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Alzheimer-Patienten in der Apotheke

17.02.2009  16:47 Uhr

Pharmacon Davos 2009

<typohead type="3">Alzheimer-Patienten in der Apotheke

 

1906 berichtete Alois Alzheimer von einem »schweren Erkrankungsprozess der Hirn-rinde«, bei dem es zur »Einlagerung eines eigenartigen Stoffes« und zu »merkwürdigen Veränderungen der Neurofibrillen« komme. Damit meinte er zum einen Amyloid-Plaques, die sich auf der Oberfläche von Nerven anlagern.

 

Neurofibrillen sind Proteine, die sich im Nerveninnern ansammeln. Beide Prozesse sorgen für eine allmähliche Zerstörung des Hirngewebes. »Alzheimer erkannte also bereits die Mechanismen, die der nach ihm benannten Krankheit zugrunde liegen«, sagte Oliver Schwalbe bei seinem Seminar »Pharmazeutische Betreuung bei Alzheimer-Patienten«. Er promoviert am Institut für Pharmazie der Universität Halle-Wittenberg zu diesem Thema.

 

Als Krankheitssymptome von Alzheimer nennt die Weltgesundheitsorganisation Störungen von Gedächtnis, Denk- und Urteilsvermögen sowie der Alltagskompetenz, die mindestens sechs Monate anhalten und sich laufend verschlechtern.

 

»In Deutschland gibt es 600.000 bis 700.000 Alzheimer-Patienten und diese profitieren von der Betreuung durch Apotheker«, betonte Schwalbe. Das beginne schon bei der Früherkennung. Denn der Therapieerfolg lasse sich durch eine möglichst frühe und umfassende Diagnose erhöhen. So handle es sich nur bei etwa 60 Prozent aller Demenzen um Alzheimer, und bei den übrigen Patienten finde sich möglicherweise eine behandelbare Grundkrankheit. Der Apotheker solle auffälligen Kunden (die etwa häufig verwirrt wirken oder gedächtnissteigernde Mittel verlangen) behutsam den Arztbesuch nahelegen und ihnen idealerweise sogar die Adresse einer Gedächtnissprechstunde in der Nähe geben.

 

»Wenn die Diagnose bereits besteht, kann der Apotheker die Therapie überwachen und die Patienten beraten«, sagte Schwalbe. Bei leichter und mittlerer Alzheimer-Demenz finden die Cholinesterasehemmer Donepezil, Rivastigmin und Galantamin Verwendung. Sie erhöhen die Konzentration von Acetylcholin im synaptischen Spalt. Vielen Alzheimer-Patienten mangelt es an diesem Nervenbotenstoff, weil Hirnregionen, die ihn normalerweise freisetzen, schon in frühen Krankheitsstadien zu Schaden kommen. Donepezil, Rivastigmin und Galantamin können den Krankheitsverlauf zwar nicht aufhalten, aber immerhin verlangsamen. Die Therapie beginnt einschleichend und erweist sich meist bis auf anfängliche Nebenwirkungen im Magen-Darm-Trakt als gut verträglich. Ihre Wirkung sinkt durch die Gabe anticholinerger Medikamente. Pharmakokinetische Wechselwirkungen bestehen mit Enzyminduktoren wie Rifampicin und -Inhibitoren wie Erythromycin.

 

Bei schweren Formen von Alzheimer ist Memantin zugelassen. Dieser Wirkstoff blockiert NMDA-Rezeptoren und scheint dadurch Hirnzellen vor einer schädlichen Überreizung durch Glutamat zu schützen. Dieser Nervenbotenstoff kommt einigen Untersuchungen zufolge bei Alzheimer vermehrt frei. Ginkgo-Präparate kommen bei allen Demenzen zum Einsatz, da sie die Durchblutung des Gehirns verbessern. Allerdings mangelt es Schwalbe zufolge an Wirksamkeitsbelegen.

 

»Demenzen schädigen aber nicht nur das Denkvermögen, sondern führen meist auch zu nicht kognitiven Störungen, vor allem Depressionen, Ängsten, Wahnvorstellungen, Unruhe und Aggressionen.« Doch sollten Psychopharmaka zurückhaltend zum Einsatz kommen, weil sie oft starke Nebenwirkungen aufwiesen und aufgrund ihrer anticholinergen Effekte selbst die Hirnleistung beeinträchtigten. Schwalbe warnte insbesondere vor Benzodiazepinen und trizyklischen Antidepressiva. Zur Stimmungsaufhellung und Angstminderung eigneten sich am ehesten selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer, bei Wahnstellungen, Halluzinationen und Erregtheit die atypischen Neuroleptika Melperon, Pipamperon und Risperidon.

 

Auch der Blick des Apothekers auf die Gesamtmedikation scheint sich auszuzahlen: Schwalbe untersuchte kürzlich im Rahmen seiner Dissertation die Medikamente von 46 Alzheimer-Patienten – und entdeckte dabei ebenso viele arzneimittelbezogene Probleme, darunter unzweckmäßige Medikamente und Dosierungen, Anwendungsfehler, Wechselwirkungen und unerwünschte Arzneimitteleffekte. »58 Prozent dieser Probleme ließen sich lösen«, sagte er. »Alzheimer-Patienten profitieren also enorm, wenn Apotheker ihre Gesamtmedikation dokumentieren und kontrollieren.«

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