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Morbus Gaucher

Kapsel statt Infusion

Datum 11.03.2015  10:25 Uhr

Von Sven Siebenand, Frankfurt am Main / Morbus Gaucher ist wahrscheinlich die häufigste lysosomale Speicherkrankheit. Dennoch ist sie selten. Bei nur 350 Menschen in Deutschland ist die Erkrankung diagnostiziert. Bisher sind die meisten von ihnen auf regelmäßige Infusionen angewiesen. Voraussichtlich ab April wird es mit Eliglustat eine zweite orale Behandlungsoption geben, erstmals eine für die Primärtherapie.

Die Ursache der Erbkrankheit Morbus Gaucher ist ein genetisch bedingter Mangel des Enzyms β-Gluco­cerebrosidase. Wie Professor Dr. Claus Niederau vom Katholischen Klinikum Oberhausen bei einer Presseveranstaltung des Pharmaunternehmens Gen­zyme in Frankfurt am Main informierte, führt dieser Mangel zur Anhäufung von Glucocerebrosiden in Makrophagen. Überall wo im Körper diese Fresszellen vorkommen, insbesondere in Milz, Leber und Knochenmark, sammeln sich dann vergrößerte und lipidspeichernde Zellen an, sogenannte Gaucher-Zellen. »Zum Beispiel das Anschwellen von Milz und Leber, aber auch Knochenbrüchigkeit und Anämie können typische Krankheitssymptome sein«, sagte der Mediziner. Bei Morbus Gaucher vom Typ 1 sei das zentrale Nervensystem nicht beteiligt, bei den deutlich selteneren Typen 2 und 3 schon.

 

Zwei Wege führen zum Ziel

 

Vorwiegend für Morbus Gaucher vom Typ 1 stehen zwei verschiedene Behandlungsstrategien zur Verfügung. Einerseits ist dies die Enzymersatz­therapie, also die Substitution des fehlenden Enzyms β-Glucocerebrosidase. Andererseits ist es möglich, die Glucocerebrosid-Synthese zu hemmen. Ärzte sprechen dann von Substratreduk­tionstherapie. »Bei erstem Verfahren wird das Abflussflussrohr für Gluco­cerebroside wieder geöffnet, bei zweitem deren Zuflusshahn zugedreht«, verglich Niederau.

 

Für die Enzymersatztherapie stehen in Deutschland Imiglucerase (Cere­zyme®) und Velaglucerase (Vpriv®) zur Verfügung. Der Referent informierte, dass in den USA auch Taliglucerase (Elelyso®) verfügbar ist. Als Hemmstoff der Glucocerebrosid-Synthase gab es bisher nur den Wirkstoff Miglustat (Zavesca®). Im April will Hersteller Genzyme mit Eliglustat (Cerdelga®) einen zweiten Stoff dieser Wirkstoffklasse in den deutschen Handel bringen. Beide Orphan Drugs müssen nicht wie die Enzymersatztherapien regelmäßig infundiert werden, sondern können in Kapselform oral eingenommen werden. Ein wichtiger Unterschied zwischen Miglustat und Eliglustat: Während der erstgenannte Wirkstoff nur zur Behandlung von Patienten verwendet werden darf, für die eine Enzymsubstitutionstherapie nicht infrage kommt, gilt diese Einschränkung bei Eliglustat nicht. Laut Niederau ist der neue Wirkstoff auch ein viel spezifischerer Hemmstoff der Glucocerebrosid-Synthase als Mi­glustat mit weniger Nebenwirkungen.

