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Hörsturz

Zu viel um die Ohren

Datum 18.06.2007  10:54 Uhr

Hörsturz

<typohead type="3">Zu viel um die Ohren

Von Christina Hohmann

 

Dumpfer Druck auf dem Ohr, Rauschen und Hörminderung: Ein Hörsturz kann Betroffene unvermittelt aus der Bahn werfen. Je früher eine Therapie begonnen wird, desto besser ist Experten zufolge die Prognose. Doch die Wirksamkeit der verschiedenen Therapieoptionen ist umstritten.

 

Ohne erkennbaren Anlass setzt der Hörsturz ein: Die Betroffenen können plötzlich auf einem Ohr nicht mehr richtig hören. Dabei kann die Schallempfindungsstörung geringfügig sein oder bis zur völligen Gehörlosigkeit reichen. Häufig ist der Hörverlust von weiteren Symptomen wie Druckgefühl im Ohr oder Schwindel begleitet. Bei fast zwei Dritteln der Patienten ist die Hörminderung mit dem Auftreten von Ohrgeräuschen (Tinnitus) verbunden.

 

Wie viele Menschen pro Jahr einen Hörsturz erleiden, ist nicht genau bekannt. Einigen Studien zufolge liegt die Inzidenz in Deutschland bei etwa 15.000 Erkrankungen pro Jahr. Eine neue Analyse von Versicherungsdaten aus Baden-Württemberg lässt aber eine wesentlich höhere Fallzahl vermuten, berichtet das Robert-Koch-Institut (RKI) im Gesundheitsberichterstattungs-Heft »Hörstörungen und Tinnitus«. Frauen und Männer sind gleich häufig betroffen.

 

Ursache unklar

 

Der genaue Entstehungsmechanismus von Hörstürzen ist bislang nicht geklärt. Es wird angenommen, dass verschiedene Faktoren zusammengenommen die Durchblutungsverhältnisse im Innenohr verändern und so zu einer Mangelversorgung der Schall wahrnehmenden Sinneszellen (Haarzellen) führen. Dies kann die Sinneszellen schädigen und in ihrer Funktion beeinträchtigen. Die Durchblutungsstörungen im Innenohr können auf Embolien, Gerinnungsstörungen, Hyperviskosität des Blutes, zu niedrigen oder zu hohen Blutdruck oder auf Gefäßveränderungen wie etwa durch Diabetes oder Atherosklerose zurückgehen. Ein eindeutiger Zusammenhang zwischen kardiovaskulären Risikofaktoren oder den Fließeigenschaften des Blutes und dem Hörsturz konnte in Studien aber nicht nachgewiesen werden, schreibt das RKI.

 

 

Vielmehr scheint Stress an der Entstehung beteiligt zu sein. Klinischen Untersuchungen zufolge sei ein Großteil der Betroffenen vor dem Hörsturz akutem oder anhaltendem starken psychoemotionalen Stress ausgesetzt gewesen, berichtet das RKI. Der erhöhte Spiegel von Stresshormonen könnte eventuell zu Krämpfen in den kleinen versorgenden Gefäßen führen und somit die Minderdurchblutung des Innenohrs bedingen. Wenn die Krämpfe nachlassen, bessert sich auch die Hörstörung wieder. Doch auch diese Annahme ist wissenschaftlich nicht ausreichend belegt. So schreibt zum Beispiel der HNO-Wissenschaftler Professor Dr. Olaf Michel in seinem Fachbuch »Der Hörsturz«, dass mangels anderer Erklärungsmöglichkeiten ein Zusammenhang »zwischen immer vorhandenen Stressereignissen und dem Hörsturz vom Erkrankten konstruiert wird«. Neben Stress werden noch virale Infektionen im Innenohr, Autoimmunerkrankungen und ein Durchbruch der Trennwand zwischen Paukenhöhle und Innenohr als auslösende Faktoren diskutiert. Die Entstehung bleibt somit weitgehend ungeklärt. Vieles spreche aber dafür, dass Hörstürze nicht auf eine einheitliche Pathogenese zurückgehen, schreibt das RKI.

