Pharmazeutische Zeitung online

Konsolidierung der Branche

28.04.2006  13:05 Uhr

Apothekenwirtschaftsbericht

<typohead type="3">Konsolidierung der Branche

von Frank Diener, Berlin

 

Jedes Jahr zum Wirtschaftsforum veröffentlicht die ABDA die Zahlen zur wirtschaftlichen Lage der Apotheken im abgelaufenen Kalenderjahr. Das Jahr 2005 stand dabei im Zeichen einer leichten ökonomischen Stabilisierung.

 

Einmal mehr legen wir unseren Jahreswirtschaftsbericht in einer politisch heißen Phase vor. 1989 begann in Deutschland eine beispiellose Welle pharmapolitischer Reformen. In immer kürzeren Takten wurden immer weitere Steuerungsinstrumente etabliert. Die jüngste Aktivität, das Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz (AVWG), ist just am Montag dieser Woche in Kraft getreten. Es soll die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen in diesem Jahr um 800 Millionen Euro und ab 2007 um 1,3 Milliarden Euro senken.

 

Doch diese Einsparung ist schon jetzt Makulatur: Die Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent bedeutet für die Krankenkassen im kommenden Jahr 800 Millionen Euro Arzneimittelmehrausgaben. Und weil wir ab 2007 nicht mehr für die Gesundheit rauchen, fehlen schlagartig weitere 2,7 Milliarden Euro: Der gerade erst eingeführte und aus der Tabaksteuererhöhung finanzierte Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen wird nämlich 2007 halbiert und ab 2008 komplett gestrichen.

 

Das Gesundheitsministerium geht für 2007 von 3,5 Milliarden Euro Fehlbetrag bei den Krankenkassen aus. Diese wiederum haben für das Defizit Werte zwischen 5 und 15 Milliarden Euro genannt. Kein Wunder, dass das nächste Gesetz schon in Arbeit ist und zum Jahresanfang 2007 in Kraft treten soll.

 

Es soll die wirklich große Gesundheitsreform werden. Endlich soll auch das Einnahmenproblem der Krankenkassen gelöst und vor allem soll tabulos diskutiert werden. Frühestens im Herbst werden die Spielregeln bekannt sein, nach denen Gesundheitsversorgung wenige Wochen später funktionieren soll. Was auch immer dabei herauskommen mag: Mit Planungssicherheit hat das nichts zu tun.

 

Fehlende Planungssicherheit über Rahmenbedingungen hat konkrete Auswirkungen auch in unserer Branche. Seit dem Höchststand im Jahr 2000 haben per saldo rund 1300 Apothekenleiter die Selbstständigkeit aufgegeben. Etwa zwei Drittel von ihnen konnten die Apotheken verkaufen. Der neue Eigentümer hat sie als Filialbetrieb weitergeführt. Doch im verbleibenden Drittel hätte der Weiterbetrieb mangels Rendite das Eigenkapital bis hin zur Insolvenz verbrannt. Diese Apotheken waren unverkäuflich und wurden geschlossen.

 

Bald weniger als 20.000 Leiter

 

Die Zahl der Apothekenleiter liegt inzwischen wieder unter dem Wert von 1992 (also dem Beginn unserer gesamtdeutschen Zeitreihen). Mit ziemlicher Sicherheit wird in diesem Jahr die Marke von 20.000 unterschritten und bis Ende 2008 ist sogar ein Rückgang auf rund 18.000 wahrscheinlich.

 

Seit 2004 darf der Apothekenleiter neben seiner Hauptapotheke bis zu drei Filialapotheken betreiben. Von dieser Möglichkeit machen 1100 Apothekenleiter Gebrauch, das sind rund 5 Prozent der Selbstständigen:

 

989 Apotheker haben zusätzlich zur Hauptapotheke 1 Filiale.

Nur 94 Apotheker betreiben neben der Hauptapotheke 2 Filialen.

Gerade mal 17 Apotheker gehen an die Obergrenze von 3 Filialen.

 

Anders als von manchem erwartet, wird die Begrenzung auf drei Filialen vom Markt nicht ausgetestet und die Regelung insgesamt eher moderat genutzt. Es gibt von daher auch keine Notwendigkeit, bei der jetzt anstehenden Reform daran etwas zu ändern. Obwohl bei rund 20.000 Selbstständigen die derzeitige Regelung Platz für mehr als 60.000 Filialapotheken bietet, gibt es nur 1228 Filialbetriebsstätten. Dass diese Möglichkeit nicht stärker genutzt wird, liegt daran, dass bei einer Filialapotheke die so genannten kalkulatorischen Kosten in echte Kosten umgewandelt werden.

