Beschäftigungsausblick in Gesundheitsbranche sinkt |
Melanie Höhn |
12.09.2025 10:02 Uhr |
89 Prozent der Unternehmen im Bereich Gesundheitswesen und Life Sciences geben an, Schwierigkeiten zu haben, die von ihnen benötigten qualifizierten Fachkräfte zu finden. / © Adobe Stock/Heiko
Die Stimmung in Deutschlands Unternehmen trübt sich weiterhin ein. Das aktuelle Arbeitsmarktbarometer des Personaldienstleisters »Manpower Group« für das vierte Quartal 2025 zeigt für den Bereich Gesundheitswesen und Life Sciences eine rückläufige Entwicklung: Der Beschäftigungsausblick (NBA) sinkt von 28 Prozent im Vorjahr auf 17 Prozent – ein Rückgang von 11 Prozentpunkten. »Das bisher als sicher geltende Berufsfeld verliert damit deutlich an Schwung, was auf strukturelle Unsicherheiten oder Reformstaus im Gesundheitswesen zurückzuführen sein könnte«, heißt es zur Erklärung seitens der Manpower Group.
Der Netto-Beschäftigungsausblick wird berechnet, indem der Prozentsatz der Arbeitgeber, die im kommenden Quartal Personalabbau planen, von dem der Arbeitgeber, die im gleichen Zeitraum mit Stellenzuwächsen rechnen, abgezogen wird. Ein positiver NBA-Wert bedeutet, dass per Saldo mehr Arbeitgeber planen, ihren Personalbestand in den nächsten drei Monaten zu erhöhen als Personal abzubauen.
89 Prozent der Unternehmen im Bereich Gesundheitswesen und Life Sciences geben darüber hinaus an, Schwierigkeiten zu haben, die von ihnen benötigten qualifizierten Fachkräfte zu finden. Der Wert ist im Vergleich zu 2024 nahezu gleich. Der Industriesektor büßt sieben Prozentpunkte ein und weist nun einen NBA von 12 auf, was den schlechtesten Wert aller Branchen darstellt.
Für die aktuelle Ausgabe des Manpower Group Arbeitsmarktbarometers wurden weltweit 40.533 Arbeitgeber in 42 Ländern, darunter 1050 Arbeitgeber in Deutschland, hinsichtlich ihrer Personalpläne für das vierte Quartal 2025 sowie zu ihren Gründen für Personalaufbau oder -abbau befragt.
Wenn man nur die Unternehmensgröße betrachtet, variieren die Beschäftigungsaussichten laut der Prognose jedoch erheblich. Besonders auffällig: Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden zeigen mit einem NBA-Anstieg von elf Prozentpunkten gegenüber dem Vorquartal den deutlichsten Stimmungsaufschwung – allerdings ausgehend von einem sehr niedrigen Niveau. Mit einem NBA von lediglich zehn Prozent bleibt ihre Einstellungsbereitschaft im Gesamtvergleich verhalten.
Großunternehmen mit 1000 bis 4999 Mitarbeitenden verzeichnen mit 23 Prozent eine rückläufige Tendenz, bleiben aber im soliden Bereich. Größere Mittelständler verzeichnen mit 23 Prozent einen leichten Anstieg um drei Punkte. Kleinere Betriebe mit bis zu 49 Mitarbeitenden verlieren einen Punkt auf 12 Prozent.
Die IT-Branche kann sich mit einem Netto-Beschäftigungsausblick von 24 Prozent im Vergleich zum Vorquartal zwar leicht um drei Prozent steigern, verzeichnet auf Jahressicht aber einen Rückgang von 17 Prozentpunkten im Vergleich zum Vorjahr und damit den stärksten Einbruch aller untersuchten Sektoren im Vorjahresvergleich. Dies könne laut Manpowergroup unter anderem auf die zunehmende Verbreitung KI-gestützter Low- und No-Code-Lösungen zurückzuführen sein, die vor allem im Bereich der Softwareentwicklung klassische IT-Tätigkeiten ersetzen und den Bedarf an Fachkräften sowie auch bei Einstiegspositionen verändern.
»Was wir aktuell beobachten, ist keine dramatische Trendwende, sondern eine erwartbare Reaktion deutscher Unternehmen. Nach einer Phase mit hohen oder stark schwankenden Werten pendeln sich die Erwartungen der Unternehmen auf einem mittleren bis unteren Niveau ein und reflektieren so die aktuelle Lage. Das zeigt: Der Arbeitsmarkt sortiert sich neu – in einem Umfeld, das weiterhin von Transformation geprägt ist«, ordnet Iwona Janas, Country Manager der Manpower Group Deutschland, die Ergebnisse der Studie ein. »Auch wenn sich die Konjunktur gerade eintrübt, müssen Unternehmen wachsam bleiben. Als atmende Organisation sollte man gut vorbereitet sein – um bei einem Wiederaufschwung schnell reagieren und aktiv werden zu können«, sagt Janas.
Der Blick auf die Energiebranche zeigt ein differenziertes Bild: Der Sektor erholt sich spürbar und legt im Vergleich zum Vorquartal beim NBA um 20 Prozentpunkte auf einen Wert von 22 Prozent zu. Im Jahresvergleich bedeutet das sogar einen Anstieg von 27 Prozentpunkten – möglicherweise aufgrund wachsender Investitionen in Energiewende-Projekte und den Ausbau kritischer Infrastruktur. Gleichzeitig zeigt die Entwicklung der vergangenen zwei Jahre, dass der Bereich stark schwankt: Zwischen Q4/2023 und Q3/2025 bewegten sich die Werte von 47 Prozent bis 22 Prozent aktuell mit minus 5 Prozent als Tiefpunkt in Q4/2024.
Auffällig ist laut Bericht die Entwicklung auch im Bereich Transport, Logistik und Automotive. Nach einem Wert von 31 Prozent im Jahr 2024 fällt der NBA auf 17 Prozent – ein Rückgang um 13 Punkte im Jahresvergleich. Damit verliert dieser Sektor an Boden, der bisher als besonders robust galt. Die Stimmung in der Branche habe sich insbesondere durch Investitionsverzögerungen sowie die Unsicherheiten im Zusammenhang mit US-Strafzöllen und globalen Handelskonflikten verschlechtert.
Nahezu unverändert, doch leicht verbessert im Vergleich zum Vorquartal zeigen sich die Finanz- und Immobilienbranche, der Bereich Konsumgüter und Dienstleistungen sowie der Telekommunikationssektor, der mit einem NBA von 27 Prozent in diesem Quartal die besten Beschäftigungsperspektiven prognostiziert.
Regional zeigt sich ein heterogenes Bild: Das Ruhrgebiet erlebt mit einem Plus von 30 Prozentpunkten ein starkes Comeback und weist mit einem Netto-Beschäftigungsausblick von 41 Prozent den höchsten Wert aller Regionen auf – allerdings gilt die Region seit Jahren als volatil. Berlin, zuvor an der Spitze, verliert sieben Punkte und rutscht auf Platz zwei mit 26 Prozent ab.