Irren ist menschlich |
30.08.2011 15:21 Uhr |
Der Satz von der Menschlichkeit des Irrens kommt uns allen immer mal wieder über die Lippen. Doch Hand aufs Herz: Ganz ehrlich ist man dabei nicht. Denn es gibt einige Berufsgruppen, denen man einen Fehltritt nur schwer verzeihen kann. Piloten zum Beispiel, Politiker oder Ärzte. Piloten, weil von ihrem Handeln und richtigen Entscheiden unmittelbar Menschenleben abhängen. Politiker, weil sie Vertrauen verlieren, wenn sie Fehler machen. Und Ärzte, weil bei ihnen beides zutrifft.
Noch immer ist der Arztberuf in der Öffentlichkeit mit der Aura der Unfehlbarkeit umgeben. Das ist erstaunlich, denn die medizinische Wissenschaft entwickelt sich heute rasant, sie überschreitet Grenzen zu anderen Fachgebieten wie Biologie und Physik und wird gleichzeitig immer spezieller. Kein Mensch kann da immer auf dem neuesten Stand der Forschung sein. Zudem ist der Berufsalltag von Medizinern mittlerweile stark von bürokratischer Regelungswut und wirtschaftlichen Zwängen dominiert. Denn nicht nur in der Apotheke nehmen administrative Tätigkeiten immer mehr überhand. Auch in der Praxis eines Allgemeinmediziners beanspruchen sie längst deutlich mehr Zeit als der eigentliche Patientenkontakt. Da ist es nur menschlich, wenn auch einem Arzt mal ein Fehler unterläuft.
Tragisch, wenn infolge eines Behandlungsfehlers Patienten zu Schaden kommen. Unsere Reportage Behandlungsfehler: Irrtum mit tödlichen Folgen schildert einen solchen Fall. Es ist die Geschichte eines Landarztes, der nach einer tödlichen Fehlentscheidung seine Praxis aufgab. Glücklicherweise haben Fehler von Ärzten nicht immer fatale Folgen. Dennoch werden sie häufig totgeschwiegen. Böser Wille ist dafür sicherlich keine Erklärung, eher Unsicherheit und Hilflosigkeit aufseiten derjenigen, die den Fehler gemacht haben. Um Ärzten, aber auch Apothekern, Pflegern und Angehörigen anderer Heilberufe die Kommunikation nach einem Fehler zu erleichtern, hat das Aktionsbündnis Patientensicherheit einen Leitfaden erstellt (lesen Sie dazu Behandlungsfehler: Reden ist Gold). Er zeigt: Offenheit und Ehrlichkeit sind die Voraussetzung dafür, nach einem Irrtum einen möglichen weiteren Schaden zu verhindern.
Bei der Abgabe von Arzneimitteln hat das pharmazeutische Personal in der Apotheke unter anderem die große Verantwortung, etwaige Fehler der Verordnung aufzudecken. Diese Aufgabe erfüllen die Apotheker täglich in hervorragender Weise. Ihr Sachverstand und ihre Wachsamkeit haben schon viele Fehlanwendungen von Arzneimitteln verhindert. Die allermeisten Ärzte beruhigt das Wissen, dass ihre Verordnung vor der Abgabe an den Patienten noch durch die Hände eines Arzneimittelfachmanns geht. Und sollte ein Mediziner auf einen Anruf einmal unwirsch reagieren, hilft es sich klarzumachen: Ärzte sind auch nur Menschen.
Annette Mende
Redakteurin Pharmazie