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Husten

Damit aus akut nicht chronisch wird

22.11.2011  15:47 Uhr

Von Elke Wolf / Sekret muss fließen. Genau das ist aber der Knackpunkt. Denn der bei einer Bronchitis vermehrt gebildete zähe Schleim sitzt oft erstmal fest und behindert die bronchiale Selbstreinigung. Dies birgt die Gefahr einer Chronifizierung. Sekretolytika bringen das Sekret wieder zum Laufen.

Mitunter hat eine akute Bronchitis die Tendenz, chronisch zu werden. »Hauptursache einer chronischer Bronchitis oder COPD ist Rauchen«, sagte Professor Dr. Jürgen Fischer, Ärztlicher Direktor der Nordseeklinik Norderney, im Gespräch mit der Pharmazeutischen Zeitung. Ansonsten sind Patienten mit Vorschädigungen wie Bronchiektasen oder allgemein hypersensitiven Atemwegen stärker dafür prädestiniert, dass eine akute Bronchitis nicht ausheilt und chronifiziert. »Ob die Bronchien auf Dauer Schaden nehmen, ist auch eine Frage der Immunabwehr und der Veranlagung,«, ergänzte Fischer.

Normalerweise werden eingeatmete Partikel und Schadstoffe vom Selbstreinigungssystem der Bronchialschleimhaut in Richtung Rachen abtransportiert und dort verschluckt. Damit diese mukoziliäre Clearance funktioniert, produzieren die Zellen der Schleimhaut eine eher flüssig-lockere Sol-Schicht und eine darüber liegende zähflüssige, muköse Gel-Phase. In der Sol-Schicht sitzen Flimmerhärchen und ragen mit ihren Spitzen in das gelartige Sekret hinein oder bleiben knapp unter ihm. Mit ihrem koordinierten ellipsenförmigen Schlag transportieren sie den mukösen Schleim oralwärts und bilden damit die treibende Kraft dieser »mukoziliären Rolltreppe«. Nicht zu verachten in seiner Funktion für diese Rolltreppe ist auch Surfactant, eine oberflächenaktive Substanz, die in den Lungenbläschen gebildet wird und die Atemwege mit seinem Anti-Klebe-Effekt versorgt.

 

Zilien-Rolltreppe stockt

 

Bei einer akuten Entzündung der Atemwege, zum Beispiel durch einen banalen Virusinfekt, ist dieses Selbstreinigungssystem empfindlich gestört, da vermehrt zäher Schleim gebildet wird. Die Zilien verkleben regelrecht. Gleichzeitig nimmt die Höhe der Solphase ab und das Surfactant aggregiert, sodass der Surfactant-Schaumteppich auf dem Epithel nicht mehr gleichmäßig verteilt ist. Alles in allem verhindert eine wirksame, koordinierte Zilienarbeit – die mukoziliäre Rolltreppe Richtung Rachen versagt, der Schleim kann nur in ungenügendem Maß weiterbewegt werden. Ausgelöst durch die Reizung von Nervenendigungen tritt der Ersatz­­mechanismus für die Reinigung der Atemwege, der produktive Husten, auf.

Bronchitis

Die Bronchitis ist eine Entzündung der Bronchialschleimhäute. Man unterscheidet die akute und die chronische Bronchitis. Die akute Bronchitis kommt meist in Verbindung mit Virusinfektionen vor und spricht gut auf eine Therapie an. Sie tritt bevorzugt in den feucht-kalten Wintermonaten auf.

 

Im Gegensatz dazu tritt die chronische Bronchitis über einen Zeitraum von mindestens drei Monaten in mindestens zwei aufeinander folgenden Jahren auf.

Was passiert, wenn eine akute Bronchitis irgendwann chronisch wird? Infolge der ständigen Irritation der Bronchialschleimhaut wandern neutrophile Granulozyten und Makrophagen ein. Von diesen Entzündungszellen werden verschiedene Entzündungsstoffe produziert, die wiederum neue Entzündungszellen anlocken. So unterhält sich ein chronischer Prozess, erklärt Lungenfacharzt Fischer. Durch die Freisetzung von Proteasen wird die Wand der Lungenbläschen zerstört; ein Lungenemphysem und instabile Atemwege sind die Folge. Die Bronchialwand unterliegt fibrotischen Umbauvorgängen, was die Atemwege zunehmend einengt. Der Atemfluss wird limitiert, die Luft gestaut, was die Belüftung des Systems extrem einschränkt. Diese morphologischen Veränderungen bedingen Husten, Auswurf und Atemnot.