 

Wenn eine bestehende Apotheke als Filialapotheke übernommen wird, muss der neue Eigentümer für den bisherigen Apothekenleiter ein Angestelltengehalt berücksichtigen und zusätzlich das Eigenkapital ersetzen, das der scheidende Apothekenleiter wieder mit sich nimmt. Für viele Betriebe rechnet sich deshalb die Übernahme als Filialbetrieb nicht. Neugründungen von Filialen wiederum sind praktisch nur noch in Konkurrenzlagen möglich, was das Investitionsrisiko erhöht.

 

Die Summe aus Hauptapotheken und Filialen ergibt die Zahl der Betriebsstätten insgesamt. Sie hat sich im Jahr 2005 um 84 erhöht und bewegt sich auf dem langjährigen Mittel von rund 21.500.

 

Im Jahr 2005 wurden 3157 Arbeitsplätze in Apotheken neu geschaffen. Es gibt nicht viele Branchen, die entsprechende Zahlen vorweisen können. Die Gesamtzahl der Arbeitsplätze in den öffentlichen Apotheken hat sich damit auf fast 140.000 erhöht und das »Vor-GMG-Niveau« des Jahres 2002 leicht übertroffen.

 

54 Prozent der Arbeitsplätze sind Vollzeitstellen, 46 Prozent sind Teilzeitstellen, wobei Zweidrittel-und Halbtagsstellen dominieren. Hinzu kommen rund 6200 PKA-Ausbildungsplätze.

 

Hinter dieser Gesamtbeschäftigungszahl verbergen sich bemerkenswerte Umstrukturierungsprozesse vom nicht pharmazeutischen hin zum pharmazeutischen Personal. Seit 2002 wurden die Stellen für nicht pharmazeutisches Personal um rund 3600 reduziert und gleichzeitig etwa 3800 Stellen für pharmazeutisches Personal neu geschaffen. Per saldo wurde also zu höher qualifiziertem Personal umgeschichtet. Jeder, der einen pharmazeutischen Beruf ergreift, sei es über die Fachschulausbildung als Pharmazeutisch-technische Assistentin oder das Studium der Pharmazie, hat in den öffentlichen Apotheken beste Aussichten auf einen wohnortnahen und auf Grund flexibler Arbeitszeitmöglichkeiten familienfreundlichen Arbeitsplatz. Voraussetzung sind allerdings endlich stabile und verlässliche Rahmenbedingungen.

 

Das Statistische Bundesamt publiziert jedes Jahr zum Stichtag 30. Juni die Veränderung der versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisse in allen Wirtschaftsbranchen. Das Bild ist eindeutig: der Rückgang dominiert. Nur in vier Branchen gab es Steigerungen. Das Statistische Bundesamt weist den Wert für Apotheken nicht separat, sondern integriert in die Rubrik »Gesundheits- und Sozialwesen« aus. Doch wenn man unsere Zahl mit dazu spielt, wird klar, dass wir über alle Wirtschaftsbranchen hinweg den größten Zuwachs an sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung erbracht haben.

 

Zwanzig Packungen pro Jahr

 

Die Arzneimittelverordnungen für gesetzlich und privat Versicherte haben sich im vergangenen Jahr geringfügig um 2 Prozent auf 862 Millionen Packungen erhöht und damit mehr als 15 Prozent unter dem früheren langjährigen Durchschnittswert konsolidiert.

 

In der Selbstmedikation sind 692 Millionen Packungen abgegeben worden. Das ist ein sehr erfreuliches Plus von mehr als 6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Selbstmedikationsanteil ist mittlerweile auf 45 Prozent der Gesamtmedikation gestiegen.

 

Trotzdem ist die weitgehende Ausgrenzung der rezeptfreien Arzneimittel aus der GKV-Erstattung durch die Selbstmedikation mengenmäßig nicht kompensiert worden. Die Gesamtpackungsmenge liegt nach wie vor um mehr als 100 Millionen Packungen unter dem Wert von 2003. Mit 20 Arzneimittelpackungen jährlich liegt der deutsche Pro-Kopf-Verbrauch im EU-Mittelfeld. Dort reicht das Spektrum von 15 bis 50 Packungen.

