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Generika

Europa und die nationalen Kleinkriege

30.09.2008  15:23 Uhr

Generika

<typohead type="3">Europa und die nationalen Kleinkriege

Von Werner Kurzlechner, Berlin

 

Der Deutsche Generikaverband verspricht sich von der Europäischen Union Beistand gegen Widrigkeiten wie Rabattverträge und Pharmakovigilanz. Ein Beamter aus Brüssel versuchte den Mittelständlern aber zu erklären, dass Abkommen mit Indien zum Patentschutz ihrer Wettbewerbsfähigkeit weit mehr nützen.

 

Vorerst scheinen Europa und die mittelständischen Generikahersteller aus Deutschland zwei Welten zu bleiben, eines dicken Lobes und einer herzlichen Ermunterung zum Trotz. Das Kompliment zollte Dr. Dietmar Buchberger der Europäischen Union (EU). Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Generikaverbandes war vergangene Woche Gastgeber eines Colloquiums in Berlin. Buchberger präsentierte Auszüge aus dem im Juni von der EU-Kommission verabschiedeten Small Business Act. »Jetzt ist es an der Zeit, das Wohlergehen der kleineren und mittleren Unternehmen (KMU) als wesentliches Ziel der EU-Politik endgültig zu etablieren«, heißt es darin. »Durch gesunde KMU wird Europa in unserer globalisierten, von Unsicherheit geprägten Welt besser bestehen können.«

 

Worte also, die den Geschmack der gebeutelten Branche treffen. »Es ist an der Zeit, Taten folgen zu lassen«, sagte Buchberger. Sein Lob in Richtung Brüssel sollte durchaus unterstreichen, dass die nationale Gesundheitspolitik es den Mitgliedern seines Verbandes im Vergleich dazu unnötig schwer mache. Durch Instrumente wie die Rabattverträge beispielsweise, deren Abschaffung der Generikaverband erneut forderte. In diesem Zusammenhang kritisierte Buchberger exemplarisch, dass auch bei der dritten Ausschreibung der Verträge durch die Allgemeinen Ortskrankenkassen (AOK) die Risiken ausschließlich aufseiten der Unternehmen lägen. Der These widersprechen durfte Dr. Christopher Hermann von der AOK Baden-Württemberg.

 

Es ging an diesem Tag aber auch um andere Hemmnisse, die den Mittelständlern das Bestehen im Wettbewerb gegen die drei den hiesigen Markt dominierenden Konzerne Ratiopharm, Stada und Novartis erschweren. »Packungsbeilagen sind in Deutschland immer noch ein Graus«, wetterte Buchberger. Die Unverständlichkeit der Beipackzettel perpetuiere die Intransparenz und blockiere echten Wettbewerb. Hier fehle es auf der nationalen Ebene an einer praktischen Umsetzung richtiger EU-Vorgaben.

 

Schlankere Prüfverfahren

 

Als unnötige Marktzutrittsschranke kritisierte Buchberger auch das deutsche Pharmakovigilanz-System, das Doppelarbeit ohne Zugewinn von Sicherheit bedeute. Nach Ansicht des Generikaverbandes bräuchte es das hierzulande übliche aufwendige Prüfverfahren nicht für Präparate, die lediglich bekannte und bereits ausgiebig kontrollierte Wirkstoffkombinationen enthalten. Auch Brüssel werbe hier für schlankere Verfahren, »da muss ich die EU loben«. Als Adressaten dafür hatte der Verband den alerten EU-Beamten Thomas Heynisch eingeladen. Der erklärte erst einmal, wofür er in Brüssel verantwortlich ist. Da ist also dem Kommissar Günter Verheugen eine Generaldirektion für Industrie und Unternehmen unterstellt, der zwei mit der Pharmaindustrie befasste Referate zuarbeiten. Der ganze Bereich der gesetzlichen Regelungen sei in der Abteilung »F 2« angesiedelt ­ das schmeichelhafte Kompliment müsse er also an die Kollegen weiterleiten, so Heynisch. Denn er selbst leite das industriepolitische Referat »F 5«.

 

Die Unternehmer erfuhren, dass die EU im Oktober ein Pharma-Paket mit drei gesetzlichen Vorschlägen zu Patienteninformation, Wirkstoffkontrolle und Preisbildung präsentieren werde. Und sie hörten selbstkritische Töne: »Die Lissabon-Strategie hat sich bislang noch nicht so bewährt, wie wir es uns vorgestellt haben.«

 

Vor allen Dingen aber versuchte Heynisch seine Zuhörer davon zu überzeugen, dass ihr Wohl und Wehe in erster Linie von außenwirtschaftlichen Zusammenhängen abhänge. Die interne Wettbewerbsfähigkeit werde gegenüber der internationalen überbewertet. Das sei doch sehr verwunderlich angesichts der Exportabhängigkeit Europas und der Tatsache, dass man im weltweiten Wettbewerb schon enorm an Boden verloren habe.

 

»In Indien und Korea werden die Weichen für die Zukunft gestellt«, so Heynisch. Seine Botschaft: Viel entscheidender als nationale Kleinkriege um Rabattverträge seien etwa Versuche der EU, eine aufstrebende Pharma-Nation wie Indien zur Achtung von Patentschutz zu bewegen. Die derzeit ungehemmte Schwemme von Generika aus Asien bedrohe doch den deutschen Mittelstand viel stärker als einheimische Branchenführer.

 

Heynisch ermunterte die Unternehmen, sich mit ihren Problemen gerne direkt an ihn zu wenden: »Wir haben immer ein offenes Ohr.« Nur spricht offenbar niemand hinein. Auch beim Colloquium gab es nach dem Vortrag des EU-Beamten kaum Rückfragen. In der Pause baten ihn die Mittelständler zwar um Hilfe, aber da ging es wieder um den Ärger mit der Berliner Politik.

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