Automatische Apothekenzuweisung rechtlich zulässig |
Melanie Höhn |
12.06.2025 12:22 Uhr |
Eine automatische Auswahl der Apotheke auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten ist laut Landgericht Frankfurt rechtlich zulässig. / © Imago Images/BREUEL-BILD
Die automatische Zuweisung einer Apotheke durch eine Telemedizin-Plattform verletzt nicht das Recht auf die freie Apothekenwahl, sofern Patienten zuvor zwischen mehreren Bestelloptionen wählen können und nur bei einer Variante eine Apotheke automatisch ausgewählt wird. Das entschied das Landgericht Frankfurt am Main in einem Urteil vom 28. Mai 2025 (Az.: 2-06 O 150/25).
Geklagt hatte ein Anbieter eines eigenen Telemedizin-Portals gegen einen Berliner Apotheker. Dieser kooperiert mit der Plattform DoktorABC, über die Patienten unter anderem medizinisches Cannabis online bestellen können. Die am Verfahren nicht beteiligte Telemedizin-Plattform mit Sitz in London ist auf den deutschen Markt ausgerichtet und bietet Patienten Zugang zu medizinischer Beratung, Rezepten und Versand von Medikamenten an. Besonders im Fokus steht dabei ein sogenannter »Premium-Service«: Bei diesem wird dem Patienten automatisch eine Apotheke zugewiesen – in mehreren Testkäufen landete die Bestellung bei der beklagten Berliner Apotheke. Der Service beinhaltet die Verschreibung, das Medikament und den Versand in einem Gesamtpaket. Die Klägerin sah darin eine unzulässige Einschränkung der Apothekenwahl und einen Verstoß gegen das Apothekengesetz – das Landgericht Frankfurt wies die Vorwürfe jedoch zurück.
Alternativ gibt es auch einen »Standard-Service«. Hier können Patienten eine Apotheke aus einer Liste auswählen und das Medikament entweder abholen oder zusenden lassen. Allerdings, so kritisiert die Telemedizin-Plattform als Klägerin, werde der Premium-Service auf der Plattform deutlich bevorzugt dargestellt. Auf der Startseite und in den Suchergebnissen würden vor allem Medikamente mit Premium-Option beworben. Zudem erwecke die Webseite fälschlich den Eindruck, Apotheken außerhalb des Premium-Modells könnten Bestellungen ablehnen. Rabatte seien ebenfalls nur beim Premium-Service verfügbar.
Nach Auffassung des Landgerichts liegt keine unzulässige Zuweisung vor, da die automatische Apothekenwahl nur dann erfolgt, wenn sich der Patient ausdrücklich für den »Premium-Service« entscheidet. In anderen Bestellvarianten können Nutzer selbst eine Apotheke aus einer Liste auswählen. Somit bleibe die freie Apothekenwahl gewahrt.
»Auch wenn im Rahmen des Premium-Service eine automatische Apothekenauswahl erfolgt, hat der Patient bereits durch die Wahl dieser Option der Plattform die Entscheidung überlassen«, heißt es in der Urteilsbegründung. Die Auswahl werde daher nicht gegen den Willen des Patienten getroffen.
Das Gericht betont, dass eine automatische Auswahl der Apotheke auf ausdrücklichen Wunsch des Patienten rechtlich zulässig sei. Die Plattform biete dem Nutzer mehrere Optionen an – darunter auch solche, bei denen die Apotheke frei wählbar ist. Dass sich ein Patient freiwillig dafür entscheide, die Apothekenwahl der Plattform zu überlassen, sei wettbewerbsrechtlich nicht zu beanstanden. Das Landgericht Frankfurt stellte in seinem Beschluss vom 28. Mai klar, dass kein Verstoß gegen das Apothekengesetz vorliege.
Die Entscheidung gilt als richtungsweisend für den Umgang mit digitalen Gesundheitsdiensten, die zunehmend auf komfortorientierte Modelle wie den »Rundum-Service« mit automatischer Medikamentenlieferung setzen.
Zwar ist die Frankfurter Entscheidung eindeutig, doch das Thema bleibt juristisch umstritten. Das Gericht selbst verweist auf ein paralleles Verfahren vor dem Landgericht Hamburg. Dort wurde dem britischen Anbieter untersagt, deutschen Patienten in bestimmter Weise Apotheken zuzuweisen. Die genaue rechtliche Grundlage dieses Urteils ist jedoch bislang unklar – der Beschluss liegt noch nicht öffentlich vor.
Die Klägerin kann gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen oder das Hauptsacheverfahren weiterverfolgen.