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Honorardebatte

»Dann könnten wir dichtmachen«

Datum 06.12.2017  10:33 Uhr

Von Daniel Rücker / Bereits vor zwei Wochen gab es Gerüchte um das Gutachten zur Apothekenhonorierung aus dem Bundeswirtschaftsministerium. Die Autoren der Untersuchung kamen demnach zu dem Ergebnis, das Honorar der Apotheker sei um 1,7 Milliarden Euro höher als angemessen. Jetzt gibt es neue Spekulationen.

Nach Recherchen der »Bild«-Zeitung soll die Vergütung der Apotheker um 1,1 Milliarden Euro sinken. Umgerechnet auf die einzelne Apotheke würde dies ein Minus von 25 Prozent bedeuten. Für viele Betriebe wäre dies eine massive Gefährdung der Existenz. Bislang ist allerdings unklar, woher die Zahlen tatsächlich kommen, denn »Bild« nennt keine Quelle und das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) wollte die Angaben nicht kommentieren.

Laut der Zeitung »Frankfurter Rundschau« ist Grundlage für die Berechnung ein Vergleich zwischen dem Einkommen des Leiters einer Krankenhausapotheke und dem des Besitzers einer öffentlichen Apotheke. Der Krankenhaus-Apotheker soll nach den Berechnungen der Autoren 100 000 Euro im Jahr erhalten. Der Leiter einer öffentlichen Apotheke verdiene dagegen deutlich mehr – und dies bei gleicher Arbeitszeit. In der Kritik steht dabei der Fixzuschlag von 8,35 Euro. Dieser sei für den damit verbundenen Arbeitsaufwand zu hoch, sagt das Ministerium. Ein weiteres Ergebnis der Untersuchung war der deutliche Unterschied eines Apotheker in einem Ballungszentrum und dem eines Landapothekers. Der Landapotheker verdiene im Durchschnitt deutlich weniger als der Apotheker mit einer Innenstadtapotheke.

 

Die ABDA wurde vom BMWi offenbar gar nicht in Kenntnis gesetzt, sondern sich gleich der Medien bedient. »Uns liegt das Gutachten nicht vor«, sagte ABDA-Präsident Friedemann Schmidt in einer Stellungnahme. »Soweit wir wissen, gibt es noch gar keine abgestimmte Fassung. Deshalb spekulieren wir auch nicht über angebliche Inhalte.« Das Bundeswirtschaftsministerium hatte angekündigt, Gesundheitsministerium, Krankenkassen und Apotheker vor der Veröffentlichung noch einmal zu einer Beiratssitzung einzuladen. Schmidt: »Den Termin hat es bisher nicht gegeben. Wenn vorab vermeintliche Ergebnisse des unfertigen Gutachtens öffentlich durchgereicht werden, riecht das sehr nach Foulspiel, auch innerhalb der geschäftsführenden Bundesregierung.«

 

Warum das BMWi die Veröffentlichung immer weiter nach hinten verschiebt, lässt sich nur vermuten. Denkbar ist, dass sich das Wirtschaftsministerium und das Gesundheitsministerium in der Bewertung des Gutachtens uneins sind.

 

Der ABDA-Präsident zweifelt an den vergangenen Freitag veröffentlichten Zahlen: »Wer glaubt, dass man aus der Arzneimittelversorgung über 1 Milliarde Euro im Jahr einfach so rausschneiden kann, der hat sich allein dadurch als Gutachter schon komplett unglaubwürdig gemacht. Dann könnten wir den Laden dichtmachen, dann gäbe es keine vernünftige Arzneimittelversorgung mehr in Deutschland.«

 

Steigender Druck

 

Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) hat so seine Zweifel an den Zahlen und betonte in einem Statement: »Apotheken sind eine wichtige Säule im Gesundheitssystem. Sie leisten in der Beratung sowie mit Nacht- und Notdiensten einen bedeutenden Dienst für die Versorgung der Patienten – insbesondere in ländlichen Regionen.« Daher gelte es, die Apotheke vor Ort zu stärken und nicht ihre Existenzgrundlage infrage zu stellen, so der BAH.

 

Unterdessen wird der Druck auf das Wirtschaftsministerium immer größer. Die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche verlangt in einem offenen Brief an Zypries, sie solle das Gutachten endlich veröffentlichen. Dies sei unabdingbar, »damit Apotheker, Patienten, deren Interessenvertretungen, die weitere Zivilgesellschaft und nicht zuletzt das Parlament sich fundiert mit der Frage der Honorargestaltung auseinander setzen können«. In ihrem Schreiben kritisiert Schulz-Asche die Strategie des BMWi, dass lediglich einzelne Informationen und diese auch nur gerüchteweise an die Öffentlichkeit gelangen.

 

Tatsächlich ist es ein Armutszeugnis des Ministeriums, über die ihm gewogenen Medien häppchenweise Details des Gutachtens unter das Volk zu bringen. Immerhin geht es um die wirtschaftliche Basis von mehr als 150 000 Beschäftigten in Apotheken, wovon 90 Prozent Frauen sind. /

Kommentar

Immer schlimmer

Wer auch immer aus den Reihen des Bundeswirtschaftsministeriums die Agentur 2HM beauftragt hat, ein angemessenes Honorar für die Offizin-Apotheker zu ermitteln: Er hätte es besser sein lassen. Seit vergangener Woche muss die Apothekerschaft täglich in den Himmel sehen in der Hoffnung, es falle Hirn herab. Das tut es aber leider nicht. Im Gegenteil. Es wird immer schlimmer.

 

Mehr als eine Milliarde Euro sollen die Apotheker Jahr für Jahr zu viel bekommen haben. Warum es gerade 1,1 Milliarden Euro sein soll, lässt sich erklären: Leiter einer Krankenhausapotheke verdienen 100 000 Euro im Jahr, haben die 2HM-Taschenrechner ermittelt. Die Offizinapotheker verdienen angeblich mehr. Deshalb sollen sie finanziell geschröpft werden. Die Berechnungen der Herrschaften von 2HM sind ebenso einfallsreich wie kreativ. Es mag vielleicht sogar stimmen, dass Offizinapotheker mehr verdienen als Krankenhausapotheker. Seriöserweise hätte 2HM einpreisen können, dass Selbstständigkeit durchaus Risiken birgt, von denen Angestellte in der Regel verschont werden.

 

Offenbar sind BMWi und 2HM selbst nicht von ihrer Untersuchung überzeugt. Zwar sticht man immer wieder Detailergebnisse der Untersuchung an die Presse durch, aber niemals so viel, dass sich jemand ein umfassendes Bild davon machen kann. Besonders unverschämt gehen die Beteiligten dabei mit den Apothekern um. Bis heute ist weder das BMWi noch 2HM auf die Idee gekommen, die ABDA über die Inhalte des Gutachtens zu informieren. Das zeugt weder von Vertrauen in die eigene Arbeit noch von Anstand.

 

Daniel Rücker

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