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GEK-Medizinkongress

Gesundheitsversorgung modernisieren

26.09.2006  18:52 Uhr

GEK-Medizinkongress

<typohead type="3">Gesundheitsversorgung modernisieren

Von Conny Becker

 

Stärker als andere Krankenkassen widmet sich die Gmünder Ersatzkasse (GEK) seit Jahren der Versorgungsforschung und schafft sich damit nicht nur Freunde. Auf ihrem ersten Medizinkongress in Berlin beleuchtet die Kasse nun zukunftweisende Versorgungsmodelle, in denen auch Apothekern eine stärkere Rolle zukommt.

 

Der GEK-Kongress fiel in eine gesundheitspolitisch heiße Phase, weshalb auch nicht die Gesundheitsministerin, sondern ihre parlamentarische Staatssekretärin Marion Caspers-Merk das Ministerium vertrat. Die SPD-Politikerin entschwand nach ihrer Rede umgehend wieder an ihren nahe gelegenen Dienstsitz und entzog sich damit einer möglichen, auch von ihr geforderten Diskussion zwischen den Beteiligten im Gesundheitswesen.

 

Lediglich die Begrüßung von GEK-Chef Dieter Hebel vernahm die Staatssekretärin. Hebel lobte seine Kasse natürlich wegen ihrer langjährigen Datenaufbereitung für die Versorgungsforschung. Sie helfe Über-, Unter- und Fehlversorgung zu identifizierten und schaffe die Voraussetzung zur Mitgestaltung neuer Versorgungsstrukturen.

 

Als zukunftsweisend für die GKV sieht Hebel, »Anreize zum gesundheitsbewusstem Verhalten der Versicherten« zu geben. So sei die Prävention nicht nur für den Einzelnen gut, sondern auch solidarisch, da sie unnötige Leistungsausgaben der Kasse vermeidet. Weniger solidarisch scheint Hebels Ansicht zu einem morbiditätsbezogenen Risikostrukturausgleich zwischen den Krankenkassen: »Ausgabenausgleiche sind abzulehnen«, sagte der Vorstandsvorsitzende einer Kasse, die ein verhältnismäßig junges und gesundes Klientel ihr Eigen nennt. Wenn sich Hebel im Folgenden »mehr und nicht weniger Solidarität in der GKV« wünscht, geht es um eine andere Solidarität, nämlich zwischen GKV und PKV. Hier geht das Eckpunktepapier Hebel nicht weit genug. Der Wechsel in die PKV sollte noch stärker erschwert werden und junge PKV-Versicherte sollten Solidarzahlungen für ihre Eltern in der GKV leisten - Solidarität nach Kasseninteressen. Schließlich fordert Hebel erneut mehr Wettbewerb bei den Leistungserbringern und die gesetzliche Möglichkeit, auch bei Arzneimitteln für »leistungsstarke und kostengünstige Anbieter« werben zu können.

 

Politik will zügig klare Botschaften

 

Welche Forderungen die parlamentarische Staatssekretärin in die aktuelle Diskussion weitertragen wird, ließ sie offen. Laut Caspers-Merk will die Politik möglichst schnell »klare Botschaften« geben, damit die Akteure im Gesundheitswesen Zeit für die Umsetzung erhalten. Angesichts der intensiven Diskussion um strittige Punkte in dem Reformvorhaben werde über die unstrittigen zu wenig gesprochen. So habe sich die Koalition darauf geeinigt, neben der Beitrags- eine Steuerfinanzierung einzuführen. Zudem wollten die Regierungsparteien »mehr Wettbewerb im System und zwischen den Systemen«. »Auch die PKV muss sich verändern«, sagte Caspers-Merck. Dabei wies sie auf die geplante Rückkehrmöglichkeit in das jeweilige System - auch ohne Risikoprüfung - sowie die Portabilität der Altersrückstände hin.

 

Ebenfalls einig seien sich die Koalitionspartner darüber, dass Veränderungen der Institutionen notwendig seien. Viele entsprächen modernen Anforderungen nicht mehr. Die gemeinsame Selbstverwaltung komme häufig einer »Selbstblockade« gleich. Man wolle die Kassen nicht zentralisieren, sondern eine starke Verantwortung bei den Kassen und daher ihre Verhandlungsmöglichkeiten stärken. So habe man eine Verhandlungsmacht bei Medikamenten vereinbart, ebenso eine Kosten-Nutzen-Bewertung. Die letzte Änderung im Arzneimittelbereich, das AVWG, sei bereits »erfolgreich zum Wettbewerbsinstrument« geworden. Mehr als 2000 Medikamente seien zuzahlungsfrei und ständig folgten weitere. Caspers-Merk zufolge habe das AVWG die Arzneimittelkosten »stark beruhigt« und eine steuernde Wirkung gezeigt.

 

Zum viel diskutierten Gesundheitsfonds stellte die Politikerin klar, er sei »strukturell keine andere Sache« als der heutige Risikostrukturausgleich. Die Kassen sollten ihn wie bisher einziehen, ausgezahlt werden sollte er pro Kopf und zudem abhängig vom Krankheitsrisiko. Dadurch werde das Verfahren transparenter. Derzeit strittig sei einzig die Ein-Prozent-Regelung, zu der es am 4. Oktober ein Spitzengespräch geben werde. Es sei klar, dass es eine Überforderungsklausel geben werde, nur noch nicht welche.

 

»Die größte Herausforderung für unser Gesundheitssystem stellt die adäquate Versorgung chronisch kranker Menschen dar«, sagte Professor Dr. Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen, der die Veranstaltung moderierte. Die WHO gehe schon heute davon aus, dass in Europa nicht übertragene, meist chronisch verlaufende Krankheiten 77 Prozent der Krankheitslast ausmachen.

 

Derzeit weist die Versorgung chronisch Kranker allerdings Defizite auf. »Zu nennen sind die Fragmentierung der Versorgungslandschaft sowie eine mangelnde Kooperation und Koordination der an der Betreuung beteiligten beziehungsweise zu beteiligenden Leistungserbringer, vor allem auch zwischen den verschiedenen Berufsgruppen«, so Glaeske. In der Organisation der Behandlung multimorbider Patienten müssten Probleme bei der Abstimmung sowie der Zuständigkeit gelöst werden. Hier sollten auch nichtärztliche Heilberufe stärker einbezogen werden, betonte der Pharmazeut. Denn im Hinblick auf chronische Krankheiten müssten Leistungserbringer zu »Gesundheitsmanagern« werden. Der kurative, ärztezentrierte Ansatz komme an seine Grenzen, die Prävention müsse gestärkt werden.

 

Neue Aufgabenfelder

 

Bei chronischen Erkrankungen sei es sinnvoll, Aufgabenfelder neu zu besetzen. In Großbritannien etwa, wo auch Pflegekräfte und Apotheker rezeptieren dürfen, zeigten die Erfahrungen, dass die Heilberufler »ihre neue Aufgabe mit Verantwortung tragen«. Neue Anforderungen erforderten neue Rollenverteilungen, um eine effiziente und qualitativ hochwertige Versorgung zu garantieren.

 

Sinnvoll sei auch ein »Home-Medication-Review«, wie er etwa in Australien schon Standard ist. Hier bewerten Apotheker die Medikation von multimorbiden chronisch Kranken. Denn gerade im Alter sei es keineswegs sinnvoll, jede Krankheit adäquat zu behandeln. Die wichtigsten müssten identifiziert werden, maximal vier Medikamente seien das Ziel (bei akuten Erkrankungen bis zu acht). »Die Stärkung der nichtärztlichen Heilberufe ist überfällig«, sagte Glaeske.

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