 

95 Prozent dieser Arzneimittelabgaben finden in der Apotheke statt. 5 Prozent der Arzneimittel werden per Botendienste der Apotheken bis ans häusliche Krankenbett gebracht: 75-Millionen-mal jährlich, 250.000-mal täglich, also etwa 12-mal täglich je Apotheke. Unser Homeservice erfolgt in der Regel noch am Bestelltag und immer ohne Extrakosten für die Kunden. In den USA hat der Versandhandel nach 30 Jahren einen Anteil von 6 Prozent der Arzneimittelpackungen, entspricht also unserer Botendienst-Quote. Wir decken damit schon seit vielen Jahren genau den Versorgungsbereich ab, den der deutsche Gesetzgeber dem Versandhandel zugedacht hat.

 

Das erklärt, dass der Arzneimittelversand in Deutschland nur Promillebedeutung hat - ausweislich der offiziellen Zahlen des Bundesgesundheitsministeriums, dem niemand unterstellen kann, die Bedeutung des Versandhandels zu untertreiben.

 

Nach den deutlichen strukturellen Veränderungen im Jahr 2004 hat sich 2005 die neue Situation in den Segmenten Verordnungsmarkt und Selbstmedikation erwartungsgemäß etwas konsolidiert:

 

Die Verordnung rezeptpflichtiger Arzneimittel ist im Anteil fast stabil geblieben (plus 0,1 Prozentpunkte).

Die Verordnung rezeptfreier Arzneimittel hat sich weiter reduziert und ist jetzt nur noch im einstelligen Prozentbereich (minus 1,1 Prozentpunkte).

Insgesamt macht der Verordnungsmarkt nur noch 55,5 Prozent der Gesamtmedikation aus (minus 1,0 Prozentpunkte).

Die Selbstmedikation mit apothekenpflichtigen Arzneimitteln hat sich um einen Punkt auf 40 Prozent der gesamten Packungsmenge erhöht.

Die Selbstmedikation mit freiverkäuflichen, also nicht apothekenpflichtigen Arzneimitteln ist mit 4,5 Prozent unverändert geblieben, das entspricht knapp 70 Millionen Packungen.

 

Auf dem Weg zum Niedrigpreisland

 

Die Arzneimittelpreise sind im Jahr 2005 weiter gesunken. Der Arzneimittelpreisindex hat sich damit gute 2 Prozentpunkte unter dem Niveau der letzten 10 Jahre eingependelt. Die allgemeinen Lebenshaltungskosten sind dagegen weiter angestiegen, sodass sich die Schere zwischen beiden Zeitreihen noch weiter geöffnet hat.

 

Die deutschen Arzneimittelpreise haben sich in den letzten Jahren so entwickelt, dass Deutschland zwar nicht bei allen, aber bei vielen Arzneimitteln ein Niedrigpreisland geworden ist:

 

Auf der Apothekenstufe hat die neue Apothekervergütung plangemäß alle Arzneimittel ab einem Herstellerabgabepreis von 15 Euro verbilligt. In diesem Preisbereich finden 75 Prozent des GKV-Umsatzes statt, insbesondere die Versorgung chronisch kranker Patienten. Hier liegt Deutschland mittlerweile sogar unter dem Niveau von Niedrigpreisländern wie Frankreich, Italien oder Spanien.

Auf der Herstellerstufe sind die Abgabepreise durch die Arzneimittelfestbeträge unter wirksamer Kontrolle und mit dem AVWG steht bei den Festbetragsstufen II (also den Arzneimitteln mit vergleichbaren Wirkstoffen) und III (Arzneimittel mit vergleichbaren Wirkprinzipien) eine Absenkung ins untere Preisdrittel unmittelbar bevor.

 

Im vergangenen Jahr haben die deutschen Medien und Politiker erstmals etwas als ein Problem wahrgenommen, was bislang als eine der genialsten pharmapolitischen Kostensenkungsideen angesehen wurde: die Forcierung der internationalen Güterarbitrage bei Arzneimitteln. Worum geht es? Fast zwei Jahrzehnte lang wurde alles getan, um preisgünstige Arzneimittel aus dem europäischen Ausland nach Deutschland importieren zu können. Dabei wurde nicht nur die Möglichkeit zum Arzneimittelimport geschaffen, vielmehr wurde die Nutzung dieser Möglichkeit gesetzlich erzwungen.

