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HIV

Molekulare Schere schneidet Virus aus

07.01.2014  16:47 Uhr

Von Christina Hohmann-Jeddi / Ein Enzym, das das HIV-Genom aus dem Erbgut von infizierten Wirtszellen herausschneidet, haben deutsche Forscher entwickelt: Ihre Effektivität konnte die sogenannte Tre-Rekombinase bei humanisierten Mäusen bereits beweisen.

Ein Problem bei der Therapie von HIV-Infektionen ist, dass der Erreger sein eigenes Erbgut in die DNA der Wirtszellen (CD4+-T-Zellen) einbaut, wo es dann als Provirus permanent vorliegt. Besonders in den langlebigen T-Gedächtniszellen kann es hier lange Zeit überdauern. Derzeit verfügbare antiretrovirale Medikamente können zwar die Vermehrung des Virus effektiv unterdrücken, das einmal eingebaute Virusgenom aber nicht mehr beseitigen. Eine Heilung ist somit nicht möglich. Um das Virus eliminieren zu können, müsste das Genom aus der Wirts-DNA der T-Zellen wieder entfernt werden.

 

Genau daran arbeitet das Forscherteam um Professor Dr. Frank Buchholz von der Technischen Universität Dresden und Professor Dr. Joachim Hauber vom Heinrich-Pette-Institut. Es hat zu diesem Zweck durch Selektion und Mutation des natürlichen Enzyms Rekombinase die Tre-Rekombinase so gezüchtet, dass es die typischen endständigen Sequenzen des Provirus, die long terminal repeats (LTR), erkennt und zusammen mit dem Virusgenom entfernt. Ihre Arbeit stellen die Wissenschaftler nun im Fachjournal »PLoS Pathogens« vor (doi: 10.1371/journal.ppat.1003587).

 

Einschleusen in Zelle

 

In Zellkultur arbeitet die molekulare Schere effektiv, wie die Forscher schon zeigen konnten. Doch wie soll sie in infizierten Organismen eingesetzt werden? Hierfür muss sie in die Wirtszellen eingeschleust werden. Dafür gibt es theoretisch zwei Ansatzpunkte: Man könnte die peripheren T-Zellen der Patienten gentechnisch verändern, was nur einen vorübergehenden Erfolg hätte, oder die blutbildenden Stammzellen (CD34+-hematopoetische Stammzellen), was eine nachhaltigere Strategie ist. Für diese hat sich das Forscherteam entschieden: »Patienten wird Blut entnommen, daraus isoliert man die blutbildenden Stammzellen«, erklärt Buchholz gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. Mithilfe eines Gen-Vektors werde in diese dann der Bauplan für die Gen-Schere eingeführt. Der Vektor ist so aufgebaut, dass das für die Tre-Rekombinase kodierende Gen nur in infizierten Zellen abgelesen werden kann und nur dort die molekulare Schere gebildet wird. Die auf diese Weise gentechnisch veränderten Blutstammzellen werden dem Patienten zurück infundiert. Da der Patient eigene genetisch veränderte Blutzellen erhält, gibt es laut Buchholz keine Abstoßungsreaktionen.

 

Die Forscher gehen davon aus, dass dann nach und nach immer mehr genetisch veränderte Immunzellen he­ranwachsen und so das Blutsystem erneuert wird. Die HIV-freien Zellen könnten dann ihre Aufgabe im Immunsystem verrichten, was langfristig zu einer Heilung beitragen könnte, sagt Buchholz. Zudem hätten die genmanipulierten Zellen den Vorteil, dass sie gegen eine erneute Infektion immun sind, da die molekulare Schere das Virusgenom jederzeit wieder herausschneiden könne.

 

Klinische Studien geplant

 

Erfolge konnten die Forscher mit dieser Methode bereits bei Labor-Mäusen erzielen. »Die Virusmenge nahm deutlich ab oder war im Blut gar nicht mehr nachweisbar«, berichtet Hauber. »Es gibt verschiedene Ansätze und ähnliche Methoden, aber das Virus aus der infizierten Zelle herauszulösen, ist bisher einmalig.«

 

Wegen der relativ kurzen Lebensdauer der Labormäuse habe das Tiermodell Grenzen. Der nächste Schritt wäre, das Verfahren in klinischen Studien zu untersuchen. Dafür fehle den Forschern aber das notwendige Geld. Bei der Überführung von Forschungserfolgen in die Klinik hake es in Deutschland. »Das Potenzial wird nicht genutzt«, kritisiert Hauber gegenüber dpa. So zeige auch die Pharmaindustrie bisher wenig Interesse an einer potenziell heilenden Aids-Therapie. Daher hoffen Hauber und Buchholz auf Sponsoren und öffentliche Mittel. Ihrer Einschätzung nach könnte die molekulare Schere in 10 bis 15 Jahren soweit ausgereift sein, dass sie in die Klinik kommt. /

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