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Apothekenbetriebsordnung

Niemand will Light-Apotheken

22.11.2011  18:50 Uhr

Von Daniel Rücker / Die Apotheker haben die Gelegenheit umfänglich genutzt: Neben der für den gesamten Berufsstand sprechenden ABDA haben zahlreiche kleinere Verbände ebenfalls ihre Meinung zur Apothekenbetriebsordnung kundgetan. Dabei gibt es einige deutliche Übereinstimmungen.

Mit den in der Novelle der Apothekenbetriebsordnungen geplanten Regelungen für Filialapotheken steht das Bundesgesundheitsministerium (BMG) offensichtlich allein auf weiter Flur. Nicht nur die ABDA lehnt Light-Apotheken ab: Auch der Bundesverband der klinik- und heimversorgenden Apotheker (BVKA), der Verband der zytostatikaherstellenden Apotheker (VZA), der Bundesverband Deutscher Apothekenkooperationen (BVDAK), die Apothekengewerkschaft Adexa, der Verband demokratischer Pharmazeutinnen und Pharmazeuten (VDPP), der Deutsche Pharmazeutinnenverband (DPA), die Deutsche pharmazeutische Gesellschaft (DPhG) und der Bundesverband der pharmazeutisch technischen Assistenten (BVPTA) fordern, dass weiterhin jede Betriebsstätte eines Filialverbundes Rezeptur und Defektur haben müssen.

Nach den Vorstellungen des BMG soll es in Zukunft reichen, wenn eine Betriebsstätte im Filialverbund Rezepturen anfertigen und Arzneimittel prüfen kann. Parallel dazu soll es zulässig sein, alle Notdienste eines Fi­li­alverbundes in einer Apotheke zu konzen­trie­ren.

 

16 Millionen Rezepturen

 

Die Deutsche Pharmazeutische Gesell­schaft hat erhebliche Bedenken gegen dieses Vorhaben. Individuell angefertigte Rezepturen seien ein unverzichtbarer Bestandteil der Arzneimitteltherapie und eine zentrale Voraussetzung für eine moderne, personalisierte Medizin, schreibt die Fachgesellschaft in ihrer Stellungnahme an das Gesundheitsministerium. Jedes Jahr würden in Deutschland rund 16 Millionen Rezepturen angefertigt, etwa die Hälfte im Auftrag von Dermatologen, jede zehnte stammt aus dem Rezeptblock eines Kinderarztes. Es sei im Sinne der Bevölkerung, wenn jede Apotheke Rezepturarzneimittel anfertigen könne.

 

Das BMG begründe seinen Vorschlag mit einer Kostenersparnis. Dies sei wenig überzeugend, so die DPhG. Einsparungen dürften nicht die Qualität der Versorgung verschlechtern. Außerdem plädiert die DPhG dafür, dass jede Apotheke weiterhin ein Labor haben muss. Ähnlich argumentieren der VDPP, Adexa und der BVDAK, wobei dieser sich dafür starkmacht, Arzneimittel nur noch in einer Betriebsstätte eines Filialverbundes prüfen zu lassen.

 

Generell wird befürchtet, die geplante Regelung führe mittelfristig zu einer schlechteren Versorgung, weil nicht mehr alle Apotheken alles können. VZA und BVKA überlassen die Argumentation in diesem Punkt der ABDA und beziehen sich aber ausdrücklich auf deren Stellungnahme (lesen Sie dazu auch PZ 46/2011, Seite 6).

 

Bemerkenswert ist die generell große Zustimmung von Apothekerorganisationen wie BVDAK, BVKA, ZAV oder VDPP zur Argumentation der ABDA. Ein verpflichtendes Qualitätsmanagement für alle pharmazeutischen Tätigkeiten wird überall begrüßt, allerdings soll eine Zertifizierung nur bei Verblistern, Zytostatika und Parenteralia notwendig sein.

 

Vehement abgelehnt wird allerdings der BMG-Vorschlag, Parenterale Rezepturen und Defektur auch von nicht-pharmazeutischem Personal ausführen zu lassen. Diese Arbeit sei extrem komplex und erfordere viel Fachwissen, sagt die DPhG. VZA und BVKA sehen dies genauso. Der BVDAK geht auf diesen Vorschlag des BMG nicht explizit ein.