 

Mit der Importquote von 5 Prozent, die die Apotheken zu erfüllen haben, wird den Arzneimittelimporteuren eine Umsatzbeteiligung an der GKV-Arzneimittelversorgung gewährt. Solange wir für die 70 Millionen GKV-Versicherten preiswerte Arzneimittel aus den anderen EU-Ländern aufgekauft und nach Deutschland importiert haben, war die Welt in Ordnung. Doch es gibt mittlerweile eine Reihe von innovativen Arzneimitteln, die für die Versorgung absolut unverzichtbar sind und deren Preis in Deutschland so deutlich unter dem Preis in anderen Ländern der EU liegt, dass es lukrativ ist, die eigentlich für Deutschland produzierten Arzneimittel ins Ausland zu exportieren.

 

Nun beginnt sich die Strömungsrichtung bei der Güterarbitrage zu ändern, was dem »Spiegel« (10. April 2006, Seite 94) gleich eine Missetätermeldung wert war: »In Deutschland drohen etliche Medikamente knapp zu werden. Grund: Apotheker verkaufen lieber an Exporteure als an deutsche Kassenpatienten!« Überflüssig zu sagen, dass wir zur Internationalisierung der Warenströme in der Arzneimittelversorgung seit Jahrzehnten eine bekannte und unveränderte Position haben. Doch die Moral von der Geschicht´ ist klar: Es ist gut, wenn wir den Italienern, Griechen, Portugiesen oder Spaniern die Arzneimittel wegkaufen, doch es ist böse, wenn wir mit unseren Arzneimitteln die Briten versorgen.

 

Gesamtumsatz 35 Milliarden Euro

 

Der Gesamtumsatz der Apotheken ist 2005 um 7,7 Prozent auf 35 Milliarden Milliarden (ohne Mehrwertsteuer) gestiegen. Der Gesamtumsatz der Apotheken beinhaltet alle Arzneiverordnungen für gesetzlich und privat krankenversicherte Personen, die komplette Selbstmedikation, unsere kompletten Umsätze mit Hilfsmitteln sowie Produkten aus dem apothekenüblichen Ergänzungssortiment.

 

Im Jahr 2005 gab es bei der Umsatzstruktur nur geringfügige Änderungen:

 

Der Verordnungsmarkt blieb mit insgesamt 77,2 Prozent Anteil konstant. Innerhalb dieses Segmentes hat sich die Verordnung rezeptpflichtiger Arzneimittel um 0,6 Prozentpunkte erhöht und die der rezeptfreien Arzneimittel entsprechend abgenommen.

Der OTC-Bereich blieb mit insgesamt 22,8 Prozent Umsatzanteil konstant. Hier gab es nur eine Verschiebung um 0,4 Prozentpunkte von den rezeptfreien zu den freiverkäuflichen Arzneimitteln.

 

Das unabhängige Institut für Handelsforschung an der Universität Köln führt für alle Handelsbereiche Betriebskostenvergleiche durch. Bei diesem Betriebsvergleich werden alle Zahlen in Prozent des Bruttogesamtumsatzes ausgedrückt. Die vorläufigen Zahlen für 2005 ergeben folgendes Bild:

 

Der Bruttoumsatz wird in jedem Jahr gleich 100 gesetzt.

Darin sind derzeit noch 13,80 Prozent Umsatzsteuer enthalten, denn 16 Prozent auf Hundert sind 13,8 Prozent im Hundert.

Daraus ergibt sich ein Nettoapothekenumsatz von 86,2 Prozent des Bruttoumsatzes.

Der effektive Wareneinsatz der Apotheken berücksichtigt alle Einkaufsvorteile von Vorlieferanten, also Natural- und Barrabatte ebenso wie erhaltene Skonti. Er hat sich auf 62 Prozent verteuert.

Entsprechend der Erhöhung des Wareneinsatzes ist der Branchenrohertrag, also unsere betriebswirtschaftliche Manövriermasse, auf 24,2 Prozent des Bruttoumsatzes gesunken.

Weil die steuerlich abzugsfähigen Kosten, also die Kosten für die angestellten Mitarbeiter, Räume, Sachausstattung und Betriebssteuern auf 17,4 Prozent des Bruttoumsatzes gesunken sind, ist unser steuerliches Betriebsergebnis, das »Vorsteuereinkommen«, mit 6,8 Prozent des Bruttoumsatzes konstant geblieben. Das steuerliche Betriebsergebnis ist die zentrale betriebswirtschaftliche Ergebnisgröße für die Apothekenleiter.

