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Diabetes

Folgekrankheit Parodontitis

Datum 27.06.2006  10:23 Uhr

Diabetes

<typohead type="3">Folgekrankheit Parodontitis

von Conny Becker, Berlin

 

Neben dem Rauchen stellt Diabetes mellitus einen Hauptrisikofaktor für Parodontitis dar. Da die Entzündung des Zahnbetts umgekehrt auch die Blutzuckereinstellung beeinflussen kann, sollten Diabetiker auf eine gute Mundhygiene achten.

 

Diabetes mellitus begünstigt über diabetische Mikro- und Makroangiopathie Folgeerkrankungen wie Retino-, Nephro- und Neuropathie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Wundheilungsstörungen. Der gleiche Mechanismus ist jedoch auch dafür verantwortlich, dass Diabetiker häufiger unter Erkrankungen des Zahnhalteapparates leiden als gesunde Menschen: Bei erhöhtem Blutzuckerspiegel lagert sich Glucose auch an Proteine der kleinen Blutgefäße im Zahnfleisch an, der Blutfluss ist vermindert und letztlich die Sauerstoffzufuhr des Zahnfleisches gestört (siehe Kasten). Zudem ist bei Diabetikern das Immunsystem geschwächt, was die Rate der Infektionen und damit der Entzündungen erhöht. Dieses Szenario begünstigt ebenso wie etwa das Rauchen, Stress, andere Allgemeinerkrankungen sowie die genetische Veranlagung die Entstehung einer Parodontitis, deren Hauptverursacher Bakterien im subgingivalen Plaque sind.

Gefährliche Glykosilierung

Bei einem erhöhten Blutzuckerspiegel kommt es zur Glykosilierung von verschiedenen Proteinen im Blut, wobei so genannte Endprodukte der fortgeschrittenen Glykosilierung (AGE, advanced glycation end products) entstehen. Wie Studien zeigten, weisen Diabetiker hohe Konzentrationen von AGE im Parodont auf, so Jepsen. AGEs können an Gewebe- und Gefäßkollagen binden und dieses vernetzen. Lagern sich Fettmoleküle an die Gerüststrukturen an, verdickt sich die Basalmembran der Gefäße. Dies führt zu Atherosklerose und einer Verschlechterung des Nähr- und Sauerstofftransports.

 

Da Makrophagen Rezeptoren für AGEs besitzen, stimuliert ein hoher AGE-Spiegel die Synthese von Entzündungsmediatoren wie TNF-α und Interleukin 1 und fördert somit die Entzündung. Die Inflammation zerstört das Bindegewebe im Bereich des Zahnhalteapparats sowie den Kieferknochen. Der betroffene Zahn wird locker oder »wandert« im Kiefer.

»Nach neueren Erkenntnissen ist bei schlecht eingestellten Diabetikern das Risiko, an Parodontitis zu erkranken, dreimal so hoch wie bei Nicht-Diabetikern«, sagte Professor Dr. Sören Jepsen von der Universität Bonn auf einer gemeinsamen Pressekonferenz von Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Firma Colgate-Palmolive. Nachdem zunächst vor etwa 15 Jahren eine Beobachtungsstudie bei mehr als 1300 Pima-Indianern in Arizona sowohl Hinweise auf eine höhere Prävalenz als auch einen höheren Schweregrad der Zahnbettentzündung bei Menschen mit Typ-2-Diabetes im Vergleich zu Nicht-Diabetikern lieferte, konnte dieser Zusammenhang inzwischen häufig bestätigt werden. »Die gute Nachricht ist, dass bei einem gut eingestellten Diabetes das Risiko für eine Parodontitis nicht erhöht ist«, sagte der Referent. Allerdings ergab eine amerikanische Studie mit rund 4300 Diabetikern auch für die besser eingestellten Patienten (HbA1c ≤ 9 Prozent) noch eine Tendenz zur höheren Parodontitisprävalenz.

 

Parodontitis schürt Insulinresistenz

 

Während die Parodontitis als Folgeerkrankung von Diabetes bereits Eingang in internistische Lehrbücher gefunden habe, sei das umgekehrte Wechselspiel noch weniger bekannt, so Jepsen. Studien mit Insulin-abhängigen und -unabhängigen Diabetikern weisen allerdings darauf hin, dass eine schwere Parodontitis mit einer verstärkten Insulinresistenz, einer schlechten Blutzuckerkontrolle sowie kardiovaskulären Komplikationen assoziiert ist, berichtete der Bonner Zahnmediziner. Eine vergangenes Jahr im Fachmagazin »Diabetes Care« veröffentlichte Untersuchung kam sogar zu dem Schluss, dass auch die Mortalität mit der Schwere der Entzündung des Zahnhalteapparates korreliert. So wiesen in der vom Nationalen Institut für Dentalforschung in den USA unterstützten Untersuchung Diabetiker mit schwerer Parodontitis ein um den Faktor 2,3 erhöhtes Risiko auf, an einem ischämischen Herzinfarkt zu versterben, als Diabetiker mit keiner bis moderater Erkrankung. Das Risiko, an einer diabetischen Nephropathie zu sterben, war sogar um das 8,5fache erhöht.

 

Ebenso wie die Zahnerkrankung die Diabeteseinstellung verschlechtern kann, verbessert eine Therapie der Parodontitis die Blutzuckerwerte. So ergab eine Studie mit 113 amerikanischen Diabetikern, dass eine zweiwöchige Therapie mit täglich 100 mg Doxycyclin peroral nicht nur die Entzündung, sondern auch den mittleren HbA1c-Wert signifikant reduzieren konnte, nämlich auf fast 10 Prozent des Ausgangswertes. Eine kleinere japanische Untersuchung weist außerdem darauf hin, dass eine antibiotische Behandlung auch die TNF-α-Konzentrationenen im Blut senken kann. Die Forscher gehen davon aus, dass der Entzündungsmediator eine entscheidende Rolle bei der mit einer Parodontitis assoziierten Insulinresistenz spielt.

 

Menschen mit Diabetes ist zu raten, ihre Zähne besonders gut zu pflegen, vor allem wenn sie rauchen. Auch die zusätzliche Einnahme von Medikamenten, die zur Mundtrockenheit führen, könnte eine vermehrte bakterielle Besiedlung und damit Zahnerkrankungen bedingen. Diabetiker sollten verstärkt über den Zusammenhang zwischen Mundhygiene und ihrer Stoffwechselerkrankung aufgeklärt werden, forderte BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich. Wie eine Emnid-Umfrage bei 75 Diabetikern ergeben hat, war nur jedem dritten bekannt, dass auch die Parodontitis zu den Begleiterkrankungen von Diabetes zählt. Aus diesem Grund hat die Bundeszahnärztekammer zusammen mit Colgate-Palmolive zum diesjährigen Monat der Zahngesundheit im September eine Broschüre zu diesem Thema herausgebracht. Diese wird in Zahnarztpraxen ausliegen und ist auch unter www.monat-der-mundgesundheit.de zu finden.

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