Schlagabtausch zum Spargesetz |
17.01.2006 18:05 Uhr |
<typohead type="3">Schlagabtausch zum Spargesetz
von Thomas Bellartz, Berlin
Verbände und Einzelsachverständige beschäftigen sich am Mittwoch im Gesundheitsausschuss mit dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit in der Arzneimittelversorgung (AVWG). In ihren schriftlichen Stellungnahmen kritisierten Kassen, Apotheker und Pharmaindustrie das Gesetz.
Mehrere hundert Seiten Stellungnahmen lagen den Mitgliedern des Bundestagsausschusses vor. Lediglich zwei Stunden lang hatten Verbände und Sachverständige Gelegenheit, auf Fragen der Abgeordneten zu antworten. Am Dienstagabend war davon auszugehen, dass insbesondere die ABDA und die Pharmaverbände bei der Beantwortung zum Zuge kommen sollten.
Die Auswirkungen des AVWG werden äußerst unterschiedlich beurteilt. Grundsätzlich halten zwar auch viele der betroffenen Verbände die Intention des Gesetzes für richtig. Deutliche Kritik gibt es aber an der Umsetzung.
In der Praxis nicht umsetzbar
In ihrer Stellungnahme konstatiert die ABDA, ein Teil der beabsichtigten Maßnahmen sei nicht präzise definiert oder in der Praxis nicht umsetzbar. Es bedürfe einer ganzen Reihe von Klarstellungen und Ergänzungen, wenn der Gesetzgeber sein Ziel erreichen wolle. Insbesondere bei den Rabattvereinbarungen zwischen Krankenkassen und Herstellern sieht die ABDA Klärungsbedarf, damit die Abgabe in der Offizin im Sinne der Gesetzgebung überhaupt möglich werde. Problematisch sei auch das für die Apotheker immer größere Inkasso-Risiko. Auch die Sonderregelung für Arzneimittelimporte sei »inhaltlich unklar und begünstigt Importarzneimittel«.
Generelle Rabattverbote lehnt die ABDA ab, weil Rabatte »als Teil der Preisbildung grundsätzlich ein ökonomisch sinnvolles Element im Handel« seien. Rabattverbote seien nur dann gerechtfertigt, wenn ansonsnten Bestimmungen der Arzneimittelpreisverordnung unterlaufen würden. Ähnlich argumentiert auch der Bundesverband klinik- und heimversorgender Apotheker (BVKA), der das Rabattverbot als kaufmännisch nicht nachvollziehbar ablehnt.
Die Krankenkassen glauben nicht, dass die angestrebte Entlastung von jährlich 1,3 Milliarden Euro mit dem AVWG erreicht werden könne. Der Druck auf die Beitragssätze bleibe bestehen. Deshalb seien weitere Eingriffe in das Gesundheitssystem notwendig. Wie andere Verbände fordern auch die Kassen die Halbierung der Mehrwertsteuer auf Arzneimittel zur eigenen Entlastung. Obwohl im AVWG nicht vorgesehen, schlagen sie eine Senkung des Apothekenabschlags vor. Die Vergütung der Apotheken müsse hinterfragt werden.
Beim Verband Pro Generika vermutet man eine weitere Konzentration im deutschen Generikamarkt, wenn die »Lex sortis« durchgesetzt werde. Dass dies den von den drei größten Generika-Herstellern initiierten und getragenen Verband tatsächlich stört, mag man kaum glauben. Bei den Praxisprogrammen für Ärzte versichert man, dass die Mitglieder des Verbandes bislang keine Software an Ärzte vertrieben hätten, die kritisiert werden könne. Nunmehr wünscht sich Pro Generika für die Ärzte, dass die Software zumindest Werbung enthalten dürften, »um den Ärzten die Möglichkeit einzuräumen, den finanziellen Aufwand zu reduzieren«. Zudem könnten die Kassenärztlichen Vereingungen in Zukunft Ärzte über den Markteintritt neuer Produkte informieren. Insgesamt kritisiert Pro Generika, dass das AVWG »die lange und ungute Tradition kurzfristiger Kostendämpfungsmaßnahmen« fortsetze.
Nach Ansicht des Bundesverbandes der Pharmazeutischen Industrie (BPI) bietet die Preis- und Absatzentwicklung im Arzneimittelbereich »keinen Anknüpfungspunkt für gesetzliche Marktinterventionen«. Eine spürbare Entlastung der GKV-Ausgaben sollte durch eine Absenkung der Mehrwertsteuer erfolgen.
Auch der Bundesverband der Arzneimittel-Hersteller (BAH) stellt klar, dass die Gründe für ein neues Spargesetz hausgemacht seien. Die Eingriffe seien unzumutbar. Die Begrüdung sei nicht tragfähig, weil allein die Rückführung des Herstellerrabattes von 16 auf 6 Perozent einen »gesetzlich bedingten Ausgabensprung« von 1 Milliarde Euro im vergangenen jahr verursacht habe. Außerdem habe sich das Zuzahlungsvolumen erheblich reduziert.
Unter Berücksichtigung dieser Punkte sowie dem natürlichen Marktwachstum im Arzneimittelsektor sei ein neuerlicher Eingriff des Gesetzgebers nicht nachvollziehbar. Die Hersteller selbst hätten auf den Anstieg keinen Einfluss gehabt. Ebenso wie die übrigen Pharmaverbände kritisiert der BAH zahlreiche Details des Gesetzes und fordert mitunter nicht nur deren Änderung, sondern oft die Streichung ganzer Passagen. »Erhebliche negative Auswirkungen auf Apotheken und den Pharmahandel« wird nach Ansicht des Deutschen Industrie- und Handelskammertages das Verbot von Rabatten haben. Warum zwischen Bar- und Naturalrrabatten unterschieden werde, sei nicht nachvollziehbnar. Betriebswirtschaftlich gebe es dabei keinen Unterschied. Der Preiswettbewerb im OTC-Segment werde nun durch Rabattvorschriften konterkariert. Natural- und Barrabatte seien ein kaufmännisch notwendiges Mittel im Aushandeln von guten Einkaufskonditionen.
Bei ABDATA Pharma-Daten-Service erwartet man die Klärung einiger strittiger Punkte, um das Gesetz dann auch tatsächlich umsetzen zu können. Eine ausreichende Vorbereitungszeit zur Umsetzung sei von enormer Bedeutung. Angesichts der Eilbedürftigkeit sollte »keinesfalls die in ihrer Transparenz und Rationalität bespiellose und für alle Beteiligten bewährte Informationskette aufgebrochen werden«.