Besser Rippen brechen als Nichtstun |
Man kann bei einem Herzstillstand nur drei Dinge falsch machen. 1. gar nichts tun, 2. den Betroffenen in die stabile Seitenlage bringen und 3. nicht fest genug bei der Herzmassage drücken. Am besten ist regelmäßiges Üben im Erste-Hilfe-(Auffrischungs-)Kurs. / © Getty Images/Seksan Mongkhonkhamsao
Einen Erste-Hilfe-Kurs sollte jeder machen und am besten regelmäßig wiederholen. Aber auch, wer sich nicht ganz fit fühlt, sollte nicht untätig rumstehen, wenn jemand einen Herzstillstand erleidet. Professor Dr. Bernd Böttiger ist Bundesarzt des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Rates für Wiederbelebung. Er fordert, dass Erste Hilfe im Schulunterricht deutschlandweit verpflichtend etabliert wird. Zum Welt-Erste-Hilfe-Tag am 13. September erklärt er, wie eine Herzdruckmassage funktioniert und welche drei Fehler man in Notfällen vermeiden sollte.
Wie wichtig sind Ersthelfende beziehungsweise Laien, wenn es zu einem Kreislaufstillstand kommt?
Bernd Böttiger: Ihr schneller Einsatz ist im wahrsten Sinne des Wortes lebensrettend. Viele Menschen wissen nicht, dass man beim Kreislaufstillstand nicht abwarten darf, bis der Rettungsdienst eintrifft. Das wäre das Todesurteil für die betroffene Person. Wenn das Herz nicht mehr schlägt, gelangt nämlich kein Blut und damit kein Sauerstoff mehr ins Gehirn. Dabei verbraucht das Gehirn mit seinen hoch entwickelten Nervenzellen rund 20 Prozent des Sauerstoffs, obwohl es nur ein bis zwei Prozent des Körpergewichts ausmacht. Schlägt das Herz nicht mehr, stirbt das Gehirn nach drei bis fünf Minuten. Der Rettungsdienst ist hierzulande im Median nach neun Minuten vor Ort.
Hier kommen Ersthelferinnen und Ersthelfer ins Spiel: Ihre Aufgabe ist, die Zeit zu überbrücken. Und zwar, indem sie die Pumpfunktion des Herzens von außen übernehmen – mit einer Herzdruckmassage.
Wie erkenne ich als Ersthelfer oder Ersthelferin einen Herzstillstand – und wie gehe ich dann vor?
Böttiger: Viele haben noch das Bild des dänischen Fußballspielers Christian Eriksen im Kopf, der 2021 während eines EM-Spiels kollabiert ist. Er hatte Glück, dass das in einem Umfeld passiert ist, in dem viele wussten, wie die Herzdruckmassage geht. Und deshalb ist er auch heute noch Profifußballer. Die meisten solcher Notfälle (schätzungsweise 70 Prozent) passieren zu Hause. Jemand kippt um oder fällt einfach vom Stuhl. Das Vorgehen ist immer gleich: Prüfen, Rufen, Drücken.
Die Frequenz beim Drücken ist übrigens etwa zweimal pro Sekunde. Ich empfehle jeder und jedem, sich ein Lied zu merken, das man sich im Notfall vor Augen führen kann. Der Klassiker ist »Stayin' Alive« von den Bee Gees, aber der Radetzky-Marsch von Strauss oder »Atemlos« von Helene Fischer gehen auch.
Kann man bei der Reanimation etwas falsch machen?
Böttiger: Man kann drei Dinge falsch machen. Erstens: Gar nichts tun – das ist das Allerschlimmste. Der zweite Fehler ist, einen Herzkreislaufstillstand nicht zu erkennen und die Person erst einmal in die stabile Seitenlage zu legen. Das ist ungefähr so effektiv wie gar nichts zu tun. Leider ist die stabile Seitenlage in vielen Köpfen fest verankert, sodass sie häufig fälschlicherweise auch bei einem Herzstillstand zum Einsatz kommt.
Der dritte Fehler ist, bei der Herzdruckmassage nicht fest genug zu drücken oder im Anschluss nicht genug zu entlasten. Viele Leute haben Sorge, dass sie der Person die Rippen brechen und sind zu zurückhaltend. Selbst in Lehrfilmen sehe ich immer wieder, dass nicht fest genug gedrückt wird.
Fünf bis sechs Zentimeter tief drücken, das ist schon sehr viel. Da brechen oft auch Rippen. Doch diese Brüche heilen wieder – es geht erst einmal darum, dass die Person überlebt. Wenn es Rippenbrüche gibt, weiß ich als Notfallmediziner in der Regel: Da ist jemand gut reanimiert worden.