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Mit Politik sprechen

Apothekenproteste bewegen zum Umdenken

Der »Demovember« der Apotheken neigt sich dem Ende zu und viele fragen sich, ob die Proteste etwas gebracht haben. Ja, meinten ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening und Kammerpräsident Kai-Peter Siemsen bei der letzten Vollversammlung der Apothekerkammer Hamburg. Die Apothekerschaft müsse dran bleiben, denn langsam verstünden immer mehr Politiker, was schief läuft. Wie geht es nun weiter?
AutorKontaktDaniela Hüttemann
Datum 28.11.2023  13:00 Uhr

»Wir waren mit unseren Protesten nicht permanent, aber immer wieder in Print, Funk und Fernsehen – und was noch viel wichtiger ist, in den Köpfen der Menschen«, resümierte Kai-Peter Siemsen, Präsident der Apothekerkammer Hamburg, bei deren letzten Vollversammlung am Montagabend in Hamburg. »Wir haben festgestellt, dass die Patienten zu 98 Prozent hinter unseren Forderungen stehen.« Es gelinge langsam, die antiquierten Bilder des schubladenziehenden, aber Porsche fahrenden Apothekers durch ein realistisches Bild der modernen Apotheken und ihrer aktuellen wirtschaftlichen Nöte zu ersetzen. Die Patienten wüssten ihre wohnortnahen Apotheken zu schätzen. Die meisten sind oder waren von Lieferengpässen betroffen und ahnen, dass ihre Versorgung ohne den engagierten Einsatz ihres Apothekenteams gefährdet ist.

Und auch mehr und mehr Politikerinnen und Politiker zeigten langsam Einsicht und reagierten. Die rot-grüne Regierungskoalition in Hamburg hat die angespannte Lage der Apotheken erkannt und in der Bürgerschaft einen Krisengipfel zur Arzneimittelversorgung beantragt. Die Behörden wollen sich in Gesprächen mit den Leistungserbringern ein klares Bild von der Lage vor Ort zur Versorgung machen, da sie gemerkt hätten, dass das Bild, das sie von Bundesgesundheitsminister Lauterbach in Bezug auf die Lieferengpässe in Berlin bekommen hätten, geschönt ist.

Apotheken sichern sozialen Frieden

Am 17. November wurde im Bundestag ein Antrag der Unionsfraktion zum Thema »Arzneimittelversorgung sicherstellen – Versorgungssicherheit gewährleisten« gestellt, bei dem es auch um die Vergütung der Apotheken ging. Derweil schlage die SPD als Partei mit Regierungsverantwortung um sich, die Apotheken würden mit ihren Protesten die Menschen verunsichern und in die Arme der AfD treiben – »das sagt mehr über den Absender als über uns aus«, befand Siemsen und auch ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening, die als Gastrednerin gekommen war, wies eine solche Behauptung scharf zurück. Gerade die Apotheken trügen mit der verlässlichen Arzneimittelversorgung der Bevölkerung und dem niedrigschwelligen Zugang zum Gesundheitswesen überall im Land zum sozialen Frieden bei. »Hier muss sich die Politik fragen, in welch ignoranter Distanz sie zu den Menschen steht, die sich nicht mehr gesehen fühlen.«

Mit dem Lieferengpass-Gesetz war es eigentlich von den Parlamentarieren vorgesehen gewesen, den Apotheken mehr Austauschfreiheiten und Sicherheit vor Nullretaxen zu geben. Zudem soll die Präqualifizierung für die Hilfsmittelversorgung für Apotheken abgeschafft werden. Auch wenn hier die Krankenkassen noch mauerten und wohl wieder die Schiedsstelle ein Machtwort sprechen muss: Siemsen und Overwiening werteten dies als erste Einsichten und Schritte der Politik, den Apotheken das (Über)Leben zu erleichtern und sind optimistisch, dass die Schiedsstelle im Sinne der Apotheken und des Gesetzgebers entscheiden wird.

Patienten sind Wähler

Beide appellierten an die Hamburger Apothekerinnen und Apothekern, die Phase nach der Protestwelle im November zu nutzen, um mit den nun sensibilisierten Politikern und Politikerinnen zu sprechen, ob im Bezirk, in der Bürgerschaft und mit den Bundestagsabgeordneten ihrer Wahlkreise, denn dort tut es ihnen weh, wenn die Apotheken bedroht sind und die Wähler entsprechend unzufrieden sind. Den Menschen müsse klar werden, dass weniger Apotheken nicht angesichts der älter werdenden Gesellschaft nicht immer mehr Patienten versorgen können, ohne dass es zu längeren Wartezeiten, weiteren Wegen und mehr Abstrichen kommen würde. Da helfen auch keine »Apotheken light«, die keine Notdienstverpflichtung und direkte apothekerliche Beratung haben sollen, wie Lauterbach sie plant.

