G-BA setzt Nutzenbewertung von Alipogentiparvovec aus |
22.04.2015 10:11 Uhr |
Von Annette Mende / Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA) hat das Verfahren zur Nutzenbewertung von Alipogentiparvovec (Glybera®) ausgesetzt, weil die Europäische Arzneimittelagentur (EMA) sich erneut mit dem seit November 2014 verfügbaren Arzneimittel befasst.
Auslöser sind Bedenken, die der zuständige EMA-Rapporteur äußerte. Er sah nach Auswertung von Follow-up-Daten ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis für das Orphan Drug, das zur Behandlung von Patienten mit familiärer Lipoproteinlipasedefizienz (LPLD) zugelassen ist. Vom 21. bis 23. April wird der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) diesen Einwand prüfen und entscheiden, welche Folgen daraus abzuleiten sind.
Da bei Orphan Drugs der Zusatznutzen durch die Zulassung als belegt gilt, muss der G-BA lediglich über dessen Ausmaß entscheiden. Dafür hat er maximal sechs Monate Zeit. Bei Alipogentiparvovec wird diese Frist durch die Aussetzung des Verfahrens nun erstmals überschritten. In einer Pressemitteilung erklärt G-BA-Chef Professor Dr. Josef Hecken dazu: »Die Sicherheit der Patienten ist wichtiger als die Einhaltung einer formalen gesetzlichen Verfahrensfrist.« Er hält es für unverantwortlich, dem Wirkstoff vor der anstehenden Empfehlung des CHMP einen Zusatznutzen auszusprechen. »Ausgehend von den Mitteilungen über den Rapporteursbericht müssen dessen Feststellungen gravierend sein.«
Die Information über das mögliche Sicherheitsrisiko von Alipogentiparvovec erreichte den G-BA auf den allerletzten Drücker. Er wurde erst am 14. April in Kenntnis gesetzt, hätte aber, um die Frist zu wahren, am 16. April die Entscheidung fällen müssen. Daher blieb ihm keine andere Möglichkeit, als die Notbremse zu ziehen. Das ist vor allem deshalb ärgerlich, weil der Rapporteur seine Bedenken der EMA bereits am 8. April mitgeteilt hatte. Darüber hatte Hersteller Chiesi zunächst die US-amerikanische Börsenaufsicht informiert, was Hecken irritiert: »Ich hätte erwartet, dass angesichts des Wissens um das beim G-BA laufende Bewertungsverfahren zumindest eine zeitgleiche Unterrichtung von Börsenaufsicht und G-BA erfolgt, denn der Patientenschutz ist für mich in solchen Fällen wichtiger als mögliche geschäftspolitische Imponderabilien.« /