Auf die genaue Wortwahl achten |
Annette Rößler |
18.04.2023 16:00 Uhr |
Ob ein Patient mit Depression sich selbst als hoffnungslos oder mutlos bezeichnet, scheint sowohl mit Blick auf die Schwere der Erkrankung als auch auf verschiedene Aspekte der Depression einen Unterschied zu machen. / Foto: Adobe Stock/marjan4782
Eines der Hauptsymptome für eine Depression ist laut der Nationalen Versorgungsleitlinie »Unipolare Depression« eine gedrückte, depressive Stimmung, für die etwa Niedergeschlagenheit, Verzweiflung oder eine rasche Irritierbarkeit charakteristisch sind. Diese Aufzählung zeigt, dass die einzelnen Stimmungsstörungen mit Blick auf die Diagnosestellung als gleichwertig angesehen werden. Für den Zusammenhang mit bestimmten Verhaltensweisen von depressiven Patienten muss das jedoch nicht gelten, wie jetzt aus einer Veröffentlichung im »Journal of Affective Disorders« hervorgeht.
Die Autoren um Qimin Liu von der Vanderbilt University in Nashville analysierten anhand einer national repräsentativen Stichprobe von Erwachsenen mit unipolarer Depression in den USA, ob beziehungsweise wie verschiedene Stimmungsstörungen mit verschiedenen Outcomes zusammenhingen. Berücksichtigt wurden Schilderungen der eigenen Stimmung als hoffnungslos (hopeless), mutlos (discouraged), freudlos (cheerless) und reizbar (irritable).
Die Auswertung ergab, dass Freud- und Hoffnungslosigkeit vermehrt von Patienten angegeben wurden, die schwer erkrankt waren. Als hoffnungslos und/oder leicht reizbar schätzten sich vor allem Patienten mit chronischer Depression ein. Den Autoren fiel auf, dass bestimmte Stimmungsstörungen unabhängig voneinander mit einzelnen depressiven Symptomen zusammenhingen. So waren Freudlosigkeit, Hoffnungslosigkeit und Reizbarkeit mit Funktionseinschränkungen infolge der Depression assoziiert. Patienten mit passiven Suizidgedanken beschrieben sich häufig als freud-, hoffnungs- und/oder mutlos, während tatsächlich geplante und auch unternommene Suizidversuche vor allem bei selbstberichteter Hoffnungslosigkeit und/oder Reizbarkeit vorkamen.
Das Verhältnis zwischen verschiedenen Störungen der Stimmung und den unterschiedlichen Aspekten einer Depression sei nuanciert, so das Fazit der Autoren. Für Heilberufler, die mit depressiven Patienten zu tun haben, bedeutet das, dass sie bei deren Schilderung ihrer Stimmung genau hinhören und hellhörig werden sollten, wenn der Patient sich etwa als hoffnungslos einschätzt.
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