hepatische Bilirubinverarbeitung hindeutet. Gleichzeitig sanken Marker für Entzündung wie hochsensitives C-reaktives Protein (hsCRP), TNF-α und CCL25, was die anti-inflammatorischen Effekte von regelmäßigem Training unterstreicht.

Das Immunsystem wurde umstrukturiert – so nahm die Zahl naiver T-Lymphozyten zu und die Zahl der Neutrophilen ab. Transkriptomische Untersuchungen zeigten, dass sich durch LE das Genexpressionsmuster deutlich veränderte, besonders in myeloischen Zellen. Gene, die mit genomischer Stabilität und antioxidativer Kapazität verbunden sind, waren hochreguliert, während Zeichen zellulärer Seneszenz zurückgingen.

Die Forschenden identifizierten zudem  Betain, ein natürlicher Methylspenders, als Schlüsselmolekül für die geroprotektiven Effekte von LE. Betain wurde durch LE selektiv in verschiedenen Organen angereichert, nicht jedoch durch AE oder Mikrobiota-Aktivitäten im Dickdarm. 

Betain wirkt als endogener TBK1-Inhibitor 

Der Publikation zufolge bindet Betain direkt an die TANK-binding kinase 1 (TBK1) und hemmt deren Aktivität. Bei der TBK1 handelt es sich um eine Serin/Threonin-Proteinkinase, die vor allem eine Rolle bei der antiviralen Reaktion der angeborenen Immunität spielt. Darüber hinaus reguliert TBK1 auch die Zellproliferation, Apoptose, Autophagie und die Anti-Tumor-Immunität.

Die Bindung von Betain an TBK1 verringert in vitro und in vivo die Phosphorylierung des Interferon-regulierenden Faktors 3 (IRF3) und des Transkriptionsfaktors NF-κB-p65, was wiederum die Expression proentzündlicher Zytokine wie TNF-α, IL-6 und IL-1β reduziert.

Zudem zeigte Betain in verschiedenen Zellmodellen der zellulären Alterung eine effektive Antiseneszenz-Aktivität. In alternden Mäusen verbesserte Betain die kognitive Funktion, die motorische Koordination und die Muskelhomöostase und reduzierte altersbedingte Fibrosen und Lipidansammlungen in mehreren Organen. 

Die Studie des chinesischen Forschungsteams liefert ein detailliertes Bild davon, wie sich der Körper auf molekularer Ebene an körperliches Training anpasst. Dabei wurde das Molekül Betain als wichtiger Vermittler identifiziert – es scheint sowohl entzündungshemmende als auch geroprotektive Wirkungen zu haben. Diese Erkenntnisse könnten helfen, sogenannte Exercise-Mimetika zu entwickeln – also Wirkstoffe, die ähnliche gesundheitliche Vorteile wie Sport bieten und zur Vorbeugung altersbedingter Erkrankungen eingesetzt werden könnten.

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