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Gematik-Spitze im Gespräch

Besser als beim E-Rezept

Die neue Dreierspitze der Gematik ist erst wenige Monate im Amt – und muss mit der flächendeckenden Einführung der Elektronische Patientenakte (EPA) das vielleicht größte Digitalisierungsprojekt des Landes stemmen. Die PZ sprach mit Florian Fuhrmann, Brenya Adjei und Florian Hartge über diese Herausforderung und warum diesmal alles besser laufen soll als beim E-Rezept.
Alexander Müller
09.01.2025  12:00 Uhr

Nach dem Weggang von Markus Leyck Dieken Ende 2023 wurde die Führung der Gematik neu aufgestellt. Seit September führt ein Team: Florian Fuhrmann ist als Vorsitzender der Geschäftsführung zuständig für die Bereiche Strategie und Standards, Recht und Finanzen. Brenya Adjei verantwortet Personal, IT und Kommunikation. Und Florian Hartge, der die Gematik interimsmäßig geleitet hatte, kann sich jetzt voll auf die Bereiche Produktion, Sicherheit und Betrieb konzentrieren. Die drei machen den Eindruck eines heterogenen, aber gut abgestimmten Teams.

Fast zwangsläufig geht mit so einem Umbruch ein Wechsel in der Unternehmenskultur einher. In zufällig zusammengewürfelten Runden trifft sich die Unternehmensspitze jede Woche mit jeweils 30 Mitarbeitenden zum Kaffee am Morgen – zum Kennenlernen. Viel Zeit für den gemütlichen Austausch bleibt bei der Gematik aber nicht, vor allem aktuell nicht. Denn Mitte Januar startet in den Pilotregionen die Umsetzung der elektronischen Patientenakte (EPA).

Mit den Fachverbänden, darunter der Deutsche Apothekerverband (DAV) ebenso wie Patientenvertreter, wurde in Workshops erarbeitet, was den jeweiligen Gruppen wichtig ist. »Co-Creation« und »Collaboration mit unseren Stakeholdern« nennt Gematik-Chef Fuhrmann das. »Wir wollen ganz früh in der Produktentwicklung die Wünsche und Meinungen der Nutzer, also der Patienten, Ärzten, Apotheken und Krankenhäusern miteinbeziehen.« Die Apothekerinnen und Apotheker werden von der Gematik-Spitze übrigens als sehr angenehme Gesprächspartner beschrieben – mit vielen eigenen Ideen und nachvollziehbaren Badarfen.

Für ein schnelles Meinungsbild setzt die Gematik zudem auf ihre Panels. Mehrere tausend Menschen können nach Berufsgruppen gestaffelt befragt werden – ob zum Beispiel das E-Rezept in Apotheken in Westfalen stabil läuft. Auch der TI-Atlas der Gematik wird mit diesem Tool gepflegt. Als nächster Schritt ist laut Fuhrmann eine ärztliche Stabsstelle geplant.

Aus dem E-Rezept lernen

Die verpflichtende Nutzung des E-Rezepts Anfang des Jahres war keine reine Erfolgsgeschichte. Die Ausfälle am Anfang häuften sich, das lag zum Großteil, aber nicht ausschließlich, an einem überforderten Dienstleister. Auch bei der Anwendung in den Praxen gab es viele vermeidbare Fehler, die sich mit besserer Kommunikation vielleicht hätten vermeiden lassen.

Wenn man die Gematik googelt, ist eine der ersten Auto-Vervollständigungen »Störungen«. Ist die neue Spitze genervt von diesem Image? Fuhrmann nimmt es sportlich. Es gebe zwei Arten von Verfügbarkeit: die reale, in Zahlen messbare, die sei sehr hoch. Und es gebe die »gefühlte und emotionale« Verfügbarkeit. »Wenn genau in meiner Praxis oder meiner Apotheke der Kartenleser nicht funktioniert oder die PIN-Eingabe, ist das in der Situation äußerst ärgerlich. Und wir müssen beides gleichermaßen ernst nehmen«, so Fuhrmann.

Adjei ist überzeugt, dass aus den Fehlern gelernt wurde: »Die Erfahrungen mit dem E-Rezept helfen uns jetzt bei der Einführung der EPA. Das ist ein toller Wegbereiter.« Die EPA werde von allen Beteiligten als gemeinsames Projekt verstanden. »Alle wollen, dass es gut wird. Manchmal diskutiert man ein bisschen über das Wie, über die Zeitpläne oder die Reihenfolge. Aber grundsätzlich ist das ein ganz positiver Spirit.«

Auch Fuhrmann ist froh, dass heute nicht mehr fundamental über die EAU oder das E-Rezept diskutiert wird. »Bei der EPA ziehen nun alle an einem Strang.« Hartge ergänzt: »Wir haben aus dem E-Rezept viel gelernt. Wir haben viel mit den Anbietern der Infrastrukturkomponenten gesprochen, über ihre Ausfallsicherheit. Kann ich heute zu hundert Prozent versprechen, dass gar nichts passiert? Nein, diese Garantie wird es nicht geben.« Aber er sei sehr zuversichtlich, dass die EPA in der Praxis gut funktioniert, so der IT-Fachmann.

