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Sozialpharmazie

Arzneimittel für viele unerreichbar

Trotz einer sozialrechtlich breit abgesicherten Arzneimittelversorgung für fast alle Menschen gibt es immer wieder Fälle, die durch das soziale Netz fallen. Erstmals gibt eine Untersuchung im Bereich Sozialpharmazie Aufschluss über die Arzneimittelversorgung von Menschen abseits der Regelversorgung.
AutorKontaktAlina Bechtoldt
Datum 14.06.2021  09:00 Uhr

Was in den Menschenrechten festgelegt wurde, die in der Bundesrepublik gelten, ist in der Realität für einige Menschen schwer erreichbar und abhängig vom sozialen Engagement einiger Weniger. So garantiert Artikel 25 Absatz 1 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte jedem das Recht auf ärztliche Versorgung. In Deutschland ist die gesundheitliche Regelversorgung zudem gesetzlich verankert, dementsprechend für den Großteil der Bevölkerung leicht zugänglich.

Doch die Zahl der Menschen, die hierzulande durch das Raster fallen, nimmt zu. Ohne Krankenversicherung sind beispielsweise oftmals Einwanderer aus Osteuropa, Wohnungslose, aus der Haft Entlassene oder Menschen nach Ablehnung eines Asylantrages. Der Zugang ist zusätzlich für Menschen, die ein Asylverfahren durchlaufen, erschwert, ebenfalls für Privatversicherte, die ihre Beiträge nicht mehr zahlen können oder Personen, die keine Zuzahlungen leisten können. Mangelnde Sprachkenntnisse, ferner Angst und Scham führen darüber hinaus zum Verzicht auf eine ärztliche Versorgung.

Aufschluss über die Defizite gibt nun ein Bericht, der in der Public Health-Zeitschrift »Das Gesundheitswesen« veröffentlicht wurde. Darin untersuchte der Pharmaziepraktikant Andreas Fey im Rahmen seines Praktikums im Bereich Sozialpharmazie erstmals in einem größeren Umfang die Arzneimittelversorgung von Menschen abseits der Regelversorgung. Ziel des Beitrags ist es, die Aufmerksamkeit auf Menschen zu lenken, welche ihre finanziellen und rechtlichen Probleme nicht selbst vertreten können.

Projektbasierte Versorgung

Einige Bundesländer bemühen sich um eine Versorgung der Bedürftigen mithilfe von Projekten, doch sind die Mittel begrenzt. Vereinzelt gibt es auch Gesundheitsämter, welche selbst humanitäre Sprechstunden anbieten, etwa als Aufgabe des Infektionsschutzes. Daneben leisten ehrenamtlich organisierte Versorgungsangebote, beispielsweise sogenannte Medinetze, Medibüros, Medikamententafeln/-hilfen, einen großen Beitrag. Meist bieten diese medizinischen Hilfsangebote eine niederschwellige, kostenlose und anonyme Versorgung in Form einer offenen Sprechstunde an. Die häufig sehr eingeschränkten Leistungen sind dabei von Spenden und dem persönlichen Engagement der ehrenamtlichen Helfer abhängig.

Andreas Fey stützt seine Ergebnisse auf Befragungen der Mitarbeiter dieser medizinischen Hilfsangebote . Im Zeitraum März bis Juli 2018 und Oktober 2019 bis Januar 2020 gaben sie Auskunft über den eigentlichen Bedarf dieser besonderen Personengruppen. Insgesamt konnte er Daten von 57 Einrichtungen erheben und auswerten.

Innerhalb eines Jahres gab es 41.000 dokumentierte Patientenkontakte, hiervon waren die Menschen zu 68 Prozent männlich und 45 Prozent hatten einen deutschen Pass. Circa 82 Prozent der behandelten Patienten benötigten Arzneimittel. In den meisten Fällen stellt der Arzt ein Privatrezept aus. Apotheken beliefern die Rezepte, und die Kosten werden mit der medizinischen Hilfestelle abgerechnet; sie übernimmt also die Kosten. Zusätzlich unterstützen einige Apotheken die Versorgung, indem sie definierte Rabatte auf die Arzneimittel gewähren. Daneben findet die Abgabe von Sprechstundenbedarf, Ärztemustern und Altarzneimitteln statt, obwohl Altarzneimittel trotz Restlaufzeit nicht abgegeben werden dürfen. Denn die Lagerungsbedingungen und die Qualität können nicht überprüft werden; zudem ist eine Abgabe mit dem Arzneimittel- und Apothekenrecht nicht vereinbar.

Häufigste Medikation bei Schmerzen

Der Grund für die Gabe von verschreibungspflichtige Arzneimittel war meist eine Infektion oder Schmerzen, zusätzlich wurden psychische Erkrankungen, Hautinfektionen und chronische Wunden genannt. Die am häufigsten beobachtete Selbstmedikation ist die Schmerzbehandlung neben dem saisonalen Bedarf an Erkältungsmitteln. Ungefähr 80 Prozent der medizinischen Hilfseinrichtungen sahen weiteren Bedarf für niederschwellige Angebote. Für das vorhandene Angebot werben 84 Prozent der Einrichtungen mithilfe von Flyern sowie über das Internet, weil Betroffene sie sonst nicht nutzen würden.

Die Analyse zeigt eine defizitäre Versorgung, die gerade bei notwendiger Dauermedikation nicht gedeckt wird. Viele Erkrankte meiden die Versorgungseinrichtungen möglichst lange, so können bei Infekten weitere Personen angesteckt werden und Krankheiten chronifizieren. Das Fehlen einer kontinuierlichen und bedarfsgerechten Versorgung könnte demnach durch fehlende Immunisierung oder übertragbare Infektionskrankheiten eine Auswirkung auf die restliche Bevölkerung haben. Die Unterversorgung nur als Problem von Menschen am Rande der Gesellschaft zu sehen, sei im Sinne von Public Health sicherlich zu kurz gedacht, wie Fey abschließend resümiert. Er fordert weitere Forschungen zu dem Thema, um das gesamte Ausmaß der Not und der Gefahren zu erfassen.

 

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