»Apothekenteams wissen, wo sie Zeit verlieren« |
Alexander Müller |
01.08.2025 11:00 Uhr |
Viele Routinearbeiten in Apotheken können durch den Einsatz von KI-Tools erleichtert werden – sie müssen nur zum Einsatz gebracht werden. / © Adobe Stock/Dragana Gordic
Ommax unterstützt alle möglichen Unternehmen im Gesundheitswesen bei der digitalen Transformation. Von Pharmaunternehmen über MVZ und Klinikketten bis zu Softwareherstellern und großen Labordienstleistern wie Synlab. Und auch Apotheken.
Dabei begegnet Konhäuser einer Herausforderung immer wieder: »Fast alle haben ein historisch gewachsenes Technologieumfeld, das über die Zeit immer größer geworden, aber nicht mehr richtig modern ist.« Sehr viele gesammelte Daten und wenig Ideen, wie man die für sein Geschäft nutzen kann – oder darf, angesichts der Regulatorik im Gesundheitsmarkt. »Dann lassen viele lieber die Finger davon, bevor sie sich diese verbrennen.«
Die Apothekenbranche sticht zuweilen durch eine besondere Skepsis gegenüber KI-Lösungen heraus. Konhäuser hat dafür eine Erklärung: »Der Apothekenmarkt befindet sich – auch durch den Versandhandel – unter einem enormen Druck und die Apothekerinnen und Apotheker sind nach meinem Gefühl auf der Suche nach ihrem eigenen Zukunftsmodell. Da sorgt KI nicht gerade für Stabilität und Klarheit, sondern wirft zusätzliche Fragen auf. Ich finde es verständlich, wenn man da übersensibel reagiert.«
Der Begriff »Apothekensterben« habe sich leider etabliert. »Ich kenne nichts Vergleichbares in anderen Branchen. Und das darf man auch nicht unterschätzen, wie das auf die Zunft wirkt«, so Konhäuser. Teilweise seien die Sorgen auch berechtigt: Denn die Chancen der KI könnten sich Versender aus einer rein unternehmerischen Sicht besser zunutze machen. »Weil sie einfach mehr Betriebswirtschaftler als Naturwissenschaftler sind«, so Konhäuser.
Ihr Appell an die Apotheken: »In der heutigen Zeit muss sich jedes Unternehmen als Tech-Unternehmen verstehen.« Das sei im Gesundheitsbereich oft besonders schwierig, weil die Personen an der Spitze meist eine andere Ausbildung hätten. Deswegen sei es auch für Apotheken wichtig, einen »KI-Beauftragten« zu benennen, der die Verantwortung übernimmt und den Markt sondiert.
»Die Apothekenteams kennen ihre ›Pain Points‹«, so Konhäuser. »Die wissen ganz genau, wo sie Zeit verlieren und wo sie Hilfe bräuchten. Aber oft kommen sie nicht darauf, dass es vielleicht schon eine digitale Lösung gibt.« Der Außendienst entsprechender Anbieter habe oft das Problem, bei den meist kleinen Apothekenteams gar nicht durchzukommen. Ihr Tipp: Mit den eigenen Technik-Dienstleistern nicht nur den Kontakt suchen, wenn gerade mal etwas nicht funktioniert, sondern aktiv »Chancen-Gespräche« führen.
Gerade im Gesundheitswesen gebe es immer wieder Hürden zu nehmen, weiß Konhäuser. »Apotheken dürfen meist nicht einfach links und rechts ein paar coole Tools einkaufen. Es gibt viel größere Barrieren, um mit KI-Anwendungen in Berührung zu kommen, selbst wenn du ein modernes und junges Team hast.« Andererseits gebe es viele Start-ups, die sich auf das hoch regulierte Gesundheitswesen eingelassen hätten. »Die muss man identifizieren und fördern. Da gibt es teilweise schon Inkubatoren, um solchen Start-ups unter die Arme zu greifen.«
Häufig geht es nach ihren Erfahrungen bei einfachen Dingen los wie der Verwaltung von Kundenbeziehungen (Customer-Relationship-Management-System). »Das ist doch das übergeordnete Kundenerlebnis gegenüber der Online-Bestellung: Da ist eine Fachkraft vor mir, die mich kennt und gut berät. Das technisch zu unterstützen, gehört zu den Basics in jeder Apotheke«, so Konhäuser. Und damit die Chronikerversorgung nicht über Abo-Modelle komplett in den Versandhandel abrutscht, könnten niederschwellige Gesundheitsleistungen helfen: Für das Impfen in der Apotheke brauche es nicht nur einen geeigneten Raum, sondern auch ein funktionierendes Termintool.
Apotheker Marc Kriesten gilt als einer der Visionäre in Sachen KI in der Apotheke. Auch er wünscht sich konkrete Unterstützung in der Offizin. Viele Marktteilnehmer stünden bereits in den Startlöchern, doch es fehlten konkrete Anwendungsfälle und der Mut zur Umsetzung. Die Branche stehe aktuell an einem Wendepunkt: Das Interesse sei groß und das Momentum spürbar. »Das möchte ich auf der Expopharm vorantreiben«, so Kriesten zur PZ.
Die Expopharm findet in diesem Jahr vom 16. bis 18. September in Düsseldorf statt. Konhäuser spricht dort über »Strategien und Tools für moderne Healthcare-Kommunikation«, Kriesten unter anderem über »Kommunikation, KI und Gesundheitskompetenz im Wandel«.