 

CYP2D6-Genotypisierung im Vorfeld

 

Die Zulassung von Eliglustat umfasst die Langzeitbehandlung von erwachsenen Patienten mit Morbus Gaucher Typ 1, die langsame, intermediäre oder schnelle Metabolisierer in Bezug auf den Cytochrom-P450-Typ 2D6 sind. Hauptsächlich über dieses Enzym wird die neue Substanz in der Leber verstoffwechselt. Professor Dr. Martin Merkel von der As­klepios Klinik St. Georg in Hamburg betonte daher, dass vor Therapiebeginn mit Eliglustat der CYP2D6-Metabolisierungsstatus bestimmt werden muss. Erst danach könne der Arzt entscheiden, ob er das Präparat bei einem Patienten einsetzen kann und wenn ja in welcher Höhe er es dosieren muss. Bei Patienten, die ul­traschnelle CYP2D6-Metabolisierer sind oder bei denen der Metabolisierungsgrad unklar ist, sollte Eliglustat nicht zum Einsatz kommen. Intermediäre und schnelle CYP2D6-Metabolisierer sollten zweimal täglich eine Kapsel à 84 mg Eliglustat schlucken, langsame CYP2D6-Metabolisierer einmal täglich eine solche Kapsel.

 

Eliglustat ist kontraindiziert bei Patienten, die in Bezug auf CYP2D6 intermediäre oder schnelle Metabolisierer sind und einen starken oder mäßig starken CYP2D6-Hemmer gleichzeitig mit einem starken oder mäßig starken CYP3A-Inhibitoren einnehmen, sowie bei Patienten, die langsame CYP2D6- Metabolisierer sind und einen starken CYP3A-Hemmer einnehmen. Unter diesen Bedingungen sind die beiden wichtigen Stoffwechselwege für den Metabolismus von Eliglustat beeinträchtigt und es sind erheblich erhöhte Plasmakonzentrationen des Wirkstoffs zu erwarten. Wegen der Inhaltsstoffe, die CYP3A hemmen, sollten alle Patienten unter Eliglustat-Therapie auch auf den Verzehr von Grapefruits und deren Saft vermeiden. Laut Fachinformation sollte Eliglustat auch in der Schwangerschaft nicht zum Einsatz kommen. Ebenso besteht bisher keine Zulassung bei Kindern, wobei Merkel davon ausgeht, dass sich dies noch ändern wird.

 

Enzymersatztherapie nicht unterlegen

 

Die placebokontrollierte Phase-III- Studie ENGAGE zeigte, dass die Behandlung mit Eliglustat bei therapienaiven Patienten mit Morbus Gaucher Typ 1 nach neun Monaten Verbesserungen in folgenden Endpunkten bewirkte: Milzgröße, Thrombozytenzahl, Hämoglobinwert und Lebervolumen. Ziel einer zweiten Phase-III-Studie, ENCORE, war es zu prüfen, ob die Erkrankung stabil blieb, wenn die Patienten von einer Enzymersatztherapie mit Imiglucerase auf Eliglustat umgestellt wurden. Hierbei erfüllte der neue Wirkstoff die zuvor festgelegten Kriterien für Nicht-Unterlegenheit gegenüber Imiglucerase. Die unter Eliglustat am häufigsten berichtete Nebenwirkung ist Durchfall, der bei etwa 6 Prozent der Patienten in Studien auftrat.

 

Merkel betonte, dass die Enzym­ersatztherapien sichere und effektive Behandlungsoptionen sind. Die orale Therapie könne eine lebenslange Imi­glucerase- oder Velaglucerase-Infusion alle zwei Wochen vermeiden und biete aus Sicht einiger Patienten einen großen Mehrwert und Gewinn an Lebensqualität. Der Mediziner erinnerte daran, dass die Patienten nicht nur für die Infusionen Zeit mitbringen müssen, sondern insbesondere in strukturschwachen Regionen teilweise auch lange Anfahrtswege zum Arzt haben. In diesen Fällen könne eine orale Therapie eine optimale medizinische Lösung darstellen. Die Umstellung auf Eliglustat solle aber immer nur nach ausführlicher Aufklärung und in Abstimmung zwischen Patient, Hausarzt und Gaucher-Spezialist erfolgen. /

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