Pandemische Ängste |
16.01.2006 12:10 Uhr |
Seit Monaten ist die Vogelgrippe und die mögliche Gefahr einer Pandemie Thema in den Medien. Handelte es sich aus der Sicht vieler Menschen um eine zunächst eher abstrakte Diskussion - Asien ist ja weit weg -, so wurde sie zunehmend plastischer, als bei Zugvögeln in der Uralgegend das H5N1-Virus festgestellt worden war und in Deutschland Maßnahmen zum Schutz des Zuchtgeflügels ergriffen wurden. Zwischenzeitlich sind in der Türkei mehrere Kinder auf Grund einer Infektion mit dem H5N1-Influenzavirus gestorben. Die nicht zuletzt touristisch bedingte Nähe der Türkei zu Deutschland schürt bei vielen Menschen die Sorge, das gefährliche Virus könnte sich demnächst auch bei uns ausbreiten. Und sie wird in den nächsten Wochen sicher zunehmen, da uns die saisonale Influenzawelle bevorsteht. Wer kann genau wissen, ob er »nur« diese Grippe hat oder eben doch die Vogelgrippe?
Nach derzeitigem Stand besteht für Deutschland keine akute Gefahr, dass die Vogelgrippe auftritt. Und dies müssen wir den Menschen, die uns besorgt in der Apotheke befragen, auch ganz deutlich sagen. Die Länder haben sich für den Fall der Influenza-Pandemie mit Neuraminidasehemmern bevorratet. Wir haben schon im Sommer konkrete Vorschläge zur Versorgung der Bevölkerung mit diesen Arzneimitteln gemacht. Die Apothekerkammern stehen mit den Landesregierungen, die intensiv an Versorgungsplänen arbeiten, in engem Kontakt. Auch an der Entwicklung eines Impfstoffes wird derzeit fieberhaft gearbeitet. Sicher gibt es noch viele ungelöste Fragen. Für uns Apothekerinnen und Apotheker kann ich jedoch feststellen: Wir stehen, soweit es in unserer Verantwortung liegt, auch im Pandemiefall für die schnelle, wohnortnahe Versorgung mit Arzneimitteln.
Angesichts der Vogelgrippe scheint die saisonale Influenza fast schon zu einer Bagatellerkrankung zu mutieren. Das ist sie jedoch keineswegs. Schätzungsweise 15.000 bis 20.000 Deutschen hat sie im vergangenen Winter das Leben gekostet. Erfreulicherweise haben sich in dieser Saison deutlich mehr Menschen gegen Grippe impfen lassen als in den Jahren zuvor. Viele sind aber nicht geimpft. Und hier müssen wir aufklären, dass die Infektion mit dem saisonalen Influenza-Virus etwas anderes ist als der banale grippale Infekt und im Zweifelsfall zum Arztbesuch raten.
Auch wenn die Vogelgrippe derzeit im Fokus der Medien ist, Krankheiten sind nicht nur lästige, sondern sehr häufig auch belastende Begleiter unseres Lebens. Welche wirksamen Arzneimittel uns dafür heute zur Verfügung stehen, über welche Aspekte der Arzneimitteltherapie wir die Patienten informieren und beraten müssen, werden wir vom 12. bis 18. Februar 2006 beim Pharmacon-Kongress in Davos diskutieren. Dessen Generalthema lautete: Das Lebensalter des Menschen - Arzneimittel in verschiedenen Lebensphasen. Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesapothekerkammer hat ein spannendes Kongressprogramm zusammengestellt. Ich freue mich, Sie in Davos begrüßen zu dürfen.
Magdalene Linz
Präsidentin der Bundesapothekerkammer