»Nutzen Sie alle die Bürgersprechstunden, laden Sie sie Politiker in Ihre Apotheken ein«, bat Siemsen, der selbst immer wieder hier aktiv ist. Vielen müsse man leider immer noch erklären, was der Unterschied zwischen Umsatz und Ertrag einer Apotheke ist. Dieser leise, aber breite Protest müsse beharrlich fortgeführt werden. Dafür können sich Apothekenteams auch von Kammer oder Verband briefen lassen und Argumentationshilfen der ABDA nutzen.

Wichtige Kennzahlen sind dabei zum Beispiel, dass mittlerweile 10 Prozent der Apotheken rote Zahlen schreiben; ein Drittel der Inhabenden hat am Monatsende nicht mehr übrig als ein angestellter Apotheker im Krankenhaus oder gar bei einer Krankenkasse. Die Apothekenvergütung macht nur 2 Prozent der GKV-Ausgaben aus, während die Verwaltungskosten der Kassen doppelt so hoch sind; um nur einige zu nennen.

Apotheken spürbar entlasten

Overwiening erinnerte aber auch daran, dass es auch nicht nur um eine Honorarerhöhung gehe, sondern die Kernforderungen der Apotheker unter anderem auch weniger Bürokratie und Retax sowie mehr Möglichkeiten für eine interprofessionelle Zusammenarbeit und mehr Handlungsfreiheiten bei der schnellen Versorgung der Patienten umfassen.

»Egal, was wir bislang mit unseren Protesten geschafft haben und was nicht, wir sind auf jeden Fall sichtbar geworden – jetzt ist es wichtig, sichtbar zu bleiben«, so Overwiening. Man werde in den nächsten Wochen weiter auf Standesebene viele Gespräche führen, auch mit Lauterbach. Vor allem grüne und SPD-Abgeordnete müssten überzeugt werden, um in ihren eigenen Parteien für Vernunft zu sorgen, was die Liberalisierungs-Pläne Lauterbachs angeht.

Dass nicht alle mit dem zufrieden sind, was im Ministerium passiert, zeigen beispielsweise die Statements von Niedersachsens Gesundheitsminister Andreas Philippi (SPD), Baden-Württembergs Gesundheitsminister Manfred Lucha (Grüne) oder gar Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck. Lauterbach trete »die alte Dame SPD« und das, wofür die Partei einmal stand, mit Füßen, meinte Siemsen – das merkten auch andere mit zunehmendem Unwohlsein.

Sollten all diese Gespräche nicht Früchte tragen, plant die ABDA weitere größere Aktionen, zu denen Overwiening noch nicht zu viele Details verraten wollte. Dabei sollen sich künftige Proteste an den Phasen des Gesetzgebungsverfahrens zur Reform der Apothekenstrukturen orientieren, um den größtmöglichen Effekt während der Beratungen zu erzielen. Es bleibe ein Marathon, den man aber gemeinsam schaffen könne.

Kammerbeiträge sinken, Kammerwahl läuft

Nach Siemsens Präsidentenbericht und Overwienings Impulsvortrag mit anschließender Diskussion standen noch der Jahresabschluss, der Haushalt 2024 und eine neue Geschäftsordnung auf der Tagesordnung. Die Apothekerkammer Hamburg steht solide da, bescheinigte der Wirtschaftsprüfer Volker Huskamp. Durch Sparsamkeit und Rücklagen und trotz des stark angestiegenen Beitrags zum ABDA-Haushalt konnte die Kammerversammlung guten Gewissens eine Erniedrigung der Grund- und Betriebsstätten-Beiträge für alle Mitglieder beschließen.

Es war zudem die letzte Vollversammlung in der Geschichte der Hamburger Apothekerkammer. Theoretisch hatten immer alle mehr als 2700 Kammermitglieder die Möglichkeit, direkt über ihre Belange abzustimmen. Gemäß des neuen Hamburger Kammergesetzes wird die Vollversammlung im kommenden Jahr durch eine Delegiertenversammlung ersetzt. Dazu finden derzeit Wahlen in den Hamburger Bezirken statt.

Die Stimmen müssen bis zum Abend des 8. Dezember bei der Kammer eingegangen sein, erinnerte Siemsen und bat um eine rege Wahlbeteiligung, damit das neue Gremium auf einer möglichst breiten demokratischen Basis agieren kann. Erfreulicherweise hätten sich mehr und auch viele junge Apothekerinnen und Apotheker aufstellen lassen.

Das neue oberste Entscheidungsgremium der Hamburger Apothekerschaft wird aus 27 Delegierten bestehen. Eine Quotenregelung nach genauer Berufsausübung oder Inhabenden und Angestellten wird es nicht mehr geben. Die konstituierende Sitzung wird im Januar stattfinden. Die Delegiertenversammlung wird mindestens zweimal im Jahr tagen. Zusätzlich wird es eine offene Vollversammlung geben, die der Information und dem Meinungsaustausch, nicht aber der Beschlussfindung dienen soll. Mitstimmen können alle Mitglieder dagegen in den ebenfalls neu einzurichtenden Bezirksversammlungen.

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