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ARZNEISTOFFE

Tenecteplase|Metalyse®|41|2001

STOFFGRUPPE
41 Fibrinolytika
WIRKSTOFF
Tenecteplase
FERTIGARZNEIMITTEL
Metalyse®
HERSTELLER

Boehringer Ingelheim

MARKTEINFÜHRUNG (D)
03/2001
DARREICHUNGSFORM

10.000 U Pulver und Lösungsmittel zur Herstellung einer Injektionslösung

ATC-CODE
B01AD11
ORPHAN DRUG
Nein

Indikationen

Metalyse ist zugelassen zur thrombolytischen Therapie bei Erwachsenen mit Verdacht auf einen akuten Herzinfarkt mit andauernder ST-Streckenhebung oder frischem Linksschenkelblock innerhalb von sechs Stunden nach Beginn der Herzinfarktsymptome.

Wirkmechanismus

Tenecteplase ist wie Alteplase ein rekombinanter Plasminogen-Aktivator. Es unterscheidet sich aber an drei Stellen im Molekül von seinem Vorgänger: Threonin an Position 103 wurde durch Asparagin und Asparagin an Position 117 durch Glutamin getauscht. Ebenso ersetzte man Lysin, Histidin und zwei Arginin-Moleküle an den Positionen 296 bis 299 durch vier Moleküle Alanin. Der Kurzname TNK-t-PA weist auf diese Abwandlungen hin, die die Eigenschaften des Moleküls verändern: Tenecteplase hat eine längere Plasmahalbwertszeit (rund 20 Minuten) und eine höhere Fibrinspezifität als t-PA und wird weitaus weniger durch Plasminogen-Aktivator-Inhibitor-1 (PAI-1) inaktiviert.

Anwendungsweise und -hinweise

Tenecteplase kann als Einfach-Bolus (körpergewichtsbezogen dosiert) innerhalb von 10 Sekunden intravenös gespritzt werden. Die maximale Dosis beträgt 10.000 U (50 mg) Tenecteplase. Die Therapie, begleitet von ASS und Heparin, muss möglichst schnell, maximal sechs Stunden nach den ersten Symptomen eines Herzinfarktes, beginnen.

Wichtige Wechselwirkungen

Arzneimittel, die die Blutgerinnung oder die Thrombozytenfunktion beeinflussen, und Glykoprotein-IIb/IIIa-Antagonisten können die Blutungsgefahr vor, während oder nach einer Behandlung mit Tenecteplase erhöhen.

Nebenwirkungen

Unter der Therapie mit Tenecteplase stellen Blutungen die häufigste Nebenwirkung dar.

Kontraindikationen und Vorsichtsmaßnahmen

Metalyse ist kontraindiziert bei Patienten mit

  • akuter schwerwiegender Blutung (akut oder innerhalb der vergangenen 6 Monate),
  • oraler Antikoagulanzientherapie,
  • jeglicher Erkrankung des zentralen Nervensystems in der Anamnese (zum Beispiel Neoplasma, Aneurysma, intrakranieller oder intraspinaler Operation)
  • bekannter hämorrhagischer Diathese,
  • schwerer, nicht kontrollierbare Hypertonie
  • großer Operation, Biopsie eines parenchymatösen Organs oder schwerem Trauma in den letzten zwei Monaten (einschließlich jeglicher mit dem akuten Herzinfarkt zusammenhängenden Traumen),
  • kürzlich erlittenen Kopf- oder Schädelverletzungen,
  • länger andauernden Wiederbelebungsmaßnahmen (> 2 Minuten) in den letzten zwei Wochen,
  • akuter Perikarditis und/oder subakuter bakterieller Endokarditis,
  • akuter Pankreatitis,
  • schwerer Leberfunktionsstörung einschließlich Leberversagen, Zirrhose, Pfortaderhochdruck (Ösophagusvarizen) und aktiver Hepatitis,
  • aktiven peptischen Ulzera,
  • arteriellem Aneurysma und bekannten arteriovenösen Missbildungen,
  • Neoplasma mit erhöhtem Blutungsrisiko,
  • hämorrhagischem Schlaganfall oder Schlaganfall unklarer Genese in der Anamnese,
  • bekanntem ischämischen Schlaganfall oder transienter ischämischer Attacke in den vergangenen 6 Monaten,
  • Demenz.

Bei Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Inhaltsstoffe ist das Arzneimittel kontraindiziert.

Studien

Die ASSENT-2-Studie verglich die Wirksamkeit von Tenecteplase und Alteplase bei knapp 17.000 Herzinfarkt-Patienten. In beiden Gruppen waren die 30-Tage-Sterblichkeit und die Häufigkeit zerebraler Blutungen vergleichbar. In der Patientengruppe, die später als vier Stunden behandelt wurde, senkte Tenecteplase die Sterblichkeit deutlicher als t-PA. Möglicherweise werden aufgrund der höheren Fibrinspezifität ältere Thromben besser aufgelöst. Zudem traten weniger nicht zerebrale Blutungen auf, und es waren weniger Bluttransfusionen nötig. Ischämische Schlaganfälle waren jedoch etwas häufiger.

Hintergrundinfos

Eine möglichst rasche Infusion des Gewebe-Plasminogen-Aktivators (t-PA) Alteplase (Actilyse®) zusammen mit Acetylsalicylsäure und Heparin gilt als Goldstandard der Therapie bei akutem Herzinfarkt. Ziel ist es, das durch ein Blutgerinnsel verschlossene Gefäß möglichst rasch wieder zu öffnen (Reperfusionstherapie). Die gentechnisch hergestellte t-PA-Variante Tenecteplase war in einer großen Studie ebenso wirksam wie Alteplase, löste jedoch weniger nichtzerebrale Blutungen aus.

Besonderheiten

Metalyse ist bei Temperaturen nicht über 30 °C sowie im Umkarton zu lagern.

Metalyse ist verschreibungspflichtig.

Weitere Hinweise

Bei einem Herzinfarkt während der Schwangerschaft müssen der Nutzen der Therapie mit Metalyse und deren potenzielle Risiken gegeneinander abgewogen werden.

 

In der Stillzeit sollte Muttermilch innerhalb der ersten 24 Stunden nach der Therapie mit Metalyse verworfen werden.

Letzte Aktualisierung: 11.10.2022

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