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Nur mit Vorsicht genießen

26.06.2006  11:26 Uhr

Nur mit Vorsicht genießen

Die große Koalition holt aus zum großen Wurf, will man hoffen. Vielleicht wird es aber auch nur ein kleiner. Der versuchte Befreiungsschlag eines Boxers, der sich immer mehr in die Ecke gedrängt sieht.

 

Die schwarz-rote Regierungskoalition der Kanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich selbst angezählt. Am 2. Juli, also am kommenden Sonntag, wollen sich CDU/CSU und SPD einigen, wie das deutsche Gesundheitswesen zu reformieren ist. Bereits am vergangenen Sonntag hatten die Koalitionäre stundenlang die Köpfe zusammengesteckt. Erneut waren dem Schlagabtausch im Kanzleramt unzählige Einlassungen von Gesundheitspolitikern und anderen Experten vorausgegangen. Das Resultat ist unbefriedigend: Die Regierung will an der Steuerschraube drehen; sie weiß sich keinen anderen Rat. Die SPD hatte 45 Milliarden Euro zur Finanzierung des Systems gefordert, jetzt sollen es immerhin noch bis zu 24 Milliarden Euro für die GKV werden. Sozialpolitische Verschiebebahnhöfe sollen stillgelegt werden.

 

Doch die Taktik hat einen Haken. Auch wenn die Krankenkassen entlastet werden, so muss der Kapitalfluss finanziert werden. Dass dies auch aus der Körperschaftssteuer gedeckt werden soll, lässt am Konzept der Regierung zweifeln. Deren Senkung ist aus wirtschaftspolitischer Sicht dringend notwendig und war ursprünglich für 2008 geplant. Faktisch werden zwar die Kassen entlastet, die Versicherten oder Patienten aber nicht. Wer an die Gerechtigkeit einer solchen Entscheidung ernsthaft glaubt, wird getäuscht. Denn die Umfinanzierung, die frühestens 2008 kommen soll, ist ein schlichtes Ablenkungsmanöver und wird die GKV-Probleme im kommenden Jahren noch nicht einmal ansatzweise lösen. Der ganze Plan wirkt wie ein Reflex.

 

Dabei vernachlässigt Schwarz-Rot die Deckung: Immerhin droht der GKV 2007 eine Lücke von wenigstens 7 Milliarden Euro. Daran wird ein Ausmustern von Krankenkassen mit weniger als einer Million Mitgliedern nichts ändern. Zumal strukturelle Maßnahmen ihre Wirkung, wenn überhaupt, erst erheblich nach deren Einführung zeitigen. Auch dann ist selten belegt, dass die Maßnahmen des Gesetzgebers Erfolg versprechend sind.

 

So ist die Ankündigung des Regierungsprechers Ulrich Wilhelm mit äußerster Vorsicht zu genießen. Er sagte, dass sich die Verhandlungstruppe aus Union und SPD, eine Mannschaft, die bislang allerlei Schwierigkeiten mit der Entscheidungsfindung hatte, noch einmal der Ausgabenseite und möglichen Sparpotenzialen widmen wird. Das kommt nicht von ungefähr. Berechnungen ergeben, dass die Verhandlungen unterm Strich erst Einsparungen von rund 2 Milliarden Euro nach sich ziehen sollen. Es fehlen also mindestens fünf Milliarden Euro. Die müssen entweder durch Beitragserhöhungen wieder in die GKV kommen. Alternativ bieten sich Leistungsausgrenzungen oder weiteres Schröpfen der Leistungserbringer an.

 

Der PZ-Titelbeitrag über die Veränderungen im europäischen Apothekenmarkt verdeutlicht, dass politische Entscheidungen erheblichen Einfluss auf die jeweiligen Märkte haben - und politisch ungewollte und nicht bedachte Entwicklungen nach sich ziehen können. Die Bundesregierung steht vor unbequemen Entscheidungen. Sie wird an Leistungsausgrenzungen nicht vorbei kommen.

 

Thomas Bellartz

Leiter der Hauptstadtredaktion

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