Apothekenzahlen in Bremen sinken weiter |
Daniela Hüttemann |
28.05.2024 14:30 Uhr |
Bremen hat aktuell noch 126 Apotheken. Es waren einmal knapp 200. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Die Höchstzahl der Apotheken in Bremen lag 1990 mal bei knapp 200 Betrieben. Inzwischen kommen rein rechnerisch knapp 5500 Einwohner auf eine Apotheke, in versorgungstechnisch prekäreren Stadtteilen ist die Apothekendichte noch deutlich geringer. Die Stadtteilräte sorgten sich teilweise schon um die Arzneimittelversorgung, sagte Kammergeschäftsführerin Dr. Isabel Justus gegenüber der PZ. Die Zahl der Kammermitglieder bleibe dagegen konstant bei rund 500, wovon aktuell 387 in öffentlichen Apotheken arbeiten, berichtete sie bei der Kammerversammlung am gestrigen Montagabend.
Die Kammer hat auch erhoben, wie viele Approbierte im Schnitt pro Apotheke arbeiten. So hätten 58 Prozent der Apotheken neben dem Leiter/ der Leiterin mindestens eine Vollzeit-Approbierten-Stelle; bei 8 Prozent ist dagegen der oder die Inhabende als einziges approbiert. Zudem seien (bundesweit) 35 Prozent der Inhaber älter als 60 und es sei fraglich, wie viele davon Nachfolger finden. Zudem arbeite mittlerweile nach Zahlen des Versorgungswerks niemand mehr länger als er müsste. »Die Apothekenzahlen werden weiter massiv nach unten gehen«, prophezeite Justus. Auch die Zahl der Filialen sinke seit 2020.
Notdienst und Öffnungszeiten sind daher immer wieder Thema für die verbliebenden Offizinen. Der Justiziar der Kammer, Dr. Heinz-Dieter Horn, erläuterte, dass es hier keine Allgemeinverfügung zur Flexibilisierung der Öffnungszeiten brauche, wie andere Apothekerkammern sie teilweise verabschiedet haben. Paragraf 23 der Apothekenbetriebsordnung biete genügend Spielraum, um im Einzelfall individuelle Lösungen zu finden.
Die Notdienstverteilung sei dagegen immer eine Gratwanderung zwischen den Interessen der Bevölkerung und der Belastung der Apotheken, erläuterte Geschäftsführerin Justus. Die Arbeitsgemeinschaft Notdienst, die vor einem Jahr einberufen wurde, arbeite weiterhin an Entlastungen. In Bremen Stadt habe man die Notdienstgruppen bereits umstrukturiert. Zudem denkt die Kammer über grenzüberschreitende Lösungen mit Niedersachsen nach.
Kammerpräsident Klaus Scholz (links) und sein Vize Sebastian Köhler. / Foto: PZ/Daniela Hüttemann
Auf eine echte finanzielle Entlastung der Apotheken konnte Kammerpräsident Klaus Scholz keine Hoffnungen machen. »Bei allen Gesprächen mit regierungsbeteiligten Parteien hieß es: Die Krankenkassen haben kein Geld und der Staat auch nicht, also nur Umverteilung.« Die Politik lehne derzeit Unterstützung nach dem Gießkannenprinzip ab. »Es spukt dort immer die kleine Landapotheke im Kopf. Es gibt aber auch in Städten zur Versorgung wichtige Apotheken«, betonte Scholz. Die bisherigen Proteste hätten nicht weitergeführt. Verständnis sei da, mehr Geld nicht.
Scholz hatte unter anderem mit der Bremer Bundestagsabgeordneten Dr. Kirsten Kappert-Gonther (Grüne) gesprochen. Sie ist als stellvertretende Vorsitzende des Gesundheitsausschusses auch für die Apotheken mitzuständig. »Bei der Umverteilung des Zuschlags von 3 auf 2 Prozent konnte ich ihr darstellen, dass die Abgabe der Hochpreiser sich gar nicht mehr lohnen würde, weil die Zinsen, wenn man sein Konto überzieht, den Ertrag auffressen«, berichtete Scholz. »Die Rechnung war ihr neu, aber plausibel, und sie wollte sich weiter darum kümmern.«
»Unsere Probleme sind ja nicht nur das uralte Honorar, sondern auch das Skonto-Urteil, Retaxationen und die steigenden Lohn- und Energiepreise«, so der Kammerpräsident. »Ich begreife die Ignoranz des Ministers nicht, gerade bei den derzeitigen Schließungszahlen, die unsere Not untermauern. Stattdessen werden Umverteilungsideen in den Medien platziert. Seine Ideen mit Apotheken ohne Apotheker sind abstrus, gerade in Zeiten sinkender PTA-Zahlen.«
Zwei tröstliche Nachrichten gab es immerhin: Die Bremer Gesundheitssenatorin Claudia Bernhard (Die Linke) bringe einen Beschlussvorschlag in die Gesundheitsministerkonferenz ein. Scholz erläuterte: »Es soll ein Erstattungsmechanismus im SGB V etabliert werden: Wenn nach Feststellung eines Versorgungsmangels nach § 79 (5) AMG (auf Grundlage einer Gestattung eines Bundeslands) Arzneimittel importiert werden, ist der Abverkauf erlaubt und die Krankenkassen müssen dann auch bezahlen.«
Zudem konstatierte er zum E-Rezept, dass es überraschend gut laufe, auch wenn es derzeit noch zeitintensiver wäre als die Papierrezepte. Es gebe zwar immer noch ärgerliche Pannen, aber die meisten Rezepte könnten beliefert werden. Zudem forderte Scholz mehr Freiheiten bei der Lösung von Lieferengpässen.
Vorstandsmitglied Dr. Stefan Schwenzer machte darauf aufmerksam, dass es noch keine Lösungen für den Umgang mit größeren technischen Ausfällen beim E-Rezept gebe und wer dann hafte. Zudem kritisierte er die unzureichende Kontrolle von Missbrauch und Umgehung des Zuweisungsverbots bei E-Rezepten.
Auch beim Card-Link-Verfahren sah er noch einige Fragezeichen für eine apothekenübergreifende Lösung. Die Gedisa arbeite daran und plane die Bereitstellung für August dieses Jahres. Was Drittanbieter-Apps angehe, riet er zum Abwarten, bevor Apotheken sich hier mit längeren Vertragslaufzeiten binden.
Dass das E-Rezept in die Apotheke gehört, kommuniziert die ABDA derzeit auch auf Bundesebene. Gastreferent Benjamin Rohrer, Pressesprecher der ABDA, erläuterte deren Strategien und Kampagnen und warb bei den Bremer Apotheken, sich daran zu beteiligen, zum Beispiel neue Plakate zum E-Rezept aufzuhängen, auf Social Media dafür zu werben und vor allem mit möglichst vielen Politikern über die Probleme der Apotheken zu sprechen.
Das Papier-Rezept ist ein Auslaufmodell. Mit dem E-Rezept sollen alle Arzneimittel-Verordnungen über die Telematikinfrastruktur abgewickelt werden. Wir berichten über alle Entwicklungen bei der Einführung des E-Rezeptes. Eine Übersicht über unsere Berichterstattung finden Sie auf der Themenseite E-Rezept.