 

Keinerlei Sympathie dafür, dass angelernte Hilfskräfte in Zukunft pharmazeutische Arbeiten ausführen, haben naturgemäß Adexa und der BVPTA. Beide Berufsorganisationen vertreten die Interessen der PTA und zu ihren Interessen gehört ganz sicher nicht, dass in Zukunft ungelerntes Personal Rezepturen herstellt.

 

»Geplanter Generalangriff«

 

Die BVPTA-Vorsitzende Sabine Pfeiffer bezeichnet deshalb den Referentenentwurf aus dem BMG als »geplanten Generalangriff auf unseren Beruf«. Adexa-Vorsitzende Barbara Neusetzer warnt vor einer »Aufweichung der beruflichen Kompetenzen von pharmazeutischem und nicht-pharmazeutischem Personal«.

 

Überwiegend positiv bewerten die Apothekerorganisationen die neuen Formulierungen zu Beratung und Information. Die Verbände begrüßen die Konkretisierung, wie dem Patienten eine Beratung anzubieten ist. Die ABDA schlägt hierzu für Paragraf 20 Apothekenbetriebsordnung die Formulierung vor: »Der Apothekenleiter hat sicherzustellen, dass Kunden und Patienten und die zur Ausübung der Heilkunde, Zahnheilkunde oder Tierheilkunde berechtigten Personen durch das pharmazeutische Personal hinreichend informiert und beraten werden, insbesondere wenn dies aus Gründen der Arzneimittelsicherheit erforderlich ist.«

 

Die nachfolgenden Sätze des bisherigen Paragrafen 20 sollten nach der Stellungnahme der ABDA zusammengefasst werden in: »Soweit erforderlich muss die Beratung die notwendigen Informationen über die sachgerechte Anwendung des Arzneimittels, über eventuelle Nebenwirkungen oder Wechselwirkungen, die sich aus den Angaben auf der Verschreibung sowie den Angaben des Patienten oder Kunden ergeben, sowie über die sachgerechte Aufbewahrung des Arzneimittels umfassen. Die Bewertung von Hinweisen zu Risiken der Arzneimitteltherapiesicherheit sowie die Veranlassung von Maßnahmen zur Risikoabwehr haben durch einen Apotheker zu erfolgen.«

 

Der BVDAK begrüßt die Verpflichtung eine Beratung anzubieten ebenfalls. Dies dürfe auch die PTA leisten. Allerdings sollte dies im Ermessen des Apothekers liegen und ohne bürokratisches Getöse vonstattengehen, ob und wie die PTA diese Aufgabe übernimmt. Der BVPTA wünscht sich natürlich mehr Kompetenz für die PTA und sieht in der Formulierung aus dem BMG den Versuch, »PTA noch mehr unter die Aufsicht des Apothekers zu stellen.«

 

Nach den schriftlichen Stellungnahmen sollen die Verbände nun angehört werden. Die Anhörung zur Novelle der Apothekenbetriebsordnung findet am 28. November statt. Das BMG hat dazu die ABDA und zahlreiche weitere Verbände von Apothekern, pharmazeutischer Industrie und Großhandel in das Ministerium nach Bonn eingeladen. Bis zum 18. November hatten die beteiligten Parteien Gelegenheit, zum Entwurf der Apothekenbetriebsordnung schriftlich Stellung zu nehmen. Apothekerkammern und -verbände hatten sich am Dienstag vergangener Woche auf eine Stellungnahme verständigt.

 

Umsetzung bis April 2012

 

Eine mündliche Anhörung ist in dem Verfahren nicht zwingend vorgeschrieben. Das Ministerium hat hier einem Wunsch der Apotheker entsprochen. Der Apothekenbetriebsordnung muss anschließend noch der Bundesrat zustimmen. Der Bundestag hat kein Mitspracherecht. Nach dem bisherigen Zeitplan könnte die Apothekenbetriebsordnung im April 2012 in Kraft treten. / 

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