Gedämpfte Hoffnungen |
02.02.2010 14:42 Uhr |
Von Uta Grossmann, Berlin / Die Generikabranche wartet ungeduldig auf eine Neuordnung des Arzneimittelmarktes. Am liebsten sähe sie die Rabattverträge abgeschafft. FDP-Staatssekretär Bahr schlug eine Mehrkostenregelung für Rabattvertragsarzneimittel vor – zulasten der Patienten.
Daniel Bahr zeigte sich als bürgernaher Liberaler, der sich die Probleme der Wähler aus nächster Nähe beguckt. Der FDP-Mann und Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium berichtete den Zuhörern des »Berliner Dialogs am Mittag« vorige Woche, er habe mal in einer Apotheke hospitiert. Und finde deshalb, dass die Rabattvertragsregelung folgendermaßen geändert werden müsste: Dem Patienten soll es erlaubt werden, sein gewohntes und gewünschtes Medikament zu bekommen, wenn er die Preisdifferenz aus eigener Tasche bezahlt, statt wie bisher das Generikum nehmen zu müssen, über das seine Krankenkasse einen Rabattvertrag mit einem Hersteller abgeschlossen hat.
Eine solche Mehrkostenregelung, die nach Bahrs Worten in der Koalition diskutiert wird, lehnte Birgitt »Biggi« Bender, gesundheitspolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, rundheraus ab: »Dieser Mehrkostenquatsch gehört gleich in die Tonne.« Jens Spahn, gesundheitspolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, sagte der Tageszeitung Die Welt vom Samstag, diese Idee widerspreche dem Ziel der Rabattverträge, die davon leben, »dass besonders viele Patienten dieses Medikament bekommen«.
Zu Beginn der Veranstaltung von Pro Generika hatte der inzwischen wiedergewählte Vorsitzende des Branchenverbandes und Vorstand von Hexal, Wolfgang Späth, die Ungeduld der Industrie zum Ausdruck gebracht. Nach den im Koalitionsvertrag der schwarz-gelben Regierung geweckten Hoffnungen wolle sie endlich Taten sehen. Gedämpft wurden die Hoffnungen durch ein Interview in der FAZ mit Gesundheitsminister Dr. Philipp Rösler (FDP). Dort hatte er sich nicht, wie von der Generikabranche erhofft, für eine Abschaffung der Rabattverträge ausgesprochen, sondern gesagt, sie hätten den Versicherten Vorteile gebracht, »weil Preise deutlich gesenkt und Ausgabenzuwächse reduziert wurden«.
Pro Generika widersprach: »Die Patienten mussten millionenfach auf für sie ungewohnte Arzneimittel umgestellt werden, von den Preisnachlässen profitieren sie aber nicht.« Rabattverträge brächten Krankenkassen vielleicht kurzfristig Geld. »Mittelfristig zerstören ruinöse Preise die Leistungsfähigkeit und Innovationskraft der Generikaindustrie.« Personalabbau und Produktionsverlagerungen seien schon erfolgt oder stünden ins Haus. Kleine und mittlere Unternehmen seien in ihrer Existenz gefährdet.
Arzneimittelgesetz kommt
Staatssekretär Bahr erinnerte daran, dass eine Abschaffung der Rabattverträge »nicht Beschlusslage der Koalition« sei. Sie sollten aber wettbewerbs- und kartellrechtlich ausgestaltet werden. Er versprach eine Neuordnung des Arzneimittelmarktes in diesem Jahr, ohne auf Details einzugehen. Von den Fraktionsvertretern auf dem Podium sprach sich lediglich Kathrin Vogler (Linke) gegen Rabattverträge aus.
Dr. Marlies Volkmer (SPD) verlangte die Ausschreibung kleinerer Gebietslose, um den Mittelstand zu berücksichtigen. Johannes Singhammer (CSU) nannte den Pro-Generika-Vorschlag einer Generikaquote einen »interessanten Ansatz«. Nach diesem Modell sollen mindestens 85 Prozent der Verordnungen im generikafähigen Markt Nachahmerprodukte sein. Dafür würden arztgruppenspezifische Richtgrößen wegfallen. /