Arbeitgeber greifen GKV-Solidarprinzip an |
| Cornelia Dölger |
| 30.10.2025 11:08 Uhr |
Ihre Ideen, wie Kassen Geld sparen und Mehreinnahmen generieren könnten, hat die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) in einem Positionspapier zusammengetragen. / © IMAGO/Zoonar
Mit den Sparvorschlägen ließen sich die Beiträge und die Lohnnebenkosten deutlich senken, zitiert die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) aus dem Papier. Die Kassenausgaben könnten damit in einem »optimistischen Szenario« um bis zu 50 Milliarden Euro im Jahr sinken, so die Erwartung.
Angreifen wollen die Arbeitgeber unter anderem ein Merkmal des Solidarprinzips innerhalb der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): die Familienversicherung, konkret die Beitragsfreiheit mitversicherter Ehepartner, die über kein oder nur ein geringes Einkommen verfügen. Sie sollen demnach künftig einen Mindestbeitrag von rund 220 Euro pro Monat zahlen. Der Verband rechne dadurch mit Mehreinnahmen der Kassen von 2,8 Milliarden Euro im Jahr, schreibt die Zeitung.
Zudem fordert der Verband auch die Wiedereinführung der Praxisgebühr von zehn Euro, die 2013 nach neun Jahren wieder abgeschafft worden war, weil sie nicht den erhofften Steuerungseffekt brachte. Der Verband will die Abgabe laut FAZ in eine »Kontaktgebühr« ummodeln, die nicht wie vormals pro Quartal, sondern bei jedem Arztbesuch fällig werden solle. Außerdem solle für mehr Transparenz über Leistungen und Kosten nach jedem Arztbesuch ein Abrechnungsbeleg ausgestellt werden, der automatisch in die elektronische Patientenakte (ePA) fließen soll.
Die »Vorschläge der Arbeitgeber für eine Gesundheitsreform 2026« beinhalten laut dem Bericht zudem die Forderung, die Mehrwertsteuer auf Arznei- und Hilfsmittel auf sieben Prozent zu senken – es sei nicht begründbar, warum Medikamente höher besteuert würden als Süßigkeiten, Katzenfutter oder Tiermedikamente.
Um die Kosten einzufangen, solle sich die GKV auf eine »Basissicherung« beschränken, fordern die Arbeitgeber. Diese solle die medizinische Versorgung sichern, gleichzeitig aber »verzichtbare Leistungen« ausschließen. Dazu zählt der Verband laut dem Bericht etwa »altersbezogene Leistungsausschlüsse« wie etwa teure Operationen an Hochbetagten.
Was eine »Basissicherung« genau einschließe, müsse noch definiert werden. Grundlegend solle aber sein, dass nur Behandlungen bezahlt werden, »deren Nutzen nachgewiesen ist und die wirtschaftlich erbracht werden«, zitiert die FAZ aus dem Papier. Einen vergleichbaren Vorschlag hatte Tino Sorge, Staatssekretär im Bundesgesundheitsministerium (BMG), unlängst eingebracht.
Auch bei Krankenhausabrechnungen setzt man an. Diese müssten künftig »uneingeschränkt überprüft werden«. Auch höhere Patientenzuzahlungen um 50 Prozent sieht das Papier vor. Damit betrüge die Eigenbeteiligung an Arzneimitteln, an Reha- und Klinikaufenthalten sowie an den Fahrtkosten dann mindestens 7,50 Euro statt fünf Euro, der Höchstbetrag 15 statt zehn Euro.
Auch das Thema versicherungsfremde Leistungen gehen die Arbeitgeber an. So müsse der Bund zehn Milliarden Euro mehr im Jahr für die Beiträge von Bürgergeldempfängern zur Verfügung stellen. Deutlich aufgestockt werden müsse der jährliche Bundeszuschuss von derzeit 14,5 Milliarden Euro auf 22,5 Milliarden Euro.
Neben dem »optimistischen« zeichnen die Arbeitgeber demnach auch ein »realistisches« Szenario, das 30 bis 40 Milliarden Euro bei den Kassen einsparen könnte. Damit ließen sich die jährlichen GKV-Ausgaben um zehn Prozent verringern, heißt es. Dadurch wiederum sei eine Senkung der Beitragssätze um 1,5 bis 2,0 Prozentpunkte möglich. Arbeitgeber wie Arbeitnehmer würden entlastet, weil sie nach der Lesart für den allgemeinen und für den Zusatzbeitrag nicht mehr durchschnittlich 17,5 Prozent des sozialversicherungspflichtigen Einkommens an die Kassen zahlen, sondern nur noch 15,5 bis 16 Prozent, heißt es.
»Die viel zu hohen Beitragssätze dürfen nicht noch weiter steigen und müssen baldmöglichst wieder sinken«, zitiert die FAZ Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger. Man bringe mit dem Papier »klare Vorschläge« für die Finanzkommission Gesundheit zur GKV-Reform ein, die bis März 2026 Reformvorschläge vorlegen soll.