Jede Minute zählt |
01.02.2010 14:01 Uhr |
Bei Kammerflimmern ist schnelles Handeln gefragt. Die PZ sprach mit dem Vorsitzenden des Vereins »München gegen den plötzlichen Herztod«, Dr. Markus Matula, über den Einsatz von Defibrillatoren. Zudem erklärt der Kardiologe, was Apotheker bedenken müssen, wenn sie ihre Apotheke mit einem solchen Gerät ausrüsten wollen.
PZ: Wie viele Menschenleben konnten durch die in Münchner U-Bahn-Stationen installierten Defibrillatoren bislang gerettet werden?
Matula: Insgesamt kam der Defibrillator 16-mal beim plötzlichen Herztod zum Einsatz. Zehn Menschen konnten erfolgreich und ohne Langzeitschäden reanimiert werden.
PZ: Die von ihnen aufgestellten Geräte sind auch nicht geschulten Laien zugänglich. Bei einem Herz-Kreislauf-Stillstand ist der Faktor Zeit also wichtiger als das medizinische Know-how?
Matula: Richtig. Der Zeitfaktor ist alles entscheidend. Beim plötzlichen Herztod zählt jede Minute. Nach zehnminütigem Herz-Kreislauf-Stillstand ist in der Regel keine Rettung mehr möglich. Bis der Rettungswagen eintrifft, kann dieses Zeitfenster bereits überschritten sein. Pro verstrichener Minute sinken die Überlebenschancen um etwa 10 Prozent. Deshalb ist es wichtig, dass auch Laien im Notfall die Wiederbelebung mit einem Defibrillator vornehmen. In den Münchner U-Bahn-Stationen kam der Defibrillator nach durchschnittlich drei bis vier Minuten zum Einsatz.
PZ: Kann der Einsatz eines Defibrillators auch Schaden anrichten?
Matula: Nein. Ein Verschlimmern der Situation des Betroffenen ist nicht möglich. Bevor ein Elektroschock ausgelöst werden kann, misst das Gerät, ob wirklich Kammerflimmern vorliegt oder ein Mensch zum Beispiel »nur« ohnmächtig am Boden liegt. In der Literatur gibt es weltweit keinen berichteten Schadensfall.
PZ: In Österreich gibt es seit Kurzem vor einigen Apotheken einen öffentlich zugänglichen Defibrillator. Könnte das auch ein üblicher Standort in deutschen Städten werden?
Matula: Das ist naheliegend. Tatsächlich habe ich schon einige Anfragen von Apothekern erhalten. Sinnvoll ist ein Defibrillator vor allem dort, wo viele Menschen zusammenkommen, zum Beispiel in Innenstadtlagen. Ist der Defibrillator öffentlich zugänglich, sollte er zum Beispiel in eine Notrufsäule integriert sein.
PZ: Was müssen Apotheker, die sich mit einem Defibrillator ausrüsten wollen, bedenken, und mit welchen Kosten müssen sie rechnen?
Matula: Für etwa 1500 Euro bekommt man ein sehr gutes Gerät. Wichtig ist, dass alle Mitarbeiter von der Herstellerfirma eine Grundeinweisung bekommen. Denn das Medizinproduktegesetz schreibt vor, dass nur eingewiesenes Personal medizinische Geräte bedienen darf. Zudem bietet sich ein Erste-Hilfe-Kurs bei einer Rettungsgesellschaft an.