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Stents

Langfristiger Thromboseschutz entscheidend

16.02.2010  18:03 Uhr

Gefäßstützen (Stents) beugen zwar Wieder-Verengungen der Herzkranzgefäße vor, bergen aber ein erhöhtes Thromboserisiko. Deshalb benötigen Patienten nach der Implantation eine wochen- bis monatelange Therapie mit Thrombozytenaggregationshemmern.

Einen langen, dünnen Katheter durch die Haut in eine Arterie einführen und bis in die Herzkranzgefäße vorschieben. Dort ein Kontrastmittel einleiten, um verengte oder gar verschlossene Stellen aufzuspüren. Die entdeckten Engpässe durch Aufblasen eines am Katheter angebrachten Ballons weiten. Diese drei Schritte beschreiben vereinfacht den Ablauf einer Ballon-Dilatation (auch »perkutane koronare Intervention« oder »perkutane transluminale koronare Angioplastie«). »Die Technik eignet sich bei Angina Pectoris oder Herzinfarkt vielfach als Alternative zum operativen Bypass, um die Blutversorgung des Herzens wieder herzustellen«, berichtete Dr. Dietmar Trenk aus der Abteilung für klinische Pharmakologie am Herzzentrum Bad Krozingen.

 

Zudem ließen sich über den Katheter röhrenförmige Gefäßstützen (Stents) platzieren, um einer Wiederverengung (Restenose) in den Koronarien vorzubeugen. Als »Meilenstein« bezeichnete Trenk diesbezüglich die Einführung der arzneimittelbeschichteten Stents im Jahr 2002. Die in Deutschland zugelassenen Produkte enthalten das Immunsuppressivum Sirolimus oder das Krebsmedikament Paclitaxel. Beide Wirkstoffe werden von der Stent-Oberfläche abgegeben und unterdrücken lokal das Wachstum der Endothelzellen. »Dadurch lässt sich den Zulassungsstudien zufolge die Restenose-Rate gegenüber den unbeschichteten Stents noch einmal deutlich verringern«, so Trenk

 

Allerdings brächten alle Stents eine erhöhte Thrombosegefahr mit sich, weil ihre Oberfläche Blutplättchen anlocken und aktivieren könne. Das gelte auch für die Einrisse in den Gefäßwänden, die beim Einsetzen der Röhrchen leicht entstünden. Deshalb benötigen alle Stent-Patienten der aktuellen Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie zufolge eine duale plättchenhemmende Therapie aus Acetylsalicylsäure und Clopidogrel, und zwar über vier Wochen bei nicht beschichteten Stents, beziehungsweise über sechs bis zwölf Monate bei arzneimittelfreisetzenden. Denn die Wachstumshemmung der Endothelzellen bedingt eine verlängerte Thrombosegefahr. Anschließend sollen Patienten Clopidogrel absetzen, Acetylsalicylsäure dagegen weiter einnehmen, und zwar bis zum Lebensende.

 

Clopidogrel hemmt die Blutplättchen, indem es auf ihrer Oberfläche den sogenannten P2Y12-Rezeptor inhibiert. »Allerdings variiert die Wirksamkeit von Patient zu Patient sehr stark, was sich enorm auf die klinische Prognose auswirkt«, sagte Trenk. Laut der EXCELSIOR-Studie, die Trenk und seine Kollegen 2008 im »Journal of the American College of Cardiology« veröffentlichten, haben Patienten mit einer unzureichenden Clopidogrel-Wirkung ein dreifach erhöhtes Risiko, nach der Stent-Implantation innerhalb eines Jahres einen Herzinfarkt zu erleiden oder zu sterben. »Bei Patienten mit arzneimittelfreisetzenden Stents steigt die Gefahr sogar um das Siebenfache«, sagte Trenk.

 

Forscher führten die individuellen Wirkunterschiede inzwischen vor allem auf die Verstoffwechslung von Clopidogrel zurück. Denn es handelt sich dabei um ein Prodrug, das über zwei Reaktionsschritte unter Beteiligung mehrerer CYP-P450-Isoenzyme in seine plättchenhemmende Wirkform überführt wird. »Allerdings gibt es konkurrierende Stoffwechselwege, wobei inaktive Metabolite entstehen«, sagte Trenk. »In der Summe kommen nur etwa 7,5 Prozent des eingenommenen Clopido-grels zur Wirkung.«

 

Zudem werden die CYP-P450-Isoenzyme polymorph exprimiert, haben also aufgrund individueller genetischer Unterschiede eine unterschiedliche Aktivität. So tragen etwa 30 Prozent der Menschen in Mitteleuropa eine homo- oder heterozygote Mutation im codierenden Gen für das Isoenzym CYP2C19, das bei der Umwandlung von Clopidogrel zu seiner Wirkform an beiden Reaktionsschritten beteiligt sei. Tatsächlich scheint Clopidogrel bei Menschen mit solchen Mutationen schwächer zu wirken, wie die EXCELSIOR-Studie ebenfalls belegt. »Gerade prüfen die Herstellerunternehmen, ob sich solche Unterschiede durch Dosiserhöhungen von Clopidogrel ausgleichen lassen«, informierte Trenk.

 

Des Weiteren stehe seit April 2009 mit der Zulassung von Prasugrel ein weiterer P2Y12-Inhibitor zur Verfügung, dessen Prodrug sich in einem einzigen Reaktionsschritt fast vollständig zur Wirkform wandle. Darüber hinaus zeigen genetische Variationen der beteiligten CYP-Isoenzyme laut Fachinformation keine relevante Auswirkung auf die Pharmakokinetik und die Thrombozytenaggregationshemmung.

 

Und den Zulassungsstudien zufolge beugt Prasugrel Herzinfarkten und Todesfällen nach einer Stent-Implantation noch besser vor als Clopidogrel.« Allerdings gehe dieser Vorteil in bestimmten Patientengruppen mit einem deutlich erhöhten Risiko für oftmals lebensbedrohliche Blutungen einher. Entsprechend sollen Personen über 75 Jahre oder mit einem Körpergewicht unter 60 kg nur die halbe Tagesdosis einnehmen. Zurückliegende Schlaganfälle und transitorische ischämische Attacken stellen sogar Gegenanzeigen für Prasugrel dar.

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