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Atherosklerose

Bekannte und unbekannte Risikofaktoren

16.02.2010  17:19 Uhr

Ansätze zur Prävention und Behandlung der Atherosklerose gibt es viele. Ein Vortrag beleuchtete die Bedeutung der wichtigsten Risikofaktoren. Darunter befindet sich auch ein bislang wenig geläufiger Marker: das Lipoprotein (a).

Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind die Todesursache Nummer eins in Deutschland. »Durch einen verbesserten Lebensstil ließe sich rund die Hälfte aller tödlichen kardiovaskulären Ereignisse verhindern«, sagte Professor Dr. Walter Schunack, Berlin. Körperliche Betätigung, gesunde Ernährung und Nicotin-Verzicht sollten seiner Meinung nach vor jeder medikamentösen Intervention stehen und diese begleiten. Das Rauchen bezeichnete Schunack als größten Risikofaktor. Dass es auch hinsichtlich kardiovaskulärer Ereignisse Vorteile bringt, mit dem Rauchen aufzuhören, machte er anhand der Ergebnisse zweier Metaanalysen deutlich. Nachdem vielerorts ein Rauchverbot in öffentlichen Einrichtungen, Restaurants oder an Arbeitsplätzen erlassen wurde, sank das Herzinfarktrisiko deutlich stärker als erwartet. »Bereits nach einem Jahr betrug die Reduktion der Herzinfarkte 17 Prozent, nach drei Jahren 27 beziehungsweise sogar 36 Prozent«, betonte der Mediziner und Pharmazeut.

 

Viele Studien konnten die Bedeutung von hohem LDL-Cholesterol für das kardiovaskuläre Risiko belegen. Im Rahmen einer Metaanalyse, der sogenannten CTT-Studie (Cholesterol Treatment Trialists´ Collaborators) mit mehr als 90 000 Patienten konnten Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen LDL-Senkung und schwerwiegenden vaskulären Ereignissen herstellen. Demnach führte eine LDL-Senkung um 1 mmol/l (38,7 mg/dl) zu einer Senkung der kardialen Mortalität um 19 Prozent. »Für die Therapie mit Statinen haben wir keine LDL-Normwerte, sondern nur risikoabhängige Zielwerte«, informierte Schunack. Bei allen Patienten sollte das LDL auf unter 130  mg/dl eingestellt sein, bei Patienten mit mäßig hohem Risiko auf 100 mg/dl und bei Hochrisikopatienten auf 70 mg/dl. Schunack erklärte, dass es unter Statin-Therapie nicht nur zu einer LDL-Reduktion kommt, sondern parallel dazu auch zu einer Regression der Atherosklerose. Diese werde aber erst ab Werten unter 80 mg/dl erreicht.

 

Manche Leuten behaupten, dass es gefährlich sei, das LDL so stark zu senken, so Schunack. Dem widersprach er ausdrücklich. Es gebe ausreichend Belege dafür, dass man mit niedrigen LDL-Werten sehr gut leben könne. Neugeborene kämen zum Beispiel mit einem LDL-Wert von 40 mg/dl auf die Welt.

 

Der Referent bemängelte die medikamentöse Versorgungssituation bei Patienten mit Fettstoffwechselstörungen. So habe eine Untersuchung der Bayerischen Landesapothekerkammer gezeigt, dass drei von vier Patienten, die laut Leitlinie therapiepflichtig waren, keinen Lipidsenker erhielten. »Und die, die etwas erhalten hatten, waren nicht auf den Zielwert eingestellt«, so Schunack. Seiner Meinung nach steckt die Angst vor möglichen Myopathien hinter dem zögerlichen Verordnungsverhalten der Ärzte. Diese sei aber weitgehend unbegründet. Schunack machte deutlich, dass unter Statin-Monotherapie ein seltener (1 bis 2 Prozent) genetischer Polymorphismus eine Myopathie begünstigt. Ein Genom-Scan ergab nur für Patienten mit dem SNP (Single-Nucleotide Polymorphism) rs4363657 eine starke Assoziation zur Myopathie.

 

Neben hohem LDL- gilt auch niedriges HDL-Cholesterol als Risikofaktor für eine koronare Herzerkrankung. Die Erhöhung des HDL um 1 mg/dl reduziert das KHK-Risiko um 2 bis 3 Prozent. Erhöhen lässt sich das HDL zum Beispiel durch Nichtrauchen, Gewichtsabnahme, Reduktion tierischer Fette, Sport und natürlich Medikamente. »Als stärkster Stimulator der HDL-Synthese gilt Nicotinsäure«, sagte Schunack. Andersherum können einige Arzneistoffe, etwa Betablocker, Furosemid, Spironolacton und Phenothiazine, den HDL-Wert senken.

 

Abschließend ging Schunack auf das Lipoprotein (a) ein. Er bezeichnete dieses modifizierte LDL als hoch atherogenen, genetisch kontrollierten Risikofaktor. Das Lipoprotein hemmt aufgrund seiner Strukturähnlichkeit mit Plasminogen die Thrombolyse und akkumuliert in atherosklerotischen Plaques. Der Normwert sollte unter 30 mg/dl liegen, oberhalb davon steigt das KHK-Risiko. Offenbar liegen bei erhöhten Werten auch hier Einzelnukleotid-Polymorphismen vor. Schunack zufolge entdeckten Forscher zwei wichtige Mutationen. Für das SNP rs10455872 ermittelten sie eine Odds Ratio von 1,7 und für das SNP rs3798220 eine Odds Ratio von 1,92. Lagen beide SNP gleichzeitig vor, war das KHK-Risiko um etwa das 2,5-Fache erhöht. Schunack riet, bei einer Blutuntersuchung diesen Wert einmalig bestimmen zu lassen. Was tun bei einem erhöhten Wert? Als Therapiemöglichkeit bietet sich einerseits Nicotinsäure an. Sie senkt den Wert um maximal 20 bis 30 Prozent. Seit 2009 zahlen die Krankenkassen bei Patienten mit Werten über 60 mg/dl und manifesten Gefäßkomplikationen auch die Lipid-Apherese, so Schunack.

 

Im Gegensatz zum Lipoprotein (a) bezeichnete er Homocystein nicht als kardiovaskulären Risikofaktor. Es sei davon auszugehen, dass es ein Marker bestimmter Krankheitsverläufe ist, jedoch nicht deren Ursache.

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