 

Ein Hörsturz ist ein medizinischer Eilfall. Sobald die Symptome Schwindel, Ohrgeräusche und ein Hörverlust zusammenkommen, sollten Betroffene möglichst schnell einen Arzt aufsuchen. Hörstürze haben entsprechend ihrer Definition keine erkennbare Ursache. Sie lassen sich daher nur diagnostizieren, wenn andere Ursachen für eine Hörminderung ausgeschlossen wurden. So können auch Erkrankungen wie Morbus Menière (Erkrankung des Innenohrs), Lärmtrauma, Schädeltrauma, Felsenbeintumoren oder Zoster oticus (Gürtelrose mit Ohrbeteiligung) Schallempfindungsstörungen hervorrufen.

 

Therapie ist umstritten

 

Die Prognose eines Hörsturzes hängt von seinem Schweregrad ab. Massive Hörstürze können unbehandelt bis zur Taubheit führen. Bei leichten Hörverlusten ist eine Therapie nicht unbedingt notwendig. Hier kann einige Tage abgewartet werden, ob sich die Hörverlust von selbst bessert. Die Spontanheilungsrate ist relativ hoch, verschiedenen Studien zufolge beträgt sie zwischen 50 und 60 Prozent. Bei schweren Fällen ist Abwarten aber keine Lösung. Denn laut Expertenmeinung verschlechtert ein später Therapiebeginn die Prognose.

 

Die Behandlung des Hörsturzes zielt darauf ab, die Durchblutung des Innenohrs zu verbessern. Die verschiedenen Therapieoptionen sind aber stark umstritten. Fundierte wissenschaftliche Belege für die Wirksamkeit existieren für keine der für Hörsturz etablierten Methoden. Daher verzichten einige Mediziner ganz auf eine Behandlung. Aussagekräftige Studien zur Wirksamkeit der Therapien scheitern mitunter an der hohen Spontanheilungsrate der Erkrankung.

 

Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Kunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO) schlägt in ihrer Leitlinie verschiedene Therapieoptionen vor. So soll eine Infusion von Lösungen, die Hydroxylethylstärke (HES) oder Dextrane enthalten (zum Teil in Kombination mit Pentoxifyllin), die Durchblutung steigern. In zwei randomisierten Studien war diese Therapie der Infusion physiologischer Kochsalzlösung nicht überlegen. Die Therapie sollte über höchstens zehn Tage erfolgen, da dies die Wahrscheinlichkeit von Nebenwirkungen verringert. Vor allem HES kann bei langer Anwendung zu einem starken Juckreiz führen. Durchblutungsfördernde Substanzen können auch peroral verabreicht werden. Infrage kommen hier Naftidrofuryl, Ginkgo-biloba-Extrakte oder Nimodipin.

 

Weiterhin schlägt die DGHNO eine antiödematöse Therapie unter anderem mit Glucocorticoiden vor. Die im deutschsprachigen Raum übliche ionotrope Therapie, bei der Lokalanästhetika wie Lidocain und Procain intravenös appliziert werden, ist wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten. Da unter der Therapie Krampfanfälle, Atemlähmungen und Herz-Kreislauf-Versagen auftreten können, ist sie ausschließlich durch spezialisierte Ärzte durchzuführen. Ob die Methode den Hörsturz und begleitenden Tinnitus nachhaltig bessert, ist nicht belegt. Weitere mögliche Behandlungsansätze sind die Gabe von Antioxidanzien (Alpha-Liponsäure), die Thrombozytenaggregationshemmung und die Fibrinogenabsenkung durch Apharese. Die Kosten dieser teuren Blutwäsche werden von den Krankenkassen wegen mangelnder Belege für die Wirksamkeit nicht übernommen. Wichtige Aspekte bei der Therapie sind laut RKI der Abbau von Stress und die Kreislaufstabilisierung. Zwei Monate nach einem Hörsturz ist mit keiner Verbesserung der Hörleistung mehr zu rechnen.

 

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