Auch Apotheken in Sachsen schließen am 2. Oktober |
Ev Tebroke |
28.09.2023 11:10 Uhr |
Vorbild bundesweiter Apotheken-Protest am 14. Juni: Enttäuscht über die mangelnde politische Unterstützung der Vor-Ort-Apotheken, wollen viele Apothekerinnen und Apotheker auch im Oktober wieder auf die auf die Straße gehen. / Foto: AVNR/Alois Müller
Der Karren steckt fest. Die Wut der Apothekerschaft über die im Vorfeld des Deutschen Apothekertags (DAT) verbreiteten Pläne zum Umbau des Apothekenmarkts konnte Bundesgesundheitsminister Professor Karl Lauterbach (SPD) auch mit seinem Videoauftritt beim DAT nicht mindern. Die Apothekerinnen und Apotheker sind entsetzt und fühlen sich vom Minister hintergangen. Statt die Apothekenlandschaft – wie im Koalitionsvertrag versprochen – wirtschaftlich zu stärken, bewirkten die von Lauterbach angedachten Reformpläne wie etwa eine Aufweichung des Mehrbesitzverbots genau das Gegenteil: eine Unterminierung der flächendeckenden Versorgung durch die Vor-Ort-Apotheke. Als Konsequenz hat nach Hessen nun auch der Sächsische Apothekerverband (SAV) zum Protest aufgerufen. Am 2. Oktober sollen die Offizinen landesweit geschlossen bleiben.
»Die realitätsfernen Ideen des Bundesgesundheitsministers zeigen wieder einmal, dass Lauterbach die mittlerweile dramatische Versorgungslage in Deutschland und auch Sachsen komplett verkennt,« kritisiert der SAV-Vorsitzende Thomas Dittrich. Anstatt die Ursachen der Probleme anzugehen, würde Lauterbach mit seinen Plänen »die bewährten und vor allem hoch effizient arbeitenden Strukturen der Arzneimittelversorgung vor Ort erheblich schwächen«. Auch wirft er dem Minister mangelnde Dialogbereitschaft vor. »Anstatt den seit Monaten angefragten Termin für einen konstruktiven Dialog mit den ausgewiesenen Fachleuten für Arzneimittelversorgung wahrzunehmen, ist der Bundesgesundheitsminister weiter im Alleingang unterwegs.« Da ein konstruktiver Dialog seitens des Ministers offensichtlich nicht gewollt sei, bleibe nun nur der Protest, um auf die Missstände öffentlich aufmerksam zu machen, so Dittrich. »Deshalb ruft der Vorstand des Sächsischen Apothekerverbands zum Protest und damit zur ganztägigen Schließung sächsischer Apotheken am 2. Oktober 2023 auf.«
Von der Sächsischen Landesapothekerkammer (SLAK) gibt es grünes Licht. Zwar könne die Kammer keine generelle Befreiung, weder in Form einer (gesonderten) Allgemeinverfügung noch einer Befreiung auf Einzelantrag, erteilen, heißt es in einem Rundbrief an ihre Mitglieder. Denn sie sei als Körperschaft des öffentlichen Rechts hier behördlich im staatlichen Auftrag (unter Rechts- und Fachaufsicht) und nicht im Rahmen ihrer Selbstverwaltung tätig. Aber aus Sicht der Kammer handelt es sich bei dem am 2. Oktober 2023 geplanten Protesttag »um die zeit- und inhaltsgleiche Kundgabe eines gemeinsamen Willens der Berufsstandsangehörigen«. Deshalb könnten sich die teilnehmenden Apothekenleiterinnen und Apothekenleiter auf das Demonstrationsrecht als Folge der grundgesetzlich garantierten Meinungs- und Versammlungsfreiheit berufen, teilte die Kammer mit.
Kammerpräsident Göran Donner bekräftigt gegenüber der PZ: »Vor diesem Hintergrund und in Abwägung aller Umstände ist der geplante Protesttag mit Apothekenschließungen nach unserer Auffassung geeignet, erforderlich und angemessen, um den berufspolitischen Zielen der sächsischen öffentlichen Apotheken sowie deren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern den notwendigen Nachdruck zu verleihen.« Da die flächendeckende Versorgung mit Arzneimitteln mindestens auf dem Niveau des Notdienstes sichergestellt sei und die Beeinträchtigungen zeitlich befristet seien, werde die SLAK daher von berufsrechtlichen Maßnahmen gegen Apotheken, die am Montag, dem 2. Oktober 2023 wegen der Teilnahme am Protesttag nicht geöffnet haben, absehen.
Zuvor hatte bereits der Hessische Apothekerverband (HAV) den 2. Oktober als landesweiten Protesttag ausgerufen, an dem die Apotheken geschlossen bleiben sollen. Anders als in Sachsen gab es von der dortigen Kammer jedoch keine Rückendeckung. Sie hält landesweite Apothekenschließung für ordnungswidrig, wie Kammerpräsidentin Ursula Funke gegenüber der PZ erläuterte. Der HAV hingegen kam aufgrund eines juristischen Gutachtens zu einer anderen Einschätzung. Demnach sprechen dem HAV-Vorsitzenden Holger Seyfarth zufolge überwiegend gute Gründe dafür, dass die temporäre Schließung der nicht zum Notdienst eingeteilten Apotheken zum Zwecke der Teilnahme an einer Demonstration ordnungsrechtlich nicht zu ahnden sei. Statt zu einer »Schließung der Apotheken« aufzurufen, sei es aber besser, auf eine »Demonstration von Apothekerinnen und Apothekern« hinzuweisen. Denn aus Sicht des Verbands gestattet das Grundrecht der Demonstrationsfreiheit die aktive Teilhabe und Teilnahme am Protesttag.