Auch Gliazellen bilden β-Amyloid |
Laura Rudolph |
03.09.2024 12:14 Uhr |
Das Protein β-Amyloid trägt wesentlich zur Entstehung der Alzheimer-Demenz bei. Es wird nicht nur in Nerven-, sondern auch in Gliazellen gebildet, wie eine neue Studie mit Mäusen nahelegt. / Foto: Adobe Stock/Juan Gärtner
Alzheimer ist eine neurodegenerative Erkrankung, die durch Ablagerungen von β-Amyloid (Aβ) im Gehirn gekennzeichnet ist. Ein entscheidendes Enzym für die Bildung von Aβ ist Beta-Sekretase 1 (BACE1), das das Amyloid-Vorläuferprotein (APP) zerschneidet, wodurch über ein Zwischenprodukt Aβ entsteht. BACE1-Inhibitoren sind daher ein wichtiger Forschungsansatz bei der Behandlung von Alzheimer.
Forschende am Max-Planck-Institut für Multidisziplinäre Naturwissenschaften (MPI-NAT) haben nun gezeigt, dass nicht nur Nervenzellen, sondern auch Oligodendrozyten – spezialisierte Gliazellen – Aβ produzieren können. Die Ergebnisse dieser Studie wurden kürzlich im Fachjournal »Nature Neuroscience« veröffentlicht und könnten neue Therapieansätze ermöglichen.
»Bisher galten Nervenzellen als Hauptproduzenten von β-Amyloid und waren daher das primäre Ziel für neue Medikamente«, erklärt Professor Dr. Klaus-Armin Nave, Direktor am MPI-NAT, in einer Pressemitteilung des Instituts. Doch neben Nervenzellen spielen auch Oligodendrozyten, die normalerweise für die Myelinisierung von Nervenzellen verantwortlich sind, eine wichtige Rolle bei der Entstehung schädlicher Plaques.
In ihrer Studie reduzierten die Forschenden in genetisch veränderten Mausmodellen gezielt die Expression von BACE1 in Oligodendrozyten und Neuronen, um den jeweiligen Beitrag dieser Zelltypen zur Aβ-Bildung zu untersuchen. Mithilfe der 3D-Lichtblattmikroskopie analysierten sie anschließend die Plaque-Bildung im gesamten Gehirn und erhielten ein vollständiges Bild der Amyloid-Plaques in allen Hirnregionen.
Der BACE1-Knockout in Neuronen verringerte die Aβ-Bildung am deutlichsten, weshalb Neuronen weiterhin als Hauptquelle von Aβ gelten. Doch auch Oligodendrozyten produzierten beträchtliche Mengen des Proteins, das in die Plaques eingebaut wird.
»Wenn BACE1 in Oligodendrozyten fehlte, entstanden etwa 30 Prozent weniger Plaques. In Nervenzellen, in denen das BACE1-Gen ausgeschaltet war, reduzierte dies die Plaque-Bildung um über 95 Prozent«, erklärt Erstautorin Dr. Constanze Depp. Zudem fanden die Forschenden heraus: »Plaque-Ablagerungen entstehen erst, wenn eine bestimmte Menge an neuronalem β-Amyloid vorhanden ist, zu der auch die Oligodendrozyten beitragen.«
Dieser Schwellenwert könnte für zukünftige Alzheimer-Therapien von Bedeutung sein. Wenn es gelänge, BACE1 zu hemmen, bevor dieser Schwellenwert erreicht ist, könnten sich die Plaques möglicherweise erst später bilden, so MPI-NAT-Direktor Nave. Das könnte dazu beitragen, den Verlauf der Alzheimer-Krankheit bereits in frühen Stadien zu verlangsamen.