Spätestens seit die Möglichkeit von Filialapotheken geschaffen wurde, ist die Berücksichtigung kalkulatorischer Kosten betriebswirtschaftlich zwingend. Bei der Umwandlung einer Apotheke in eine Filialapotheke muss das eingesetzte Eigenkapital sowie die eingebrachte Arbeitszeit des bisherigen Apothekenleiters ersetzt werden.

 

Auch bei der Neugründung einer Filiale ist Eigenkapital und ein dann angestellter Apothekenleiter notwendig. Für den Betreiber von Filialen ist die Umsatzrendite die maßgebliche betriebswirtschaftliche Ergebnisgröße. Bei den kalkulatorischen Kosten für das Eigenkapital werden Kapitalmarktzinsen berücksichtigt und bei dem kalkulatorischen Unternehmerlohn Gehaltskosten aus vergleichbaren Tätigkeitsbereichen. Das Institut für Handelsforschung setzt für die kalkulatorischen Kosten im Jahr 2005 unverändert insgesamt 6 Prozent des Bruttoumsatzes an, die sich aus 5,3 Prozent Unternehmerlohn und 0,7 Prozent Eigenkapitalverzinsung zusammensetzen. Das betriebswirtschaftliche Ergebnis, das auch als Umsatzrendite bezeichnet wird, ist 2005 unverändert geblieben.

 

Wenn man von den Branchengesamtdaten auf die einzelwirtschaftlichen Daten übergehen will, stellt sich die Frage, welchen Apothekentyp man darstellen möchte oder genauer, welche Apotheke man als »typisch« bezeichnen möchte. Die statistische Methodenlehre stellt hier einige Messkonzepte bereit: Es kann die Apotheke mit dem »mittleren« Umsatz gewählt werden, es können aber auch Apotheken aus verschiedenen Umsatzbereichen dargestellt werden oder es kann der am häufigsten vorkommende Wert genommen werden. Wenn man längerfristige Entwicklungen aufzeigen will, ist es gar nicht mal so wichtig, welches dieser statistischen Messkonzepte man für die typische Apotheke wählt. Wichtig für eine seriöse Berichterstattung ist vielmehr, dass man nicht jährlich unterschiedliche Konzepte wählt, sondern dauerhaft bei dem gewählten Messkonzept bleibt.

 

1,25 Millionen Umsatz ist typisch

 

Die ABDA hat sich seit 1992 dafür entschieden, die »typische« Apotheke anhand des so genannten »häufigsten Wertes« abzubilden. So gelingt eine Darstellung, die für eine möglichst große Zahl von Apotheken zutreffend ist.

 

Im Jahr 2005 lag die typische Apotheke in der Umsatzgrößenklasse von 1 bis 1,25 Millionen Euro und damit rund ein Drittel unter dem rechnerischen Durchschnittswert, der zwei Umsatzgrößenklassen rechts von der typischen Apotheke liegt. Unmittelbar links und rechts von der typischen Apotheke liegen zudem ebenfalls stark besetzte Umsatzgrößenklassen, sodass unsere typische Apotheke geeignet ist, die betriebswirtschaftliche Situation für eine sehr große Zahl der Apotheken sinnvoll abzubilden.

 

Wie sieht das Betriebsergebnis der typischen Apotheke im Jahr 2005 im Vergleich zu 2004 aus, wenn man alle Segmente zusammennimmt? Der Bruttoumsatz (und zwar über alle Umsatzsegmente gerechnet) hat sich um knapp 7 Prozent auf 1.310.000 Euro erhöht). Die Mehrwertsteuerabführungen an den Fiskus betrugen 181.000 Euro. Die Differenz aus Bruttoumsatz und Mehrwertsteuer ergibt den Nettoumsatz von 1.129.000 Euro. Der Wareneinsatz (und zwar unter Einrechnung aller Einkaufskonditionen) ist auf 818.000 Euro gestiegen.

 

Hieraus ergibt sich ein Rohertrag in Höhe von 311.000 Euro, also ein Plus von 14.000 Euro gegenüber dem Vorjahr. Die Personalkosten für die Angestellten der typischen Apotheke haben sich auf 117.000 Euro erhöht. Die sonstigen Kosten (also Raum- und Sachkosten sowie Betriebssteuern) sind auf 109.000 Euro gestiegen.