Um den Einstieg zu erleichtern, stellt die Gematik kleine Videos bereit, kurze Erklärungen, was die EPA ist. Zudem werden mit den einzelnen Stakeholdern große digitale Veranstaltungen durchgeführt, berichtet Adjei. Dabei sollen erste Einblicke in die EPA-Module vorgestellt werden. Um die Patienten mitzunehmen, ist außerdem eine Point-of-Care-Kommunikation vorgesehen. Die Gematik stellt Pakete zur Verfügung, Apotheken und Praxen können Flyer und Aufsteller kostenlos bestellen, Versand inklusive. Bis zu 90.000 Pakete könnten hierfür abgerufen werden, so Adjei.

»Die Einführung der EPA ist eins der größten IT-Projekte in Deutschland, im Gesundheitswesen sowieso, aber wahrscheinlich auch branchenübergreifend«, sagt Fuhrmann. Alle arbeiteten mit Hochdruck daran, die Industrie wie auch die Leistungserbringer. Die schrittweise Einführung sei der Komplexität geschuldet. »Wir müssen mit viel Konzentration und Impetus dranbleiben, weil sie einfach die Versorgung der Menschen spürbar verbessern wird.«

Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz kommt nicht

Eigentlich sollte die Gematik für ihre Großbaustellen noch Rückenwind vom Gesetzgeber bekommen: Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hatte seine Reform schon auf den Weg gebracht. Doch das Gesundheits-Digitalagentur-Gesetz (GDAG) fiel wie viele andere Ampel-Projekte dem Bruch der Koalition zum Opfer.

Für die Arbeit der Gematik wäre das geplante differenzierte Marktmodell interessant gewesen, um im zentralen Vergabeverfahren mehr Ordnung und damit mehr Stabilität in die Telematikinfrastruktur zu bringen. Beim E-Rezept etwa gab es laut Hartge 432 verschiedene Kombinationen von Produkten, und da seien Praxis- und Apothekensysteme noch gar nicht mitgerechnet. »Das war infrastrukturtechnisch schon eine echte Herausforderung«, so Hartge.

Zum GDAG wie zu allen laufenden Gesetzgebungsverfahren äußert sich die Gematik-Spitze nicht, Fuhrmann legt nur Wert auf die Feststellung, dass man auch ohne die Reform »voll arbeitsfähig« sei. »Unsere Strukturen sind fest und klar, sodass wir an den operativen Strängen nicht rütteln müssen.« In der nächsten Legislaturperiode würden diese Themen ohnehin wieder diskutiert werden.

Adjei will mit Sorgen der Industrie aufräumen: »Wir haben kein Eigeninteresse im Markt, aber wir haben schon Interesse an der Stabilität. Die Komplexität der Gesamtstruktur ist vielen vielleicht nicht so klar. Aber das Fundament des Hauses muss stabil sein, wenn man oben weiterbauen möchte.«

Und Stabilität wird wichtiger, je mehr die Produkte im Versorgungsalltag genutzt werden. »Angesichts von jetzt über 540 Millionen eingelösten E-Rezepten und einer ›ePA für Alle‹ verlässt sich der Markt darauf, dass diese Produkte funktionieren. Wenn die Stabilität nicht gewährleistet ist, ist das ein großes Ärgernis – und wird zu einem Politikum«, so Fuhrmann.

Musste Card-Link wirklich sein?

Apropos Politikum: Über ein Thema spricht man bei der Gematik bis heute nicht besonders gern: Card-Link. Das BMG hatte den vierten Einlöseweg für E-Rezepte gegen die Stimmen aller anderen Gesellschafter mit der eigenen Mehrheit durchgesetzt. Nun scheinen sich die Befürchtungen der Apotheker zu bewahrheiten: Der Versandhandel kauft sich mit großen Marketingbudgets deutlich Marktanteile ein.

War es rückblickend wirklich notwendig, diesen Weg zu eröffnen? Hartge: »Es ging darum, der Bevölkerung die Möglichkeit zu geben, das E-Rezept digital einzulösen und dafür gibt es jetzt eine Lösung, die offensichtlich angenommen wird. Insofern hat es mit Blick auf die Patientinnen und Patienten geholfen.« Fuhrmann hatte aber schon im Talk bei der Expopharm erneut versichert, dass es sich um eine Übergangstechnologie handele. Mit der Einführung der GesundheitsID sei Card-Link Geschichte.

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