| Daniela Hüttemann |
| 02.10.2025 18:00 Uhr |
Die neue kanadische Leitlinie zu Bluthochdruck sieht vor, während der Einstellung alle ein bis drei Monate den Blutdruck zu messen, danach alle sechs bis zwölf Monate. Das können auch Apotheker übernehmen. / © Getty Images/skynesher
Für ein Review und eine Metaanalyse zur Rolle von Apothekerinnen und Apothekern in der Behandlung von Bluthochdruck-Patienten wertete ein internationales, interprofessionelles Autorenteam 95 randomisierte, kontrollierte klinische Studien aus, an denen insgesamt 31,168 Patientinnen und Patienten teilnahmen. Bei 75 Prozent der Studien war die Intervention apothekergeführt und bei 25 Prozent in Zusammenarbeit mit anderen Heilberuflern.
Die Art der Intervention unterschied sich: Von Blutdruckkontrollen bei diagnostizierten Patienten, wie sie auch in Deutschland seit 2022 als pharmazeutische Dienstleistung etabliert sind, über Patientenschulungen, Erinnerungen zur Adhärenzsteigerung bis zu Medikationsanalysen mit Vorschlägen zu Therapieänderungen für den Arzt.
Das beeindruckende Ergebnis: Im Schnitt sank der systolische Blutdruck um 5,3 mmHg und der diastolische um 2,3 mmHg. Das ist vergleichbar mit den Effekten einzelner antihypertensiver Arzneistoffe oder geht sogar darüber hinaus. Am stärksten war der Effekt bei interprofessioneller Zusammenarbeit, durchgeführt im ambulanten Bereich, wenn Apotheker andere Heilberufler wie Ärzte oder Nurses schulten oder ihnen Feedback gaben.
»Die Betreuung von Patienten mit Bluthochdruck durch Apotheker verbessert den Blutdruck in verschiedenen Umgebungen und bei verschiedenen Interventionen durchweg«, so das Fazit der Autoren um Erstautorin und Apothekerin Dr. Viktoria Gastens, Postdoktorandin am Population Health Laboratory der Universität Freiburg (Schweiz). Die Betreuung durch Apotheker sei ein Schlüsselelement der Lösung für die globale Belastung durch Bluthochdruck und Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Der Übersichtsartikel wurde bereits im März in »Frontiers in Cardiovascular Medicine« veröffentlicht und diese Woche am Welt-Herz-Tag mehrfach bei einem Webinar des Welt-Apotheker-Verbands (FIP) zitiert. Andrea Vassalotti von der Weltzherzstiftung betonte die Bedeutung guter Adhärenz und den wichtigen Einfluss von Apothekern darauf. Das würden auch bereits die Leitlinien der Europäischen Gesellschaften für Kardiologie (ESC) und Hypertonie (ESH) berücksichtigen. »Bessere Adhärenz bedeutet bessere Outcomes – eine verbesserte Adhärenz rettet Leben und spart Kosten«, so Vassalotti. Apothekerinnen und Apotheker hätten hier oftmals mehr Nähe zu den Patienten »und manchmal auch die praktischere Kommunikation«.
Auch die Pharmazieprofessorin Nesligul Ozdemir Ayduran von der Gazi Universität, Türkei, betonte, Apothekerinnen und Apotheker sollten viel stärker in Screenings, Therapie und Kampagnen gegen Bluthochdruck einbezogen werden. Dafür sprach sich auch der Kardiologe Professor Dr. Ross Tsuyuki von der University of Alberta, Kanada, aus, einer der Koautorin des oben zitierten Reviews. Es gebe mittlerweile mehr Evidenz für die antihypertensive Wirkung von Apothekern als für Medikamente zur Blutdrucksenkung.
In die Metaanalyse seien noch nicht einmal Studien eingeflossen, bei denen Apotheker selbst Medikamente ansetzen oder die Dosis anpassen können, wie dies mittlerweile unter anderem in einigen kanadischen Provinzen möglich sei. Dann dürfe man noch größere Effekte erwarten, glaubt der Kardiologe.
In Kanada habe man im Mai die neue Leitlinie zu Bluthochdruck veröffentlicht – stark vereinfacht auf neun Empfehlungen eingedampft. Dazu gehört die Diagnosestellung durch eine standardisierte Messung mit einem validierten, automatischen Gerät. Hier sieht er eine große Rolle für die Apotheken. Es sei so einfach, »es gibt keinen Grund, warum nicht auch Apotheker die Diagnose Bluthochdruck stellen können«. Grundsätzlich gelte für alle Erwachsenen unter optimalen Konditionen, einen Blutdruck von unter 130 zu 80 mmHg anzustreben. »Nur diesen einen Wert müssen Sie sich merken.«
Alle Betroffenen sollen eine Lebensstilberatung bekommen (auch die möglich durch einen Apotheker). Ab einem Blutdruck von 140 zu 90 mmHg werde allen eine Pharmakotherapie empfohlen (bei hohem kardiovaskulärem Risiko bereits ab 130 mmHg systolisch).
Auch der Therapiealgorithmus wurde vereinfacht und folgt einem einfachen Flussdiagramm. »Bluthochdruck soll in Kanada nicht von Spezialisten, sondern Hausärzten, Apothekern, Nurses und Nurse Practioners behandelt werden«, so Tsuyuki. Nur in besonderen Fällen und wenn die Therapie nicht anschlägt, sollen die Patienten zum Kardiologen.
Neben dem Screening würde Tsuyuki die Apotheker auch gern stärker in das Monitoring einbeziehen. »Wir müssen das Management von Bluthochdruck dringend verbessern – wir haben hier so ein großes Problem, dass wir jeden zum Helfen brauchen.«