 

Das steuerliche Betriebsergebnis, also das Vorsteuereinkommen des Leiters der typischen Apotheke, ist von 81.000 Euro im Jahr 2004 auf 85.000 Euro im vergangenen Jahrgestiegen. Bei 48 Arbeitswochen mit jeweils 45 Arbeitsstunden entspricht das einem rechnerischen Stundensatz von 39 Euro vor Steuern und Abzügen für Krankenversicherung und Altersvorsorge und so weiter.

 

Blicken wir auf die gesetzlichen Krankenkassen, die mit 41 Prozent nach der Menge und 63 Prozent nach dem Umsatz für uns nach wie vor der dominante Marktpartner sind. Bei den verschreibungspflichtigen Arzneimittel (Rx) hat sich die Packungszahl 2005 auf 540 Millionen erhöht. Dieser Wert liegt immer noch unter dem mehrjährigen Mittelwert von 2002 bis 2005.

 

Bei den rezeptfreien Arzneimitteln (Non-Rx) ist die weitgehende Ausgrenzung aus der Verordnung vollzogen. Hier hat sich die verordnete Packungsmenge knapp unter 100 Millionen stabilisiert. Die Gesamtpackungsmenge im Rahmen der GKV-Arzneimittelversorgung ist damit im Jahr 2005 um fast 160 Millionen niedriger als im Jahr 2002 gewesen.

 

Im Jahr 2005 haben die gesetzlichen Krankenkassen 23,7 Milliarden Euro für Arzneimittel ausgegeben. Je nachdem, ob man die Veränderung aus kurz- oder mittelfristiger Perspektive betrachtet, ergibt sich ein differenziertes Bild. Im kurzfristigen Vergleich 2005 mit 2004 ist die Steigerung mit 16,7 Prozent deutlich. Im mittelfristigen Vergleich zum Vor-GMG-Jahr 2002 fällt der jahresdurchschnittliche Zuwachs mit 2,1 Prozent dagegen ausgesprochen niedrig aus und ist, wie die Gesundheitsweisen es im Gutachten 2005 ausgedrückt haben, im internationalen Vergleich »unauffällig« (siehe Sachverständigenrat zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen, Koordination und Qualität im Gesundheitswesen, TZ. 764, 2005).

 

In der tendenziösen Berichterstattung wird je nach präferierter Ausrichtung nur einer dieser beiden Blickwinkel benutzt. Zu einer objektiven Darstellung - und dazu raten wir - gehören jedoch beide.

 

Die Arzneikostenzuzahlungen haben sich im Jahr 2005 auf 2,15 Milliarden Euro reduziert. Nicht zuletzt durch die Kommunikationsleistungen der Apotheken haben mehr Menschen gelernt, wie das Procedere zur Zuzahlungsbefreiung ist. Vor allem chronisch Kranke nutzen die Möglichkeit zur sofortigen Zuzahlungsbefreiung durch die Einmalzahlung der persönlichen Jahresmaximalzuzahlung an die Krankenkasse.

 

Bei Patienten, die nicht von der Zuzahlung befreit sind, beträgt diese 10 Prozent des Arzneimittelpreises mit der Untergrenze von 5 und Obergrenze von 10 Euro (jedoch niemals mehr als den Apothekenabgabepreis des Mittels). Im Durchschnitt aller Versicherten ergibt sich bei den insgesamt 638 Millionen verordneten Arzneimittelpackungen ein Zuzahlungsbetrag von 3,37 Euro je Packung, was bei den etwa 72 Millionen GKV-Versicherten im rechnerischen Mittel eine jährliche Arzneimittelkostenzuzahlung von rund 30 Euro ergibt.

 

Industrieanteil steigt

 

Die pharmapolitischen Maßnahmen der vergangenen Jahre haben die prozentualen Anteile an den GKV-Arzneimittelausgaben deutlich verändert. Der Apothekenanteil hat sich von 18,4 auf 16,8 Prozent reduziert und die Großhandelsspanne ist in der GKV-Versorgung sogar um mehr als die Hälfte auf 4,1 Prozent gesunken. Dies sind die dauerhaften Auswirkungen der neuen Arzneimittelpreisverordnung. Der Anteil der Industrie hat sich von 59,3 auf 65,3 Prozent erhöht. Unverändert blieb in dieser Zeit lediglich der Staatsanteil mit 13,8 Prozent. Doch das wird ja mit der Mehrwertsteuererhöhung zum nächsten Neujahrstag korrigiert.

