Hörsaal des digitalen Zeitalters |
01.02.2010 15:20 Uhr |
Von Christiane Staiger / Die Welt wird immer mobiler. Durch das Internet haben sich in den vergangenen Jahren die Funktionen von Computern, Mobiltelefonen und MP3-Playern stetig erweitert – eine große Chance auch für Bildungsinhalte. Wer sich als Heilberufler »zwischendurch« fortbilden möchte, findet zahlreiche Angebote.
Jeder kennt sie, viele nutzen sie: iPods, MP3-Player oder Walkman-Handys sind allgegenwärtig. Sie können unterschiedliche Inhalte wie Filme, Musik oder Podcasts abspielen. Da war es nur eine Frage der Zeit, bis auch die Unis Angebote für diese Audio- und Videogeräte bereitstellten. Seit einigen Jahren bieten immer mehr Dozenten ihre Vorlesungen auch als Podcast an und geben somit vor allem Pendlern oder Spätaufstehern eine Möglichkeit, zeit- und nervensparend an den Vorlesungen teilzunehmen. So können Interessierte auch in der U-Bahn, beim Joggen oder beim Einkaufen eine versäumte Vorlesung nachhören oder sich fortbilden.
2007 starteten die ersten nordamerikanischen Unis einen Service, der sich iTunes U nennt – das U steht für »university«. Nutzer können aus einem vielfältigen Angebot an Podcasts, Video- und Audio-Dateien, Vorlesungen, Skripten und anderen Lehrmaterialien auswählen. Der allgemeine Zugang ist kostenlos und frei zugänglich, es gibt aber auch Inhalte, die Studierenden oder Universitätsmitarbeitern vorbehalten sind. Kooperationpartner ist dieselbe weltführende Computerfirma, die auch den bekannten Musikdienst gleichen Namens betreibt und den angebissenen Apfel in ihrem Logo trägt (www.itunesu.com).
Oxford für zwischendurch
Für jedermann verfügbar in iTunes U sind Vorträge aller Top-Unis wie Oxford, Havard, Yale, Trinity College Dublin oder dem Massachusetts Institute of Technology (MIT). Auch viele bekannte Museen beteiligen sich an dem Programm, zum Beispiel die Tate Gallery und Schloss Versailles. Bislang sind es mehr als 75 000 Audio- und Videodateien. Naturwissenschaftliche Inhalte sind dabei genauso vertreten wie Lehrveranstaltungen der Geisteswissenschaften oder des Studium generale. So können Wissenschaftsinteressierte erfahren, wie die erste Herztransplantation gelang, warum Korallenriffe von der Meeresverschmutzung bedroht sind und wie aus Plastik Strom gewonnen werden kann.
Podcasts sind über das Internet abonnierbare Medienbeiträge (Audio oder Video), die der Nutzer individuell laden kann. Die darin enthaltenen Mediendateien können lokal auf einem PC oder Mac gespeichert werden; sie stehen somit dauerhaft zur Verfügung und können nach Belieben gehört oder gesehen werden.
Die US-Universität Stanford zum Beispiel bietet herausragende Vorlesungen, Reden, Mitschnitte von Diskussionsrunden und sogar Darbietungen von Studierenden, Lehrpersonal und Ehemaligen kostenlos zum Download an. Neben Einzelvorlesungen kann man auch ganze Kurse oder Vorlesungsreihen belegen und sich so weiterbilden. Über eine spezielle Einstiegsseite im Internet (http://itunes.stanford.edu) in Verbindung mit der Software von iTunes kann man die Angebote auswählen.
Pharmazie-Vorlesung zum Download
Anfang 2009 ging dann auch iTunes U in Deutschland an den Start. Vier große deutsche Unis bieten seither Podcasts, Videocasts und Skripte an. Die Fachbereiche sind weit gefächert: Von Philosopie bis Mathematik ist alles dabei. Die teilnehmenden Unis sind die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule, Aachen (http://itunes.rwth-aachen.de), die Ludwig-Maximilians-Universität, München (www.itunes.lmu.de), die Albert-Ludwigs-Universität, Freiburg (www.itunes.uni-freiburg.de), und das Hasso-Plattner-Institut, Potsdam (http://itunes.hpi.uni-potsdam.de). Besonders beliebt bei den Nutzern sind die Vorlesungen.
Aber auch die Pharmazie gehört zu den Vorreitern des neuen Bildungsmediums. Professor Dr. Theo Dingermann von der Uni Frankfurt am Main stellt seit 2006 Beiträge ins Netz. Er will Wissensvermittlung breiter verfügbar machen. Längst richtet sich deshalb sein Angebot nicht mehr nur an die Frankfurter Studierenden, sondern auch an Nutzer anderer Unis, Apotheker in der Praxis sowie interessierte Laien. Die Beiträge sind deshalb auch nur selten passwortgeschützt, denn alle sollen Zugriff haben. Und er konnte einige Kolleginnen und Kollegen überzeugen, sich ebenfalls zu engagieren. Herausgekommen ist eine eigene Plattform der Frankfurter Pharmazie, die PodcastU (www.podcastu.de).
Das Angebot umfasst derzeit zum Beispiel Vorlesungen in den Fächern Organische Chemie, Systematik der Arzneipflanzen, Biotechnologie, Morphologie und Anatomie und Genetik. Auch etliche Fortbildungsvorträge sind verfügbar. Alles wird live aufgezeichnet und unbearbeitet ins Netz gestellt. Manchmal ist die Tonqualität deshalb nicht ganz optimal. Aber auch hier strebt Dingermann Verbesserungen an: »Wir arbeiten an Lösungen, aber Unterstützung bekommen wir nicht. Alles ist Eigeninitiative, und alle Hilfsmittel wie Mikrofone und Programme habe ich von meinem Geld bezahlt«, so Dingermann. Die neue Medienplattform kommt sehr gut an. »Ich habe bisher nur positive Rückmeldungen bekommen«, sagt Dingermann. Einen Teilnehmerschwund haben die beteiligten Hochschullehrer in ihren Vorlesungen bisher nicht bemerkt. Die Studierenden nutzen das elektronische Angebot eher zum Wiederholen, beim Lernen für Prüfungen oder um das Gelernte zu vertiefen.
Dingermann nutzt die virtuelle Universität iTunes U und eine weitere Quelle interessanter Beiträge, ForaTV (http://fora.tv), selbst auch regelmäßig zu seiner eigenen Fortbildung. »Ich höre ständig solche Beiträge, vor allem wenn ich im Auto sitze oder wenn ich jogge«, berichtet er. Dabei interessieren ihn natürlich die Inhalte. Allerdings sei das nicht die einzige Stärke dieses neuen Ansatzes von Wissensvermittlung. »Es sind die unterschiedlichen didaktischen Konzepte, die mich besonders interessieren«, so Dingermann.
Linkliste bei PZ-online
Wer die mobile Universität künftig nutzen möchte, kann sich auf den Internetseiten der PZ weitergehend informieren. In der Rubrik Pharmazie im Web, Aus-, Fort- und Weiterbildung ist eine Linkliste zusammengestellt, in der alle in diesem Artikel genannten Internetadressen sowie etliche weitere zu finden sind. Die Fortbildung für unterwegs ist also nur wenige Klicks entfernt, man startet unter www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=4753. /