Paradigmenwechsel vollzogen |
16.02.2010 18:04 Uhr |
Während Ärzte früher primär darum kämpften, das Überleben von Kindern und Jugendlichen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) zu sichern, geht es mittlerweile vor allem darum, die Lebensqualität der Betroffenen zu erhöhen. Wie das zu erreichen ist, erklärte Professor Dr. Jörg-Ingolf Stein von der Universitätsklinik Innsbruck.
90 Prozent der Herzprobleme im Kindes- und Jugendalter sind angeborene Erkrankungen, nur 10 Prozent sind erworben, dazu gehören die entzündlichen Herzerkrankungen, die oft zu spät erkannt werden und dann zu Hirnabszessen führen können. Stein machte deutlich, dass Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter aufgrund ihres relativ seltenen Vorkommens zu den Orphan Diseases gezählt werden. Neben den anatomischen Fehlbildungen am Herzen, die durch operative Interventionen behandelt werden, können natürlich auch Rhythmusstörungen (am häufigsten supraventrikuläre Tachykardien, seltener Vorhofflattern) auftreten. Die steigende Adipositas-Prävalenz und mangelnde körperliche Aktivität führen bei Kindern nicht nur zu Typ-2-Diabetes, sondern auch zu Hypertension und Gefäßveränderungen, die therapiert werden müssen.
Sehr gute Überlebenschancen: Die meisten angeborenen Herzfehler werden bereits im Mutterleib diagnostiziert.
Die Weiterentwicklung der Operationstechniken führte dazu, dass sich die Überlebenschancen der Kinder deutlich verbessert haben. Während 1950 nur 10 Prozent der Kinder mit angeborenen Herzfehlern das erste Jahr überlebten, erreichten im Jahr 2000 rund 90 Prozent nicht nur die Kindheit, sondern auch das Erwachsenenalter. Steins Prognose lautet, dass in den nächsten Jahren bald mehr Erwachsene mit angeborenen Herzfehlern zu betreuen sind, als Patienten mit Herzfehlern unter 18 Jahren. Diese Entwicklung führt Stein auch darauf zurück, dass die meisten angeborenen Herzfehler schon pränatal durch die fetale Echokardiografie im 2. Trimenon gut erkannt und therapiert werden können.
Neben der Diagnostik und Therapie der angeborenen Fehler ist im Kindes- und Jugendalter die Lebensqualität in den Vordergrund getreten. Sie wird standardisiert untersucht und die Betreuung auf die Bedürfnisse des einzelnen Patienten ausgerichtet. Das betrifft nicht nur die körperlichen Aktivitäten sondern auch die psychosozialen Bedürfnisse nach Eingliederung in die entsprechenden Altersgruppen. Die weitere Betreuung im Erwachsenenalter erfolgt gemeinsam mit den Erwachsenenkardiologen, wobei die spezifische Kompetenz der Kinderkardiologie eingebracht wird. Wichtig sei bei der Betreuung auch, so Stein, die Einbindung der gesamten Familie und des Umfelds.