| Lukas Brockfeld |
| 11.12.2025 15:30 Uhr |
Seit der Teillegalisierung boomt der Absatz von medizinischem Cannabis. / © Imago/Maurizio Gambarini
Eigentlich sah das Cannabisgesetz der Ampel-Regierung zwei Bezugswege für legales Cannabis vor: Die Konsumentinnen und Konsumenten sollten ihre Hanferzeugnisse entweder selbst anbauen, oder sich in sogenannten Cannabis Social Clubs zusammenschließen.
Doch da der Eigenanbau vergleichsweise aufwendig ist und es bisher kaum Anbauvereinigungen gibt, weichen viele Menschen auf medizinisches Cannabis aus. Im Internet gibt es zahlreiche Plattformen, die Cannabis samt Rezept für Selbstzahler anbieten. Für eine Verschreibung ist meist nur das Ausfüllen eines Fragebogens nötig, in dem die Käufer beispielsweise angeben, an Schlafstörungen zu leiden.
Gesundheitsministerin Nina Warken (CDU) ist diese Praxis ein Dorn im Auge. Die Bundesregierung will daher das Medizinal-Cannabisgesetz verschärfen, sodass Cannabis künftig nur noch nach einem persönlichen Kontakt mit einem Arzt verschrieben werden darf. Der Versand von Cannabisblüten soll grundsätzlich verboten werden. Der Bundesrat hat der Gesetzesänderung bereits im November zugestimmt, allerdings einige Anpassungen gefordert. Am 18. Dezember soll sich der Bundestag in erster Lesung mit dem Gesetz befassen.
Das Vorhaben der Gesundheitsministerin ist umstritten. So wird eine Verschlechterung der Versorgungssituation von Cannabispatienten und eine Stärkung des Schwarzmarktes befürchtet. Melanie Dolfen ist Inhaberin der Bezirksapotheken in Berlin und hat sich auf medizinisches Cannabis spezialisiert. In einer Pressemitteilung warnt die Approbierte vor der »Propaganda der Cannabis-Industrie« und erklärt, dass die Gesetzesverschärfung notwendig sei, damit sich Medizinalcannabis als seriöses Arzneimittel durchsetzen kann.
»Der bunte Mix von Argumenten, der den Online-Handel mit Scheinrezepten medizinisch begründen soll, sollte niemand täuschen, der sich für Medizinalcannabis als seriöses Arzneimittel engagiert«, so Melanie Dolfen. Der Gesetzentwurf der Bundesregierung begegne Betrug und Missbrauch. »Dieser Maskenball mit Rezepten, den wir seit der Teillegalisierung erleben, stellt alles infrage, was wir für Patientinnen und Patienten bei Medizinalcannabis in über zehn Jahren erreicht haben.«
Melanie Dolfen spricht sich für eine klare Trennung zwischen Freizeit- und Medizinalcannabis aus. Den Apotheken solle bei der Herstellung und Qualitätssicherung eine Schlüsselfunktion zukommen.
»Wenn der Drogenbeauftrage der Bundesregierung, Hendrick Streeck, von ›Dealer in weiß‹ spricht, benennt er offen, was alle in der Branche wissen«, so die Apothekerin. »Wenn diejenigen, die seit fast zwei Jahren mit Rezeptbetrug und zu Arznei umgelabelten Freizeitcannabis viel Geld verdienen, jetzt selbstlos die Interessen der Patientinnen und Patienten verteidigen? Wer soll ihnen denn das abnehmen? Von wegen, persönlicher Arztkontakt und Versandhandelsverbot treffe die Versorgung von Schwerkranken?«
Mit der Teillegalisierung sei sehr viel Cannabis auf den Markt gekommen. Das habe zu einem Verfall von Qualität und Preisen geführt, was für die Apotheken mehr Aufwand bedeute. Dolfen wendet sich in ihrer Mitteilung daher direkt an die Bundesregierung: »Meine dringende Bitte an die Fachpolitiker:innen im Bundestag, denen in diesen Tagen die Postfächer zulaufen und die Türen eingerannt werden, lassen sie sich diesen sinnvollen Gesetzentwurf nicht abschwatzen.«