»Apothekenreform aus einem Guss« |
Alexander Müller |
25.03.2025 10:30 Uhr |
Das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) schlägt der neuen Regierung verschiedene Maßnahmen vor, darunter eine Reform des Apothekenhonorars. / © IMAGO/BREUEL-BILD
Fast 600 Seiten umfassen die »Vorhabenvorschläge« der Abteilungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) für die 21. Legislaturperiode. Habecks Hausaufgaben für die nächste Regierung sind gut getimed: Das Dokument, das der PZ vorliegt, platzt mitten in die heiße Phase der Koalitionsverhandlungen, in der jetzt die Spitzen von Union und SPD die Ergebnisse der 16 Arbeitsgruppen besprechen.
Von der Europapolitik über Fragen der Energieversorgung, Klimaschutz und einer Digitalstrategie bis zur Außenwirtschaft und Industriepolitik – alle Abteilungen des BMWK haben offenbar ihre Schubladen geleert und laufende oder geplante Vorhaben zusammengetragen.
Die Apotheken fallen in Abteilung I »Wirtschaftspolitik«. Das BMWK hält an den Plänen fest, die Zuständigkeit für die Arzneimittelpreisverordnung (AMPreisV) – und damit das Apothekenhonorar – ins Bundesgesundheitsministerium (BMG) zu übertragen. So hatten es die amtierenden Minister Habeck und Karl Lauterbach schon im Mai 2023 vereinbart.
Doch das Vorhaben im Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetz (GVSG) ging mit dem Ende der Ampelkoalition vorerst unter. Der Wechsel soll jetzt schnell nachgeholt werden, die entsprechende Änderung des § 78 Arzneimittelgesetz könnte »im ersten geeigneten Omnibusgesetz des BMG umgesetzt werden«, so der Vorschlag.
Inhaltlich stärkt Habecks Haus den Apotheken und auch den ebenfalls von der Verordnung betroffenen Großhändlern deutlich den Rücken: »Die AMPreisV ist insbesondere wegen durch die Inflation zunehmend entwerteten Vergütungssätzen in den vergangenen Jahren und mit Blick auf die wirtschaftliche Lage der Apotheken und des Pharma-Großhandels reformbedürftig«, heißt es in dem Papier. Eine Anpassung werde von den Akteuren mit zunehmender Vehemenz eingefordert; bei komplexer Gemengelage und teils divergierenden Interessen.
Als mögliches Problem wird im BMWK gesehen, dass sich die neue Hausleitung des BMG nicht mehr an die Vereinbarung der amtierenden Minister zum Zuständigkeitswechsel gebunden fühlen könnte. Außerdem sei mit »erneuter Personalforderung des BMG« zu rechnen.
Abschließend enthält der Absatz sogar einen Formulierungsvorschlag für den Koalitionsvertrag: »Wir setzen uns für eine bundesweit verlässliche Versorgung mit notwendigen Arzneimitteln ein. Hierfür streben wir eine Apothekenreform aus einem Guss an, weshalb das Bundesministerium für Gesundheit künftig auch für das Arzneimittelpreisrecht (AMPreisV) zuständig sein wird.«
Im gleichen Kapitel schlägt das BMWK zudem Maßnahmen zur Stabilisierung der Krankenkassen und Pflegeversicherung vor. Idealerweise sollten die Beiträge sogar gesenkt werden können – zur Entlastung des »Faktors Arbeit«. Auf der Einnahmenseite denkt man im BMWK dabei vor allem an die viel zitierten versicherungsfremden Leistungen und dabei insbesondere an die nicht deckenden Bundeszuschüsse für Bürgergeldbeziehende. Doch auch höhere Beitragsbemessungsgrenzen werden ins Spiel gebracht sowie eine Beteiligung der PKV an den Kosten der Krankenhausreform.
Spannend sind die drei knappen Punkte zur Ausgabenseite:
Für die Apotheken relevant könnte zudem das Ansinnen sein, eine Stärkung der Prävention durch finanzielle Anreize zu erreichen. Außerdem ist eine Wiedereinführung der Praxisgebühr auf der Vorschlagsliste. Insgesamt sollte eine Finanzreform »sehr hohe Priorität« haben, da sonst gerade bei den Pflegekassen schon im laufenden Jahr Insolvenzen drohen könnten, warnt das BMWK.
Gerade im Generikamarkt wird die große Abhängigkeit von Herstellern im Ausland mit Blick auf die weltpolitische Lage kritisch gesehen. Auch das Wirtschaftsministerium will daher die Entwicklung und Produktion von Arzneimitteln in Deutschland stärken. Dazu sollten das EU-Vergaberechts für kritische Arzneimittel entsprechend geändert und die Rahmenbedingungen für die Produktion hierzulande verbessert werden. Außerdem wird eine Vereinfachung des Vergaberechts vorgeschlagen mit verstärkter Berücksichtigung der Nachhaltigkeit.
Das BMWK fände es ferner sinnvoll, den »Round Table Gesundheitswirtschaft« fortzuführen, als Dialogformat mit den zentralen Verbänden der Gesundheitswirtschaft. Hier könnten auch Maßnahmen zur Stabilisierung der GKV-Finanzen besprochen werden, als mögliche Stellschraube werden hier explizit »Arzneimittelzwangsrabatte« genannt.
Im Kapitel Mittelstandspolitik schlägt die BMWK-Abteilung vor, angesichts des Fachkräftemangels die duale Ausbildung zu stärken. Die Gesprächsplattform Allianz für Aus- und Weiterbildung soll weiterentwickelt werden. Außerdem soll der Mittelstand mit einem »spürbaren Bürokratieabbau« entlastet werden. Konkret sollen überflüssige Dokumentations- und Berichtspflichten wegfallen und die Digitalisierung konsequent vorangetrieben werden.
Im Onlinehandel fordert das Wirtschaftssressort fairen Wettbewerb und eine Stärkung des Verbraucherschutzes. Die Marktüberwachungsverordnung auf EU-Ebene müsse ergänzt werden, um die Befugnisse von Marktüberwachungsbehörden gegenüber Onlinehandelsplattformen auszuweiten, so die Forderung. Doch die Kosten für die verstärkte Überwachung auf Länderebene wird bereits als möglicher Konflikt gesehen.