 

Sekret in Bewegung halten

 

Doch eine Chronifizierung lässt sich zu einem gewissen Grad verhindern. Fischer: »Zu allererst sollten Raucher das Rauchen aufgeben. Ansonsten gilt: Die richtige Behandlung zur richtigen Zeit. Es hängt von der Art der akuten Bronchitis ab. Handelt es sich um einen banalen Infekt, reicht eine symptomatische Behandlung, um das Ganze flüssig zu halten. Sekretolytika wie Ambroxol, N-Acetylcystein (NAC) oder manche pflanzliche Arzneimittel lösen den zähen Schleim, sodass man ihn besser abhusten kann. Handelt es sich um einen bakteriellen Infekt, womöglich mit Fieber, muss der Hausarzt zurate gezogen werden und eventuell eine Antibiose einleiten.«

Dass Mukolytika einen Beitrag zur Elimination des Sekrets leisten und sich positiv auf die entzündlichen Prozesse auswirken, steht in den meisten nationalen und internatio­nalen Leitlinien zur COPD-Therapie. Fischer: »Auch die unabhängigen Wissenschaftler der Cochrane Collaboration haben 2010 in einem Review den Mukopharmaka ein positives Zeugnis ausgestellt.

 

Nach einer systematischen Analyse der Literatur werteten sie 28 Studien mit über 7000 COPD-Patienten aus. Das Gros der Untersuchungen lief mit Ambroxol oder NAC. Aber auch einige Phyto-Studien sind in das Review mit eingeflossen. Das Ergebnis: Die Sekretolytika sind in der Lage, akute Exazerbationen um 20 bis 25 Prozent zu reduzieren.«

 

Zugelassen zur Begleittherapie der chronischen Bronchitis und COPD sind neben Ambroxol (wie Mucosolvan®) und NAC (wie Fluimucil®) auch Myrtol (Gelomyrtol®) und 1,8, Cineol (Soledum®). Alle vier wirken sich günstig auf die Konsistenz des produzierten Schleims aus, sodass dieser mittels der Flimmerhärchen-Rolltreppe leichter Richtung Rachen transportiert werden kann. Für Ambroxol ist zusätzlich bewiesen, dass unabhängig von der Schleimzusammensetzung auch die Zilien direkt in ihrer Bewegung angetrieben werden, was die bronchiale Reinigung zusätzlich forciert.

 

Relativ neu ist die Erkenntnis, dass Ambroxol, Cineol und Myrtol auch über ein gewisses antientzündliches und antioxidatives Potenzial verfügen. Das mag ihre gute Wirksamkeit in der Langzeitgabe bei Patienten mit chronisch geschädigtem Bronchialepithel erklären. So gibt es experimentelle Untersuchungen, wonach zum Beispiel Ambroxol die Phospholipase A2, das Schlüsselenzym des Arachidonsäurezyklus, hemmt und dadurch über eine Verringerung der Bildung und Feisetzung von proinflammatorischen (Leukotrien LTB4) und bronchokonstriktorischen Arachidonsäuremetaboliten antientzündlich wirkt. Gleichzeitig stimuliert Ambroxol Mediatoren wie Lipoxin A4, das als entzündungsbeendender Botenstoff gilt.

Besonders in der kalt-feuchten Jahreszeit bekommen Patienten mit chronischer Bronchitis ihre Krankheit zu spüren. »Ihre vorgeschädigte Schleimhaut ist immunreduziert. Das macht es den Erkältungsviren, auf der Schleimhaut anzu­haf­ten, extrem leicht«, erklärte der Lungenex­per­te. Die Kälte im Winter reizt zudem direkt die Schleimhäute und bewirkt reflektorisch eine Minderdurchblutung der Atemwegsschleimhaut, was die Bedingungen für Viren noch weiter verbessert.

 

Doch es gibt Maßnahmen, damit COPD-Patien­ten in den Wintermonaten möglichst keine Exazerbationen erleiden. »Es klingt banal, aber ganz wichtig ist es, die Immunabwehr zu steigern. Das gelingt durch Saunagänge oder Wechselduschen. Wichtig: Nicht erst im November damit anfangen, sondern diese Maßnahmen am besten das ganze Jahr über praktizieren!«, so Fischer. Außerdem empfiehlt der langjährige Lungenfachmann seinen Patienten die prophylaktische Einnahme, zumindest im Winterhalbjahr, von Ambroxol, NAC, Myrtol oder Cineol. »Diese Substanzen sind nachweislich in der Lage, die Exazerbationsrate zu senken. So gibt es etwa eine mehr als zwei Jahre dauernde randomisierte placebokontrollierte doppelblinde Langzeitstudie mit 180 COPD-Patienten. Die Patienten, die mit Ambroxol therapiert wurden, verbrauchten signifikant weniger Corticoide und Antibiotika und erlitten signifikant weniger Exazerbationen.« /

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