Positive Bilanz |
28.09.2015 13:02 Uhr |
Ein Vierteljahrhundert nach der Wiedervereinigung darf gefragt werden, was aus der Zusammenführung der beiden deutschen Staaten und den damaligen Versprechungen geworden ist. Ich habe die Entstehung der neuen Bundesrepublik Deutschland und das Zusammenwachsen der ost- und westdeutschen Apothekerorganisationen miterlebt. Wie viele andere, die an diesem Prozess beteiligt waren, hatte ich damals das Gefühl, deutsche Geschichte hautnah mitzuerleben.
Das Zusammenwachsen von Ost und West ist heute weitgehend abgeschlossen. Trotzdem müssen wir uns damit auseinandersetzen, ob sich die damaligen Erwartungen erfüllt haben. Sind wir wirklich ein geeintes Volk geworden? Ich denke ja. Auch wenn die Wiedervereinigung nicht reibungsfrei vonstatten ging, ist sie eindeutig positiv zu bewerten. Jeder Westdeutsche, der zur Wendezeit die neuen Bundesländer besucht hat und sie heute wieder besucht, wird schnell erkennen, dass sich viel geändert hat und zwar in den meisten Fällen zum Guten.
Das gilt auch für die Apotheken in den neuen Bundesländern. Kurz nach der Öffnung der Mauer im Jahre 1989 habe ich fast alle Versammlungen der Apotheker in Ostdeutschland besucht und an den Diskussionen der neuen Berufsorganisationen in Dresden, Potsdam, Saalfeld, Leipzig und Erfurt teilnehmen dürfen. Es war für mich beeindruckend, mit welcher Ernsthaftigkeit und Offenheit diese ihre Vergangenheit bewerteten und über die Zukunft der Pharmazie in der DDR diskutierten. Sie hatten das klare Ziel, die staatlichen Fesseln abzulegen. Für mich war erstaunlich, wie offen die Diskussionen geführt wurden und wie engagiert das Für und Wider des Apothekenwesens der alten Bundesländern diskutiert wurde.
Unter der Moderation und der Patenschaft der westdeutschen Berufsorganisationen wurde das Ziel für das Apothekenwesen im vereinigten Deutschland formuliert: Die Apotheken sollten sich unter der Leitung und der Verantwortung eines Apothekers privatwirtschaftlich organisieren. Dieses Ziel haben die Apotheker in Ost und West gemeinsam vertreten und politisch durchgesetzt – auch gegen Interessen einzelner Gruppierungen, die ein kapitalgesteuertes Apothekenwesen verwirklichen wollten. So wurde sichergestellt, dass pharmazeutische Tätigkeiten, wie von den Ostkollegen ausdrücklich gewünscht, die Hauptaufgaben in den deutschen Apotheken bleiben.
Professor Dr. Harmut Morck
Ehemaliger Chefredakteur der Pharmazeutischen Zeitung