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Cumarin

Gesundheitsrisiko nicht auszuschließen

Datum 31.10.2006  11:53 Uhr

Cumarin

<typohead type="3">Gesundheitsrisiko nicht auszuschließen

Von Christina Hohmann

 

Warnungen vor Zimt beziehungsweise dessen Inhaltsstoff Cumarin verunsichern derzeit die Verbraucher. Wie gefährlich ist dieser Aromastoff wirklich und was ist bei Zimtkapseln zu beachten? Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat das von Cumarin ausgehende Gesundheitsrisiko überprüft.

 

Der natürliche Duft- und Aromastoff Cumarin ist im gesamten Pflanzenreich weit verbreitet. Er kommt in vielen Gras- und Kleearten, in Waldmeister und einigen Fruchtsorten vor. Besonders reich an Cumarin sind die Samen der Tonka-Bohne sowie Zimt. In die Medien geraten ist das seit Jahrtausenden verwendete Gewürz wegen der gesundheitsschädigenden Wirkung des Cumarins. Zwei Zimtsorten sind zu unterscheiden: Der sogenannte Ceylon-Zimt enthält nur geringe Cumarinkonzentrationen, die das BfR als unbedenklich einstuft. Der preiswertere Cassia-Zimt dagegen weist einen hohen Gehalt auf. Für Verbraucher sind die beiden Sorten nicht zu unterscheiden.

 

Wegen seiner gesundheitsschädlichen Wirkung darf Lebensmitteln isoliertes Cumarin nicht in reiner Form zugesetzt werden. Ist es in Gewürzen enthalten, darf die Gesamtmenge laut der europäischen Aromaverordnung nicht mehr als 2 mg/kg Lebensmittel betragen. Diese Höchstgrenze wird aber oftmals überschritten, wie das BfR mitteilt. Das Chemische Landes- und Staatliche Veterinäruntersuchungsamt (CVUA) in Münster hatte 13 verschiedene Proben von Zimtgebäck verschiedener Hersteller untersucht. Die enthaltenen Cumarinmengen reichten von 22 bis 77 mg/kg Gebäck und überschritten die zugelassene Höchstmenge somit um das 10- bis fast 40-fache. »In Deutschland nehmen Verbraucher, die viel Zimt verzehren, relativ hohe Cumarinmengen mit Lebensmitteln auf«, schreibt das BfR daher in seiner Gesundheitlichen Bewertung Nr. 43/06. Gerade in der Vorweihnachtszeit sollten Verbraucher daher mit dem Verzehr von zimthaltigen Produkten zurückhaltend sein. Die Bundesländer haben vor diesem Hintergrund Verbrauchertipps herausgegeben. Kinder, die 15 Kilogramm wiegen, sollten pro Tag entweder vier Zimtsterne, einen Lebkuchen, eine Portion Milchreis mit Zimt oder zwei Müsliriegel essen. Erwachsene in etwa das Doppelte.

 

Schädlich für die Leber

 

Schon seit den 1950er-Jahren sind die hepatotoxischen Eigenschaften des Cumarins bekannt. Dennoch wurde die Substanz in manchen Ländern als Arzneimittel, unter anderem zur Behandlung von Ödemen, zugelassen. Bei so behandelten Patienten traten Zeichen von Hepatotoxizität auf, die von erhöhten Transaminase-Werten über Leberentzündung bis zu Leberversagen reichten. Dabei war keine exakte Dosis-Wirkungs-Beziehung zu beobachten. Vielmehr scheint ein kleiner Anteil der Bevölkerung besonders empfindlich gegenüber Cumarin zu sein. Der genaue Wirkmechanismus ist noch nicht bekannt. Die Wirkung ist aber reversibel, die Leber erholt sich innerhalb weniger Wochen.

