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Raucherentwöhnung per Gentherapie

Antikörper soll Nicotin abfangen

Datum 10.07.2012  16:17 Uhr

Von Ulrike Viegener / Per Gentherapie wollen amerikanische Forscher jetzt gegen das Rauchen vorgehen. Am Tiermodell haben sie das bereits ausprobiert – und hatten offenbar Erfolg. Die Experimente wurden von den National Institutes of Health sowie der National Foundation for Cancer Research unterstützt.

Die Vision der Forschergruppe um Ronald G. Crystal vom Weill Cornell Medical Center in New York ist folgende: Ein Adeno-assoziiertes Virus wird mit einem Gen für einen monoklonalen Antikörper beladen, der mit hoher Affinität Nicotin bindet und so unschädlich macht. Dieses Gen wird mithilfe des viralen Vektors in menschliche Leberzellen eingeschleust, die so veranlasst werden, den Nicotin-Antikörper zu produzieren. Ziel ist es, Nicotin abzufangen, bevor es im Gehirn seine suchterzeugende Wirkung entfalten kann.

Bislang befinden sich die Untersuchungen der amerikanischen Forscher aber noch im tierexperimentellen Stadium. Am Mausmodell hat der gentherapeutische Eingriff offenbar funktioniert. 85 Prozent des inhalierten Nicotins seien durch die Antikörper ausgeschaltet worden, nur 15 Prozent seien im Kreislauf verblieben. Mäuse, die mit Tabakrauch benebelt werden, reagieren normalerweise mit einem Abfall von Blutdruck und Herzfrequenz, und die motorische Aktivität nimmt ab. Die Mäuse chillen, wie Crystal und seine Kollegen es ausdrücken. Nicht so die genetisch manipulierten Mäuse: Sie behalten auch nach Nicotinkonsum ihre natürliche Aktivität bei. (Hicks, M.J. et al.: AAV-Directed Persistent Expression of a Gene Encoding Anti-Nicotine Antibody for Smoking Cessation, Science Translational Medicine 2012; 140: 140ra87).

 

Ermutigt von diesem Ergebnis, wollen die Forscher ihr Experiment im nächsten Schritt an Ratten wiederholen, dann an Affen, und dann – wenn alles gut läuft – am Menschen. Da eine einmalige Intervention nachhaltig zur Produktion von Nicotin-bindenden Antikörpern führt, sprechen die Forscher von einer Impfung.

 

Eine aktive Immunisierung auf der Basis von Nicotin ist nicht möglich, da das kleine Molekül vom Immunsystem nicht als Antigen erkannt wird und nicht die Produktion von Antikörpern induzieren kann. Studien mit einer Passivimpfung, bei der fertige Anti-Nicotin-Antikörper injiziert werden, haben nicht die gewünschten Langzeiteffekte gebracht. Vor diesem Hintergrund deklarieren die Forscher die Gentherapie als dritte Form der Impfung. Sie könnte Menschen, die sich das Rauchen abgewöhnen wollen, zum Erfolg verhelfen. Und die Autoren gehen noch weiter: In letzter Konsequenz halten sie eine prophylaktische Massenimpfung junger Menschen für einen realistischen Weg, um dem Problem des Nicotinabusus Herr zu werden. / 

Kommentar

Gentherapie gegen schlechte Angewohnheiten?

Keine Frage: Es ist extrem schwierig, sich das Rauchen abzugewöhnen, und die bisherigen Versuche, Raucher dabei zu unterstützen, haben keinen durchschlagenden Erfolg gebracht. Keine Frage: Rauchen hat gravierende gesundheitsschädigende Effekte, und diese belasten das Gesundheitssystem mit enormen Kosten. Aber ist das alles wirklich Grund genug, um eine gentherapeutische Intervention gegen das Rauchen zu rechtfertigen? Dabei erschreckt das Ansinnen, gentherapeutisch gegen das Rauchen vorzugehen, gar nicht in erster Linie durch das Gespenst nicht kalkulierbarer Risiken. Vielmehr drängt sich ganz spontan die Frage nach der Verhältnismäßigkeit auf. Anstatt Menschen mit einem per Virusvektor eingeschleusten Gen zu infizieren, sollte man doch eher – ganz altmodisch – weiter an die Verantwortlichkeit jedes Einzelnen appellieren und eben auch akzeptieren, wenn ein Mensch wider besseres Wissen nicht von der potenziell krankmachenden Angewohnheit des Rauchens lassen kann oder will. Wenn man jetzt schon gegen schlechte Angewohnheiten zum Mittel der Gentechnik greift, wo soll das noch hinführen? Unter dem Deckmäntelchen, die Menschheit von einem großen Laster befreien zu wollen, wird hier vielmehr der Allmachtswahn ausgelebt, alles unter Kontrolle zu haben beziehungsweise alles kontrollieren zu wollen.

 

Ulrike Viegener

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