Apotheker optimieren Medikamente bei hohem Schlaganfall-Risiko |
Daniela Hüttemann |
15.08.2024 12:00 Uhr |
Vorhofflimmern geht mit einem hohen Risiko für Schlaganfälle einher und ist daher in der Regel medikamentös behandlungsbedürftig. / Foto: Getty Images/The Good Brigade
In der kanadischen Provinz Alberta gibt es bereits Apothekerinnen und Apotheker mit begrenzten Verordnungsmöglichkeiten. 27 Apotheken mit entsprechendem Personal nahmen an der Studie teil. Zunächst gab es umfangreiche Schulungen rund um Vorhofflimmern, Schlaganfall-Risiko-Einschätzung, leitliniengerechte Verschreibung von oralen Antikoagulanzien (OAK), der Risiko-Einschätzung für Blutungen und wie das Screening durchzuführen ist.
Die Apotheker hatten Zugriff auf elektronische Patientenakten, wo sie mitunter Diagnosen und die bestehende Medikation einsehen konnten. Sie identifizierten Menschen über 65 Jahre mit bekanntem, bislang unterbehandeltem Vorhofflimmern, aber auch mittels einfachem EKG solche mit unerkanntem Vorhofflimmern mit mindestens einem weiteren Risikofaktor für einen Schlaganfall.
In der Interventionsgruppe schritten die Apotheker nun gleich zur Tat, klärten die Patienten über die Gefahren von unzureichend behandeltem Vorhofflimmern auf, kontrollierten den Blutdruck und optimierten die Medikation. Sie durften dabei nicht nur Dosierungen ändern, sondern auch orale Antikoagulanzien ansetzen, wenn diese bislang fehlten. Darüber informierten sie auch den zuständigen Hausarzt und schickten diesem einen aktuellen Medikationsplan.
In der Kontrollgruppe wurde lediglich der Hausarzt über die festgestellten Defizite bei der Medikation informiert und der Medikationsplan übermittelt. Drei Monate später schauten die Apotheker auch bei der Kontrollgruppe noch einmal auf die Medikation und optimierten diese dann gegebenenfalls (verzögerte Intervention). Die Ergebnisse wurden vor Kurzem im Fachjournal »JAMA Network Open« veröffentlicht.
Verglichen wurden nun die Raten einer leitliniengerechten Verschreibung zwischen den zwei Gruppen nach drei Monaten (vor der verzögerten Intervention). 235 Patienten wurden gescreent und davon 80 mit Handlungsbedarf in die Studie eingeschlossen. Das Durchschnittsalter betrug 79,7 Jahre, der mittlere CHADS2-Score (der wichtigste Score zur Erfassung des Schlaganfallrisikos) lag bei 2. Das Follow-up schlossen 70 Patienten ab.
Nach drei Monaten hatten 36 von 39 Patienten der frühen Interventionsgruppe eine leitliniengerechte OAK-Nutzung (92,3 Prozent). Dagegen waren es in der Kontrollgruppe nur 23 von 41 Patienten (56,1 Prozent). Bei sechs dieser Patienten hatte der Hausarzt den Apotheker übrigens angerufen und um eine Verordnungsempfehlung gebeten.
Die Anzahl schwerer Nebenwirkungen stufen die Studienautoren als gering ein. Während der zwölfmonatigen Follow-up-Periode verstarben drei Patienten (zwei in der Interventionsgruppe, einer in der Kontrollgruppe), einer in der Kontrollgruppe erlitt einen Schlaganfall. Bei fünf Patienten der Interventionsgruppe und zwei der Kontrollgruppe traten Blutungen auf. Es gab keine Unterschiede bei der Anzahl der Notaufnahme-Besuche (jeweils 13) und Krankenhauseinweisungen (vier versus sechs, Unterschied ohne statistische Signifikanz). Nach einem Jahr war die OAK-Adhärenz in beiden Gruppen sehr hoch (91,4 versus 89,3 Prozent, Unterschied ohne statistische Signifikanz).