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Botulinumtoxin

Aufpassen bei selbst eingelegtem Gemüse

Um Gemüse wie Paprika, Chili oder Auberginen, aber auch Kräuter länger haltbar zu machen, ist es beliebt, sie in Öl einzulegen. Doch das birgt auch Risiken, wie aktuell ein Fall in Italien zeigte. Dort haben sich mehrere Menschen eine Lebensmittelvergiftung zugezogen durch eingelegten Brokkoli. Die Ursache war Botulinumtoxin, das sich in den Gläschen mit dem Brokkoli befand.
dpa
PZ
18.08.2025  15:00 Uhr

Wie das Nervengift in eingelegtes Gemüse landen kann und was man über die Botulinum-Neurotoxine wissen sollte, beantworten Experten der Verbraucherzentralen NRW und Berlin. Das Bakterium »C. botulinum« ist ein Umweltkeim, der praktisch überall vorkommt. »Es bildet hitzeresistente Sporen, die mit Staub- oder Erdpartikeln auf Lebensmittel gelangen können. Unter Ausschluss von Sauerstoff und bei ausreichendem Nährstoffangebot können diese Sporen auskeimen und eines der stärksten bekannten Nervengifte, das Botulinum-Neurotoxin, bilden«, erklärt Hannah Zeyßig von der Verbraucherzentrale NRW.

Botulismus-Fälle sind in Deutschland äußerst selten. Laut dem Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) werden in der Regel weniger als 10 pro Jahr gemeldet. Sie treten fast ausschließlich dann auf, wenn Lebensmittel unsachgemäß konserviert wurden. »Wer bewährte Methoden einhält, muss sich um den Verzehr von frischem oder korrekt verarbeitetem Gemüse keine Sorgen machen«, gibt Zeyßig Entwarnung.

Welche Symptome verursacht Botulismus?

Wenn sich das Toxin im Körper verteilt, können bereits innerhalb weniger Stunden Symptome wie verschwommenes Sehen, Doppelbilder, hängende Augenlider, Lichtscheue, Schwierigkeiten beim Sprechen und Schlucken sowie trockener Mund auftreten. Charakteristisch sind oft die vier »Ds«: Diplopie (Doppelsehen), Dysarthrie (motorische Sprechstörung), Dysphagie (Schluckstörung) und Dysphonie (Stimmstörung). Lähmungserscheinungen beginnen meist an den Schultern und weiten sich auf die Atem- und Herzmuskulatur aus.

Unbehandelt kann Botulismus zum Tod durch Atemlähmung führen. Menschen, die innerhalb von 36 Stunden nach Verzehr eines mutmaßlich kontaminierten Lebensmittels entsprechende Symptome entwickeln, sollten sofort ärztliche Hilfe aufsuchen und den Verdacht auf Lebensmittel-Botulismus äußern. Ohne Symptome ist eine vorbeugende Therapie nicht erforderlich.

Befall ist geruch- und geschmacklos

»Da das Toxin geruch- und geschmacklos ist, wird ein Befall oft nicht bemerkt«, so Zeyßig. Besonders gefährdet seien Lebensmittel, die unter sauerstoffarmen Bedingungen, bei Raumtemperatur und ohne ausreichende Säure gelagert werden.

Ein klassisches Beispiel für Lebensmittel, die zu Botulismus geführt haben, sind laut der Verbraucherschützerin selbst hergestellte Gemüse- oder Fleischkonserven, die nicht ausreichend erhitzt wurden. Überlebende Sporen können hier auskeimen und Toxin bilden. Bei der industriellen Herstellung wird hingegen so erhitzt, dass Sporen sicher abgetötet werden.

Welche Lebensmittel sind betroffen?

Ein besonderes Risiko bergen Gemüse- oder Kräuterzubereitungen, die in Öl eingelegt werden, zum Beispiel Paprika, Auberginen, Knoblauch oder frische Kräuter. »Das Öl schafft ein sauerstoffarmes Milieu, in dem C. botulinum wachsen kann, wenn keine ausreichend saure Umgebung vorhanden ist«, erklärt Zeyßig.

