Unsichere Zukunft macht krank |
04.06.2013 18:01 Uhr |
Von Anna Hohle, Berlin / Wer in Teilzeit oder befristet arbeitet, leidet deutlich häufiger an psychischen Erkrankungen als andere Arbeitnehmer. So lautet das Fazit des Gesundheitsreports 2013 der Techniker Krankenkasse (TK). Die Kasse sieht nun die Unternehmen in der Pflicht.
Wer um seine berufliche Zukunft bangt oder für seine Arbeit wenig Wertschätzung erfährt, wird häufiger psychisch krank. Zu diesem Ergebnis kommt die TK in ihrem aktuellen Gesundheitsreport. Für den Bericht wertet die Kasse jährlich Krankschreibungen und Arzneimitteldaten ihrer 3,9 Millionen Versicherten aus. Aufgrund eines neuen Schlüsselverfahrens der Agentur für Arbeit erhielt die TK diesmal auch detaillierte Angaben zur Arbeitssituation ihrer Versicherten.
Insgesamt hätten Fehlzeiten aufgrund von psychischen Erkrankungen stark zugenommen, erklärte der TK-Vorstandsvorsitzende Jens Baas am Dienstag in Berlin. So sei die Zahl der psychisch bedingten Krankschreibungen seit dem Jahr 2006 um gut 75 Prozent angestiegen. Auch wurden seitdem deutlich mehr Medikamente verschrieben, die das Nervensystem beeinflussen. Die Zahl der verordneten Tagesdosen dieser Mittel habe sich seit 2006 um 56,4 Prozent erhöht, so Baas.
Mangelnde Wertschätzung
Besonders auffällig ist laut Baas der Zusammenhang von psychischen Erkrankungen und Teilzeitarbeit beziehungsweise befristeten Arbeitsverhältnissen. So habe die Untersuchung gezeigt, dass Frauen und Männer in befristeten Arbeitsverhältnissen deutlich häufiger aufgrund von psychischen Diagnosen krankgeschrieben werden als andere Versicherte. Die Gründe seien vermutlich Existenzängste und das Gefühl mangelnder Wertschätzung, erklärte Baas.
Dasselbe gilt für Teilzeitbeschäftigungen – hier litten allerdings nur die Männer häufiger unter psychischen Störungen. Schuld daran sind laut Baas wahrscheinlich traditionelle Geschlechterrollen, nach denen Männer häufiger als Haupternährer der Familie fungieren.
»Es ist nicht so, dass die Arbeit an sich krank macht. Es sind die Rahmenbedingungen, die krank machen«, erklärte der TK-Vorsitzende. Er riet den Unternehmen, verstärkt in betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) zu investieren. Nötig seien jedoch weniger äußere Veränderungen wie rückenfreundliche Stühle oder die Salatbar in der Kantine. Stattdessen könnten nur eine flexiblere Arbeitsorganisation, mehr Wertschätzung durch Vorgesetzte, existenzsichernde Perspektiven und die Möglichkeit, Beruf und Kinderbetreuung zu vereinbaren, dazu führen, dass Arbeitnehmer in befristeten oder Teilzeit-Arbeitsverhältnissen seltener psychisch erkranken. Hier zu investieren, lohne sich für jedes Unternehmen, da die Kosten durch den Ausfall psychisch erkrankter Mitarbeiter die eines BGM bei Weitem überträfen, erklärte Baas. /