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Designerdrogen

Altbekanntes in neuer Verpackung

Datum 15.01.2013  17:46 Uhr

Von Maria Pues, Frankfurt am Main / Immer neue Substanzen und neue Strategien, diese an den Kunden zu bringen, kennzeichnen den Handel mit Rauschdrogen. Gesetzgeber und Forscher kommen kaum nach.

»Lange Zeit hat man sich gefragt, was an den vermeintlichen Kräutermischungen oder auch Herbal Drugs wie Spice, K2 oder Aztec Thunder eigentlich berauschend wirken kann«, berichtete Professor Dr. Hans H. Maurer. Der Pharmakologe von der Universität des Saarlandes in Homburg/Saar sprach im Rahmen einer Reihe zum Thema Sucht­erkrankungen der Deutschen Pharmazeutischen Gesellschaft in Frankfurt am Main. »Inhaltsstoffe der enthaltenen Pflanzen kamen dafür durchweg nicht infrage«, so Maurer. Heute wisse man, dass synthetische Cannabinoide in Form von Lösungen auf die Pflanzen aufgesprüht würden, die somit nur als Träger fungieren.

Synthetische Cannabinoide haben je nach Verbindung eine stärkere oder eine schwächere Wirkung beziehungsweise Toxizität als Tetrahydrocannabinol (THC). Viele dieser Substanzen wurden bereits in den 1980er-Jahren vom US-amerikanischen Chemiker John William Huffman auf der Suche nach einem Arzneimittel-tauglichen Ersatz für THC synthetisiert. Zahlreiche Verbindungen besitzen eine Naphthoylindol-Grundstruktur und tragen das Kürzel JWH mit jeweils der Nummer der synthetisierten Substanz. JHW-018, JHW-073 und JHW-019 unterliegen inzwischen dem Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Daneben gibt es Cannabinoide mit Cyclohexylphenol-Grundgerüst (etwa CP-55940), Phenylacetylindole (ebenfalls JWH), klassische Cannabinoide wie HU-210 und Benzoylindole.

 

Neben einem Rausch können auch Intoxikationen unter anderem mit Gedächtnislücken und psychotischen Zuständen mit Panikattacken, Verwirrtheit und Bewusstlosigkeit auftreten. Auch generalisierte Krampfanfälle, Übelkeit und Agitation mit gewalttätigem Verhalten sind mögliche Folgen des Konsums. Da Schnelltests bei synthetischen Cannabinoiden nicht ansprächen, ergebe sich in den Notaufnahmen bei Patienten mit psychotischen Symptomen das Problem zu differenzieren, ob es sich um einen schizophrenen Schub oder eine Cannabinoid-Intoxikation handele, erläuterte Maurer.

 

Legal high?

 

Vertreiber von Rauschdrogen versuchen das BtM-Gesetz zu umgehen, indem sie immer neue Substanzen (er)finden, die in dessen Anlagen I bis III noch nicht gelistet sind. Dies ist eine bekannte Strategie, und auch die Verwendung von Huffman-Substanzen folgt ihr. Dass Rauschdrogen seit einiger Zeit zum Beispiel als »Raumluftverbesserer«, »Badesalz« oder »Pflanzen-Nahrung« firmieren, dient dem Zweck, auch das Arzneimittelgesetz (AMG) zu unterlaufen. Ein Verstoß kann bereits dann vorliegen, wenn die äußere Anmutung eines Produkts den Eindruck erweckt, es handele sich um ein Arzneimittel, wie etwa bei den »klassischen« Ecstasy- Tabletten. Deren Anteil nehme ab – zugunsten von Aufmachungen, die genau nicht diesen Eindruck erwecken sollen, berichtete der Referent.

 

Die neuen Produkte tragen zudem den Zusatz »Not für human consump­tion«. Für den geübten User ist dies allerdings eher ein Hinweis als ein Hinderungsgrund. Ungeübte finden Gebrauchsinformationen im weltweiten Web. Mit den klassischen Ecstasy-»Pillen« haben die neuen Zubereitungsformen allerdings nicht nur ihre Zweckbestimmung gemein: Hinter einer gleichbleibenden Aufmachung steckt auch hier ein variabler Inhalt mit häufig unkalkulierbarer Wirkung.

 

Im Vergleich zu früheren Beobachtungen zeige sich neben neuen Substanzen und Aufmachungen eine Veränderung in Herstellung und Vertrieb, führte Maurer aus: Während noch vor einigen Jahren das Gros der Rauschdrogen aus »Kellerlaboren« mit naturgemäß vergleichsweise geringer Produktivität und Reinheit stammte, findet die Produktion heute in professionellem Großmaßstab unter anderem in China statt. Hierzulande erfolgen dann die Konfektionierung und der Vertrieb.

 

Sogenanntes Badesalz

 

Derivate von Inhaltsstoffen des Khat-Strauches finden sich in kristallinen Zubereitungen, die unter Bezeichnungen wie Badesalz, Pflanzen-Nahrung oder Research-Chemicals kursieren. Sie gehören zur Gruppe der Cathinone. Zu ihnen zählen unter anderem Methcathinon (Ephedron), Methylon (Beta-Keto-MDMA), Butylon (Beta-Keto-MBDB) oder Mephedron. Sie alle wirken in unterschiedlichem Ausmaß an Dop­amin-, Serotonin- und Noradrenalin-Rezeptoren.

 

An welche der genannten Rezeptoren Mephedron binde, wisse man allerdings kaum, sagte Maurer. Mehr als die Hälfte der Konsumenten, die wegen ihrer Symptome eine Klinik aufgesucht hatten, zeigten Agitiertheit und psychotisches Erleben. Zudem zeigten manche weitere Symptome wie erhöhten Blutdruck, schnellen Puls und Schwitzen, die ebenfalls auf eine sympathomimetische Aktivität der Substanz zurückzuführen sind.

 

Auch hier sei im Notfall die Unterscheidung schwierig, ob die Symptome einer Psychose auf eine Schizophrenie oder auf Drogenkonsum zurückzuführen seien, sagte Maurer. Eine antipsychotische Behandlung helfe aber in beiden Fällen. Was die Substanzen bei Konsumenten bewirken, könne man im Internet verfolgen, wenn man zum Beispiel bei YouTube den Suchbegriff »Bath Salt« eingebe.

 

Bei schweren Vergiftungen begegnet einem zudem eine Nebenwirkung wieder, die man längst für historisch gehalten hatte: schwere periphere Durchblutungsstörungen wie bei Vergiftungen mit Mutterkorn-Alkaloiden. Wie beim sogenannten Anto­niusfeuer kann es auch durch Badesalz-Überdosierungen zu Blaufärbungen der Knie, Beine, Lippen und des Gesichts kommen.

 

Maurer und Mitarbeiter beschäftigen sich jedoch nicht nur mit der Wirkung psychotroper Substanzen. Für analytische Zwecke haben sie eine massenspektrometrische Substanzbibliothek mit inzwischen 3700 Verbindungen aufgebaut, darunter 100 Biomoleküle, 1000 Muttersubstanzen und 2600 Metabolite. Darüber hinaus untersuchen sie Neben- und Wechselwirkungen der Rauschdrogen, zum Beispiel über das Cytochrom-System der Leber. / 

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