Weil sich im Privathaushalt nicht sicherstellen lässt, dass diese Produkte für eine längere Lagerung unbedenklich bleiben, rät das BfR deshalb davon ab, auf Vorrat selbst eingelegte Ölprodukte herzustellen. Und wer es doch macht, sollte sie stets im Kühlschrank aufbewahren und spätestens am Tag nach der Herstellung verspeisen – besonders dann, wenn sie nicht vor dem Verzehr erhitzt, sondern roh gegessen werden.

Lässt sich das Haltbarmachen sicherer machen?

»Für die sichere Haltbarmachung von Gemüse ist entscheidend, dass der pH-Wert unter 4,6 liegt, etwa durch Einlegen in ausreichend sauren Essigsud«, erklärt die Lebensmittelexpertin. Zeyßig hat noch einen Tipp: Werden säurearme Lebensmittel wie Bohnen, Brokkoli oder Paprika ohne Säurezusatz konserviert, ist ein Erhitzen im Druckkochtopf bei mindestens 121 Grad Celsius für mehrere Minuten notwendig, um die Sporen abzutöten. Sauberes Arbeiten, gründliches Reinigen des Gemüses sowie Sterilisieren von Gläsern und Deckeln seien ebenso wichtig wie eine kühle Lagerung unter 10 Grad Celsius.

Weil es für Privathaushalte schwierig ist, etwas über 100 Grad zu erhitzen, empfiehlt Saskia Erdmann von der Verbraucherzentrale Berlin folgende Methode: Das Gemüse sollte aufgekocht und abgefüllt werden. »Damit sind die lebenden Bakterien schon mal abgetötet.« Dann wird es bei Raumtemperatur 1 bis 2 Tage stehen gelassen. »In der Zeit können die schwer abzutötenden Sporen auskeimen und sich zu Bakterien entwickeln. Um diese wieder abzutöten, werden die Gläser erneut aufgekocht«, so die Ernährungsexpertin. Das war es aber noch nicht mit dem Erhitzen. »Vor dem Verzehr am besten noch einmal erhitzen«, rät Erdmann.

Wie erkenne ich das Gift im Eingemachten?

Anzeichen dafür, dass bei der Haltbarmachung etwas schiefgelaufen ist, können laut der Verbraucherschützerinnen ein aufgeblähter Deckel, Gasblasen, Trübungen, austretende Flüssigkeit oder auffällige Geruchs- und Geschmacksveränderungen sein. »Da das Toxin jedoch auch ohne sicht- oder riechbare Veränderungen vorhanden sein kann, sollten verdächtige Gläser nicht geöffnet oder probiert, sondern sicher entsorgt werden«, raten sowohl Zeyßig als auch Erdmann. Und: Da sich bei einem Drahtbügelglas nichts wölben kann, sollte man ganz genau darauf achten, ob man beim Öffnen das typische »Plopp«- oder »Zisch«-Geräusch hört, das entsteht, wenn Luft ins Vakuum einströmt.  Es zeigt, dass ein Unterdruck bestand und das Glas ordentlich verschlossen war. Fehlt es, sollte das Glas entsorgt werden. Zudem weisen Blasenbildung oder Gärgeruch beim Öffnen auf Verderb hin.

Gibt es neben eingelegtem Gemüse noch weitere Risiko-Zutaten? Als weitere bekannte Risiken für Botulismus nennt Verbraucherschützerin Zeyßig gesalzene und getrocknete Fische wie Plötzen – wenn diese nicht ausreichend erhitzt werden. Hier empfiehlt das BfR, sie vor dem Verzehr mindestens zehn Minuten bei einer Kerntemperatur von 85 Grad Celsius oder mehr zu garen. Für Säuglinge unter einem Jahr gelte: Honig sollte nicht gegeben werden, da er Sporen enthalten kann, die zu Säuglingsbotulismus führen.

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