Arzneimittel-Austausch, Nullretax – das sind die Regeln |
Ev Tebroke |
26.06.2023 18:00 Uhr |
Regelung dauerhaft verstetigt: Ab 1. August dürfen die Apotheken bei Nichtverfügbarkeit eines Rabattarzneimittels flexibel austauschen. / Foto: Getty Images/Tom Werner
Damit Apotheken bei Lieferengpässen bei der Arzneimittelabgabe leichter auf vergleichbare Medikamente ausweichen können, werden die Austauschregeln nun dauerhaft flexibilisiert. Das sieht das am Freitag vom Bundestag beschlossene Lieferengpass-Gesetz vor. Um die Nichtverfügbarkeit nachzuweisen, müssen Apotheken wie bereits im Regierungsentwurf vorgesehen, bei zwei Großhändlern die Verfügbarkeit abgefragt haben. Wird eine Apotheke aber grundsätzlich nur von einem Unternehmen beliefert, so reicht in diesem Fall eine einzige Großhandelsabfrage als Beleg aus. Diese Einschränkung war auf den letzten Metern von den Regierungsfrakionen noch per Änderungsantrag ergänzt worden.
Bislang sind die bereits während der Pandemie eingeführten erleichterten Austauschregeln über das Gesetz zur Unabhängigen Patientenberatung Deutschlands (UPD) geregelt – übergangsweise bis zum 31. Juli. Ab 1. August schreibt dann das ALBVVG die Abgabe-Regeln dauerhaft fest. Bei Nichtverfügbarkeit eines Rx-Arzneimittels dürfen Apotheken künftig ohne Rücksprache mit dem verordnenden Arzt von der ärztlichen Verordnung im Hinblick auf Folgendes abweichen, sofern hierdurch die verordnete Gesamtmenge des Wirkstoffs nicht überschritten wird:
1. die Packungsgröße, auch mit einer Überschreitung der nach der Packungsgrößenverordnung maßgeblichen Messzahl,
2. die Packungsanzahl,
3. die Abgabe von Teilmengen aus der Packung eines Fertigarzneimittels, soweit die verordnete Packungsgröße nicht lieferbar ist, und
4. die Wirkstärke, sofern keine pharmazeutischen Bedenken bestehen.
Voraussetzung ist zudem, dass der verordnende Arzt den Austausch nicht per Aut-idem-Kreuz ausschließt, und dass der Patient mit dem Austausch einverstanden ist.
Eine Retaxation ist künftig grundsätzlich verboten, wenn:
1. die Dosierangabe auf der Verschreibung fehlt,
2. das Ausstellungsdatum der Verordnung fehlt oder nicht lesbar ist,
3. die vom Gemeinsamen Bundesausschuss in den Richtlinien nach § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 festgelegte Belieferungsfrist von Verordnungen um bis zu drei Tage überschritten wird, es sei denn, es handelt sich um Verordnungen nach § 39 Absatz 1a, Verordnungen von Betäubungsmitteln oder Verordnungen von Wirkstoffen, für die kürzere Belieferungsfristen festgelegt sind,
4. die Abgabe des Arzneimittels vor der Vorlage der ärztlichen Verordnung erfolgt oder
5. die Genehmigung der zuständigen Krankenkasse bei Abgabe des Arzneimittels fehlt und diese nachträglich erteilt wird.
Eingeschränkte Retaxation:
Im Falle von vollständig oder teilweise fehlenden Verfügbarkeitsanfragen beim Austausch von verschriebenen und nicht verfügbaren Arzneimitteln darf künftig nur die Apothekenvergütung retaxiert werden; der Anspruch der Apotheke für das abgegebene Arzneimittel bleibt in voller Höhe bestehen. Dies gilt auch, wenn das verschriebene Arzneimittel trotz eines vorhandenen preisgünstigen Arzneimittels oder trotz eines vorrangigen Rabattvertrags von der Apotheke nicht ausgetauscht wurde.