 

Bei den absoluten Anteilen an den GKV-Arzneimittelausgaben hat sich die Industrie von rund 13 auf über 15 Milliarden Euro verbessert und auch der Staat hat über die Mehrwertsteuer auf Arzneimittel einen größeren Anteil erhalten. Die neue Arzneimittelpreisverordnung mit dem Apothekenfixzuschlag und der halbierten Großhandelsmarge hat, wie auch das BMG bestätigt, die Senkung der Vertriebskosten im geplanten Ausmaß bewirkt.

 

Unsichere Prognose für 2006

 

Die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen haben sich in jedem der ersten drei Monate erhöht. Der Januar 2006 lag um knapp 250 Millionen Euro über dem Vorjahreswert, im Februar waren es fast 100 und im März 2006 rund 220 Millionen Euro mehr als ein Jahr zuvor. Im Vergleich zum Vorjahresquartal ist das ein Plus von 10,6 Prozent.

 

Nennenswerte Preisbewegungen haben im ersten Quartal nicht stattgefunden. Im März gab es zwar ein Mengenplus, doch dieses resultierte wohl vor allem aus Vorzieheffekten infolge der Diskussion um das AVWG vor den Landtagswahlen am 26. März. Zudem lag im Januar und Februar die Packungsmenge unter dem Vorjahreswert, sodass das Plus im März im Gesamtquartal neutralisiert wurde.

 

Der Zuwachs kann also nur durch die Strukturkomponente mit ihren vielfältigen Einflussfaktoren erklärt werden. Hierzu bedarf es detaillierterer Analysen, die erst im Verlauf des Jahres erstellt werden können. Von interessierten Kreisen gern unterschlagen wird an dieser Stelle der Hinweis, dass diese Mehrausgaben der Krankenkassen wegen der seit 2004 geänderten Apothekenvergütung nicht mit einem entsprechenden Plus des Apothekenrohertrages oder gar Apothekereinkommens einhergehen.

 

Im Jahr 2005 haben die GKV-Arzneimittelausgaben im Monatsdurchschnitt 1,95 Milliarden Euro betragen und in der Summe 23,4 Milliarden Euro erreicht. Im ersten Quartal 2006 lag das Monatsmittel mit 1,96 Milliarden Euro zwar nur geringfügig über dem Durchschnittswert des Gesamtjahres 2005. Doch derzeit ist nicht absehbar, wie sich der Mix höchst heterogener Einflussfaktoren im weiteren Jahresverlauf auf die monatlichen Ausgaben auswirken wird.

 

Das AVWG (Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz) ist seit dem 1. Mai in Kraft. Der Generikapreisabschlag mit Geltung ab 1. April wird die Kassen in 2006 um 375 Millionen Euro entlasten. Die Absenkung der Festbetragsstufen II und III ins untere Preisdrittel soll im Gesamtjahr 800 Millionen Euro Einsparung erbringen, bei In-Kraft-Setzung ab Juli 2006 wären 400 Millionen Euro anzusetzen. Zusammen genommen ist somit eine Entlastung durch das AVWG in 2006 in Höhe von knapp 800 Millionen Euro eingeplant.

 

Wir erwarten, dass die neue Krankenhausvergütung in diesem Jahr deutlich wirkt und zu einer verstärkten Verlagerung kostenintensiver Therapien aus dem stationären in den ambulanten Bereich führt. Dies wird in jedem Fall für eine positive Strukturkomponente sorgen. Ob der gleichzeitige Mengeneffekt dieser Verlagerung groß genug ist, die Packungen zu kompensieren, die im ambulanten Bereich im Vorgriff auf die Bonus-Malus-Regelung unterbleiben, ist derzeit offen.

 

Noch vor dem In-Kraft-Treten des AVWG hat die Bundesregierung eine »große« Gesundheitsreform für den Jahresbeginn 2007 angekündigt, eine Koalitionsarbeitsgruppe hat schon getagt und in den Medien werden tagtäglich neue Reformoptionen dazu kolportiert. Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wird ein solches Reformvorhaben zu signifikanten Vorzieheffekten spätestens ab dem Herbst dieses Jahres führen. Für eine Jahresprognose 2006 ist es also noch zu früh.

Der Autor

Dr. Frank Diener ist Geschäftsführer Wirtschaft und Soziales bei der ABDA - Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände.

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