Bei Jauch klappt’s, in echt hakt es noch immer |
Cornelia Dölger |
25.02.2025 13:08 Uhr |
Ob sich die Prozesse rund um die E-Rezept-Einlösung ein Jahr nach dessen Einführung eingespielt haben, wollte Bild.de von den Leistungserbringern wissen. / © IMAGO/Steffen Schellhorn
In der Werbung klappt es mit dem E-Rezept reibungslos. Testimonial Günther Jauch hält im Spot für Shop Apotheke seine Gesundheitskarte ans Smartphone und dann läuft es. Dass es in Wirklichkeit nicht so rund lief beim bundesweiten E-Rezept-Start im Januar 2024 und es noch heute immer wieder zu Störungen, Verzögerungen und Ausfällen kommt, berichtet jetzt Bild.de und fragt: »Ein Jahr E-Rezept: Warum gibt’s immer noch so viele Probleme?« Und: »In der Werbung mit TV-Legende Günther Jauch wirkt alles so einfach: Einfach die Krankenkasse-Karte ans Handy halten. Wenn es doch nur überall so klappen würde wie bei dem Anbieter!«
In der Bilanz listet Bild.de Erfahrungen der Leistungserbringer mit der elektronischen Verordnung auf und lässt zudem das Bundesgesundheitsministerium (BMG) sowie die Gematik zu Wort kommen. ABDA-Präsident Thomas Preis kritisiert in dem Bericht, dass es inzwischen zwar etwas weniger Probleme rund um die Rezepteinlösung gebe, aber: »Das System läuft noch immer nicht rund.«
Preis nimmt das Problem fehlender Arztunterschriften bei Stapelsignaturen in den Blick, das in den Apotheken dazu führt, dass E-Rezepte erst verspätet abgerufen werden können. »Jede Apotheke kann von viel zu vielen gefrusteten Patienten berichten, die sich oft mehrmals täglich in der Apotheke erkundigen, ob das Rezept endlich abgerufen werden kann«, kritisiert der ABDA-Präsident. Jeder zusätzliche Weg sei für die Patienten eine unnötige Belastung und binde das ohnehin knappe Personal in Apotheken zusätzlich.
Die Ärzteseite verweist ihrerseits auf einen Mehraufwand für Praxen. Bereits signierte E-Rezepte könnten nicht einfach korrigiert werden, wenn sie in der Apotheke schon abgerufen wurden. Eine Sprecherin des Hausärzteverbands kritisiert: »Dass es hierfür keine benutzerfreundliche technische Lösung gibt, kostet alle Beteiligten Zeit und Nerven.«
Zu den Problemen beim Handling kommen technische Störungen. Gerade zu Beginn der Einführungsphase Anfang vergangenen Jahres häuften sich die Störungsmeldungen. Während eines zentralen Ausfalls der Telematik-Infrastruktur (TI) im Februar 2024 mussten die Apotheken ihre Patientinnen und Patienten, die ein E-Rezept einlösen wollten, wieder zurück in die Praxis schicken, damit diese ihnen ein Muster-16-Rezept ausstellt.
So heftig ruckelt es mittlerweile nicht mehr. Dass es aber nach wie vor zu Ausfällen von TI-Komponenten kommt, die mehrere Stunden dauern könnten, berichtet etwa Jan-Niklas Francke, Vorstandsmitglied des Deutschen Apothekerverbands (DAV). Auch die Fachärzte beklagen in dem Bericht »weiterhin massive Probleme« mit der TI.
Bei BMG und Gematik verfängt das nicht. Auf Anfrage von Bild.de erklärt eine Gematik-Sprecherin, der Verordnungs- und Einlöseprozess sei komplex, Störungen beträfen nicht das gesamte System und seien meist schnell vom betroffenen Dienstleister zu beheben. Das BMG betont laut dem Bericht, dass ihm von grundsätzlichen Problemen beim Rezept-Ausstellen nichts bekannt sei.
Mehr als 630 Millionen E-Rezepte wurden laut TI-Dashboard der Gematik inzwischen eingelöst. Einen Schub erhielten die Versender, als im Frühjahr vergangenen Jahres das Card-Link-Verfahren eingeführt wurde – ein viel kritisierter Alleingang des BMG, das seine Mehrheit in der Gematik-Gesellschafterversammlung dafür nutzte, das Verfahren gegen den Widerstand der anderen Gesellschafter durchzuboxen.
Kurz darauf erhielten die Versender die Gematik-Zulassung für Card Link und begannen mit dem Rollout ihrer Apps. Doc Morris machte Mitte April den ersten Aufschlag, Shop Apotheke zog zwei Wochen später nach. Die standeseigene Gedisa erhielt die Zulassung im September.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.