»Bedeutendste Überträger von Infektionserregern« |
Steigt die Zahl der durch Zecken übertragenen Erkrankungen in Deutschland? Diese Frage lässt sich kaum beantworten, denn von Jahr zu Jahr schwankt die Zahl der Borreliose- und FSME-Fälle erheblich. Dies hängt etwa vom Klima ab, außerdem von der Häufigkeit der Wirte, vor allem Nagetiere, bei denen sich die Zecken selbst infizieren, und nicht zuletzt spielt auch das Freizeitverhalten der Menschen eine Rolle.
»Die Zahl der Infektionen ist extrem umweltabhängig«, sagt der Leiter des Nationalen Referenzzentrums für Borrelien in Oberschleißheim bei München, Dr. Volker Fingerle. Ein simples Beispiel: »Wenn die Leute wenig rausgehen, weil es viel regnet, gibt es weniger Fälle.«
Hinzu kommt, dass die Diagnose einer Lyme-Borreliose oft schwierig ist: Denn die Symptome sind je nach befallener Körperregion – Haut, Gelenke, Nervensystem, Herz – vielfältig und selten eindeutig. Antikörper-Tests zeigen grundsätzlich erst mal nur, dass jemand Kontakt zu Borrelien hatte: Das gilt laut Fingerle aber für etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Und nicht jede Infektion führt zu einer Erkrankung.
Schätzungen zur Zahl der jährlichen Neuerkrankungen hierzulande schwanken laut Fingerle extrem: zwischen etwa 15.000 und 35.000 nach Meldedaten und mehr als 200.000 Fällen basierend auf Krankenkassendaten. »Die Diagnose ist typischerweise ein Puzzle«, sagt Fingerle und verweist auf Vorgeschichte, Symptomatik und Labordiagnostik. Oft müssten andere Erkrankungen ausgeschlossen werden. Eindeutig erkennen lässt sich eine Lyme-Borreliose an der Wanderröte (Erythema migrans) – einer mindestens fünf Zentimeter großen, sich kreisförmig ausdehnenden Rötung um die Einstichstelle. Antibiotika töten die Erreger laut Fingerle sehr effizient ab - dennoch könnten manche Beschwerden mitunter andauern.
Im Gegensatz dazu ist die meldepflichtige FSME wesentlich seltener. Im vergangenen Jahr wurden in Deutschland 686 FSME-Erkrankungen gemeldet - das war nach dem Rekord von 718 Fällen im Jahr 2020 der zweithöchste Wert seit Beginn der Datenerfassung im Jahr 2001.
Allerdings dehnen sich die betroffenen Areale, früher eher auf den Süden Deutschlands beschränkt, nach Norden und Osten aus. Erst im Februar wies das RKI drei neue Risikogebiete aus: im Stadtkreis Augsburg und in den Landkreisen Celle sowie Elbe-Elster im Süden von Brandenburg.