 

Aus Tierversuchen ist seit den 1970er-Jahren bekannt, dass Cumarin Krebs auslösen kann. Bei Ratten führte die Exposition zu Tumoren der Leber, Gallengänge und Niere. Für Menschen gibt es keine Hinweise, dass Cumarin krebserregend wirkt. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse lassen außerdem vermuten, dass der Kanzerogenität nicht (wie lange vermutet) ein genotoxischer Wirkmechanismus zugrunde liegt. Die Substanz verändert die DNA also nicht. Daher hat die Europäische Kommission vorgeschlagen, die bestehende Einschränkung für Cumarin aufzuheben. Hintergrund hierfür ist, dass die Aromarichtlinie nur genotoxische Substanzen berücksichtigt, die in jeder Menge schädlich sind. Kanzerogene Stoffe, die nicht genotoxisch sind, zeigen erst ab einer bestimmten Menge eine schädliche Wirkung. »Es besteht eine reelle Chance, dass man, selbst wenn Cumarin aus der Aromarichtlinie herausgenommen wird, eine rechtliche Regelung für eine Höchstmenge finden wird«, erklärte Dr. Irene Lukassowitz vom BfR gegenüber der PZ.

 

Im Gegensatz zu Lebensmitteln darf synthetisches Cumarin als Duftstoff in Kosmetika ohne Begrenzung eingesetzt werden. Ab einer gewissen Konzentration muss der Hersteller den Inhaltsstoff allerdings deklarieren. Cumarin wird rasch und gut über die Haut aufgenommen, die Resorptionsrate liegt bei etwa 60 Prozent. Daher ist die dermale Exposition nicht unwesentlich. Einer US-amerikanischen Studie zufolge ist die tägliche dermale Aufnahme doppelt so hoch wie die tägliche orale Aufnahmemenge für Erwachsene. In Deutschland dürfte die dermale Exposition deutlich geringer ausfallen, weil kosmetische Produkte weniger stark parfümiert sind als in den USA, sagte Lukassowitz. Genaue Daten lägen aber nicht vor.

 

Über die dermale Exposition und die Aufnahme aus Lebensmitteln sei der TDI (die tolerierbare tägliche Dosis) von 0,1 mg Cumarin pro kg Körpergewicht bereits zur Hälfte ausgeschöpft, sagte Lukassowitz. Saisonal steige die Exposition aber stark an, da Zimt mittlerweile nicht nur in Gebäck, sondern auch in Weihnachtstees, Schokolade oder Joghurts enthalten ist.

 

Problematische Zimtkapseln

 

Für problematischer als Weihnachtsgebäck stuft das BfR die als Nahrungsmittelergänzung für Diabetiker angebotenen Zimtkapseln ein. Die Einnahme dieser Präparate führe zu einer Langzeit-Zimt-Dosis im Grammbereich, obwohl die Unbedenklichkeit einer solchen Dosierung nicht nachgewiesen ist. Außerdem sei die Blutzucker senkende Wirkung der Präparate nicht ausreichend belegt, schreibt das BfR in der Gesundheitlichen Bewertung Nr. 44/06 vom 18. August.

 

Aufgrund der zum Teil hohen Cumaringehalte in Kapseln mit Cassia-Zimtpulver, die das Chemische und Veterinäruntersuchungsamt in Stuttgart gemessen hat, ist bei der Einnahme der Präparate eine Überschreitung des TDI zu erwarten. Die Tagesdosis dieser Produkte schöpft den TDI eines 70 kg schweren Erwachsenen zu 60 Prozent aus. Bei Kapseln, die wässrige Extrakte enthalten und daher nur geringe Mengen des schlecht wasserlöslichen Cumarins (in etwa 4 Prozent des TDI) aufweisen, besteht diese Problematik nicht. Außer Cumarin enthält Zimt noch weitere Substanzen, die in hohen Dosen gesundheitsschädlich sein könnten, wie Zimtaldehyd, das in Tierexperimenten teratogen wirkt.

 

Insgesamt spricht sich das BfR sowie das Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) dafür aus, Zimtkapseln als Arzneimittel einzustufen. Für eine Zulassung müssten die Hersteller dann die Wirksamkeit nachweisen und auch Nebenwirkungen und Interaktionen prüfen.

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